Tiroler Arbeiterzeitung - page 9

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THEMA:
Wohnen & Recht
Nr. 63, Mai 2014
A
ber keine Angst, diese Sorgen
sind wegen des weitreichenden
gesetzlichen Schutzes im An-
wendungsbereich desMietrechtsgesetzes
weitgehend unbegründet (Achtung:
Ausnahme im Ein- und Zweifamilien-
haus siehe unten).
Der Erwerber einer Mietwohnung
tritt mit allen Rechten und Pflichten in
das bestehende Mietverhältnis ein. Er ist
an die bisherigen Vertragsinhalte gebun-
den und zwar unabhängig davon, ob er
die Mietwohnung gekauft oder erstei-
gert hat. Dies gilt selbst dann, wenn nur
ein mündlicher Mietvertrag vorliegt.
Kein Kündigungsgrund
.
Der
Eigentümerwechsel stellt keinen Kün-
digungsgrund im Sinne des Mietrechts-
gesetzes dar. Oft befürchten Mieter, der
neue Eigentümer könnte sie wegen Ei-
genbedarfs kündigen. Grundlos: Laut
Mietrechtsgesetz ist eine Eigenbedarfs-
kündigung erst zehn Jahre, nachdem
der neue Vermieter die Mietwohnung
gekauft oder ersteigert hat, zulässig.
Keine höhere Miete.
Bei einem
Vermieterwechsel wird oft versucht, die
Miete anzuheben. Tatsächlich ist auch
eine Mieterhöhung nur im Rahmen
der bisher getroffenen Vereinbarung
möglich. So etwa eine Indexanpassung,
wenn im Mietvertrag zulässigerweise
eine entsprechende Wertsicherung ver-
einbart wurde. Ansonsten ist eine Anhe-
bung des Mietzinses nicht möglich.
Kein neuer Mietvertrag.
Grundsätzlich dürfte sich bei einem Ei-
gentümerwechsel für den Mieter nichts
ändern als der Name des Vermieters und
das Konto, auf das dieMiete zu bezahlen
ist. Aus Sicht des Mieters besteht daher
auch überhaupt kein Grund, mit dem
neuen Vermieter einen neuen Mietver-
trag abzuschließen. Erfahrungsgemäß
verschlechtern Mieter dadurch nur ihre
Position. Mieter sollten sich daher un-
bedingt beraten lassen, bevor sie einen
neuen Mietvertrag unterschreiben.
Ein- und Zweifamilienhaus.
Vermietungen in so genannten Ein-
und Zwei-Objekt-Häusern sind seit 1.
Jänner 2002 aus dem Anwendungs-
bereich des Mietrechtsgesetzes ausge-
nommen. Für nach diesem Zeitpunkt
abgeschlossene Mietverträge über Ein-
familienhäuser bzw. Wohnungen in
Zweifamilienhäusern besteht daher
kein Kündigungsschutz mehr. Auch
ein befristetes Mietverhältnis kann hier
bei einem Eigentümerwechsel vorzeitig
gekündigt werden und zwar zu jedem
Monatsletzten unter Einhaltung einer
einmonatigen Kündigungsfrist. Ein-
ziger Schutz vor der Kündigung durch
den Erwerber wäre die Eintragung des
Mietrechts im Grundbuch, was in der
Praxis kaum vorkommt. Ansonsten
können höchstens noch Schadenersatz-
ansprüche gegenüber dem bisherigen
Vermieter geprüft werden.
<<
Was ändert sich?
Viele Mieter sind verunsichert, wenn ihre Wohnung verkauft oder versteigert
wird. Sie befürchten, ihre Bleibe zu verlieren oder mehr Miete bezahlen zu müssen.
Miete und
Eigentümerwechsel
E
inmal steht der Vermieter vor
der Tür und will den Boiler
kontrollieren, dann die Hei-
zung inspizieren. Gerade bei privaten
Vermietungen kommt es oft zu derart
unliebsamen Überraschungen. Das
Interesse des Mieters am Schutz seiner
Privatsphäre trifft bei dieser Frage auf
das Interesse des Vermieters am Schutz
seines Eigentums.
Wichtiger Grund.
Natürlich
darf der Vermieter nicht nach Belieben
in die Wohnung gehen. Mieter müssen
das Betreten durch den Vermieter oder
eine von ihm bevollmächtigte Person
grundsätzlich nur bei Vorliegen eines
wichtigen Grundes gestatten. Das wäre
etwa ein Rohrbruch, die Behebung
ernster Schäden des Hauses, ein Augen-
schein im Falle eines Vermieterwechsels
oder auch die Besichtigung durch Inte-
ressenten bei Beendigung der Miete.
Dabei ist zwischen den Interessen
des Mieters und der Wichtigkeit des
Grundes für das Betreten des Vermieters
abzuwägen. Eine schikanöse Rechtsaus-
übung soll möglichst verhindert wer-
den.
Termin vereinbaren.
Soweit
nicht Gefahr in Verzug (Wasserrohr-
bruch, Feuer etc.) besteht, muss der
Mieter den Vermieter nur nach Anmel-
dung oder Terminvereinbarung und zu
üblichen Tageszeiten in die Wohnung
lassen.
Ansonsten darf sich der Vermieter kei-
nesfalls eigenmächtig, etwa durch einen
Zweitschlüssel, oder gewaltsam Zugang
verschaffen. Tut er es doch, kann ihn der
Mieter wegen Besitzstörung klagen. Der
Vermieter muss sich ans Gericht wen-
den, wenn ihm der Mieter den Zugang
verweigert. Allerdings kann der Mieter
schadenersatzpflichtig werden, wenn er
den Zutritt grundlos verwehrt hat.
Unzulässige Klausel.
In vie-
len Mietverträgen wird versucht, dem
Vermieter ein weitergehendes Betre-
tungsrecht einzuräumen. Etwa durch
die Klausel, wonach der Vermieter be-
rechtigt ist, den Mietgegenstand gegen
Vorankündigung zu besichtigen. Der
OGH hat klargestellt, dass derartige
Klauseln unzulässig sind, weil damit
dem Vermieter ein uneingeschränktes,
auch grundloses Besichtigungsrecht
eingeräumt werden soll. Eine Anmel-
dung („Vorankündigung“) des allenfalls
grundlosen Besuches macht ihn nicht
rechtmäßig.
<<
Wenn der
Vermieter dauernd klingelt
Kontrolle.
Ständig taucht der Vermieter auf und will aus fadenscheinigen Gründen Einlass in die Wohnung. Das müssen
Mieter nicht dulden. Grundsätzlich ist das nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und nach Terminvereinbarung möglich.
Kein Zutritt.
Ein für alle Mal klarstellen, dass grundlose Besuche des Vermieters
unerwünscht sind.
Keine Sorge.
Alles bleibt beim Alten. Der neue Wohnungseigentümer kann nicht so einfach die Miete erhöhen.
D
ie Wohnbauförderung muss endlich wieder
zweckgebunden werden, das fordert die
AK Tirol seit Jahren. Die Mittel müssen wieder
für den sozialen Wohnbau eingesetzt und an
die Teuerungsrate angepasst werden. Das wür-
de den Wohnbau ankurbeln und damit auch die
Kosten senken. Der Wohnbauförderungsbei-
trag beträgt 1 Prozent des Lohns und ist je zur
Hälfte von Arbeitnehmern und Arbeitgebern
abzuliefern.
D
ie Länder müssen sich die von der Regie-
rung bereitgestellten 276 Millionen Euro
Wohnbaugelder abholen“, verlangt AK Präsident
Zangerl. Sie haben in der Vergangenheit zu wenig
gebaut und die Wohnbaugelder zum Stopfen von
Budgetlöchern verwendet, statt in den Wohnbau
zu investieren. Um die Gelder zu bekommen,
müssen die Länder 2013 und 2014 mehr Woh-
nungen fördern als im Schnitt der Jahre 2006
bis 2011. Zangerl: „Das ist machbar.“
Wohnbauförderung – Quo vadis?
Zweckbindung einführen
VERBESSERN
AK macht Druck für
billigeres Wohnen
D
ie AK macht weiter Druck für
billigeres Wohnen. Dabei ist vor
allem der Justizminister gefordert,
wenn es um Verbesserungen für
die Mieter geht. Wir erwarten uns
bis Mitte des Jahres Ergebnisse. Die
AK bleibt auf jeden Fall dran. „Eine
Mietpreis-Bremse muss her“, so
AK Präsident Zangerl. Im April sind
die Richtwert-Mieten in Altbauten
gestiegen. Die AK fordert eine gene-
relle Neuregelung bei Altbaumieten:
Wenn es überhaupt bei einer Kop-
pelung der Mieten an die Inflation
bleibt, sollen statt der automatischen
Inflationsanpassung alle zwei Jahre
die Mietzinse erst angehoben wer-
den, wenn die Inflation sich um zehn
Prozent erhöht hat. Und auch dann
sollen die Mieten nicht um zehn, son-
dern um fünf Prozent erhöht werden.
Zusätzlich braucht es eine klare ge-
setzliche Nennung der zulässigen
Zuschläge bei Altbauwohnungen und
eine gesetzliche Obergrenze für den
Hauptmietzins.
Außerdem sind viele Kosten, die
derzeit die Mieter tragen müssen, ei-
gentlich Sache des Vermieters, sagt
die AK. Grundsteuer und Versiche-
rungskosten werden von den Mie-
tern nicht verursacht. Diese Kosten
sollen in Zukunft auch nicht mehr auf
die Mieter überwälzt werden.
Befristete Mietverhältnisse bedeu-
ten für die Mieter enorme Rechts-
unsicherheit, weniger Schutz und
hohe Kosten für die neue Wohnungs-
suche. Die AK fordert: Weg mit den
Befristungen. Sie sollen nur noch
erlaubt sein, wenn der Vermieter die
Wohnung danach selbst oder für sei-
ne Kinder oder Enkel nutzen will. Mak-
ler sollen von dem bezahlt werden,
der sie zuerst beauftragt, also vom Ei-
gentümer, nicht vom Mieter. Und die
Erhaltungspflichten des Vermieters,
etwa für die Therme, müssen klarer
festgelegt werden.
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Hotline Miet- und Wohnrecht:
0800/22 55 22 -1718.
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