Tiroler Arbeiterzeitung - page 11

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Nr. 69, Dezember 2014
THEMA:
JUNGE & AUSBILDUNG
AUF DER WALZ
I
n diesen Tagen und Wochen geht
für die heurigen Tiroler Lehranfän-
ger die dreimonatige Probezeit zu
Ende. Vorbei ist die Zeit, in der sich
Lehrbetrieb und Lehrling gegenseitig
beschnuppern konnten, um dabei die
Eignung als Ausbildungsfirma bzw.
Mitarbeiternachwuchs zu überprüfen.
Ab sofort können Lehrverhältnisse nur
unter besonderen Bedingungen bzw.
der Einhaltung von Formvorschriften
gelöst werden.
Lehrlinge genießen bekanntlich ei-
nen Kündigungsschutz. Das heißt, dass
die im Arbeitsrecht sonst übliche Been-
digung des Beschäftigungsverhältnisses
durch Ausspruch der Kündigung und
Einhaltung einer Frist bei Lehrlingen
wegfällt. Für die (regelmäßig fristlose)
Lösung eines Lehrverhältnisses bedarf
es entweder des Einvernehmens beider
Vertragspartner, oder aber schwerwie-
gender Gründe, wobei jeweils die Frage
der Zumutbarkeit der weiteren Zusam-
menarbeit im Vordergrund steht.
Das ist unzumutbar.
Für Lehr-
betriebe ist die Weiterbeschäftigung
des Lehrlings insbesondere dann unzu-
mutbar, wenn er sich eines Diebstahls
schuldig macht, wenn Arbeitsanwei-
sungen nicht befolgt werden, der Be-
rufsschulpflicht nicht nachgekommen
wird oder sonstige Pflichtverletzungen
vorliegen. Dazu zählen etwa auch regel-
mäßige Verspätungen, eigenmächtige
Urlaubsantritte oder das Vortäuschen
einer Erkrankung.
Umgekehrt ist die Fortsetzung der
Ausbildung für einen Lehrling etwa
dann unzumutbar, wenn der Betrieb
seiner Ausbildungspflicht entspre-
chend dem Berufsbild nicht genügt,
die Einteilung der Arbeitszeit des Lehr-
lings nicht im Rahmen der gesetzlichen
Vorschriften erfolgt, die Entlohnung
nicht korrekt ist usw. Auch ein unan-
gemessener oder beleidigender Um-
gangston sowie die Unterlassung des
Schutzes vor gewalttätigen oder über-
griffigen Kollegen können den Lehr-
ling zum Austritt aus dem Lehrvertrag
berechtigen.
Vorschriften.
Zu beachten ist in
all diesen Formen der Lehrvertragslö-
sung, dass diese schriftlich erfolgen und
bei minderjährigen Lehrlingen die Un-
terschriften der Erziehungsberechtigten
(beider, wenn vorhanden!) vorgelegt
werden müssen.
Kaum eine Rolle spielt die seit eini-
gen Jahren mögliche und im Gesetz als
„Ausbildungsübertritt“ bezeichnete Lö-
sungsform durch Betrieb oder Lehrling
zum letzten Tag des ersten bzw. zweiten
Lehrjahres. Strenge Formvorschriften
und das vorgeschriebene Mediations-
verfahren machen diese Variante sperrig
und unattraktiv.
Der dringende Appell der AK Ex-
perten an alle Lehrlinge, die von einer
angekündigten oder im Raum stehen-
den Entlassung durch den Lehrbetrieb
bedroht sind oder aber selbst daran
denken, ihre Ausbildung im aktuellen
Lehrbetrieb abzubrechen: Die recht-
zeitige Vorsprache in der AK Jugend-
abteilung hilft, übereilte Aktionen zu
vermeiden, und sichert die Wahrung
arbeitsrechtlicher Ansprüche.
<<
Lehrlingsausbildung.
Wenn die dreimonatige Probezeit endet, können Lehrverhältnisse nur einvernehmlich oder aber
unter besonderen Bedingungen gelöst werden. Wer Unterstützung braucht, wendet sich an die AK Jugendexperten.
Nach der
Probezeit wird es ernst
Berufspraktika
in Cornwall
A
uf nach England! Das heißt
es Anfang März für junge Kö-
che, Bäcker, Konditoren, Gärtner
und Einzelhandelskaufleute aus
Tirol, die derzeit ihre Lehre absol-
vieren oder diese innerhalb des
letzten Jahres mit dem Gesellen-
brief abgeschlossen haben und
jetzt darauf brennen, andere Län-
der und die dort gebräuchlichen
Techniken und Arbeitsabläufe
kennenzulernen.
In Cornwall warten auf sie ins-
gesamt sechs Praktikumsplätze
im Rahmen des Projektes „Tirole-
rinnen und Tiroler auf der Walz“
von Arbeiterkammer und Stand-
ortagentur Tirol. Die Grafschaft
ist weltberühmt als Schauplatz
der
Rosamunde-Pilcher-Verfil-
mungen und zieht jeden mit rau-
en Steilküsten, feinen Sandsträn-
den, romantischen Schlössern
und mildem Klima in ihren Bann.
Das alles können die jungen
Tiroler hautnah erleben und im
Rahmen ihres zweimonatigen
Praktikums außerdem wertvolle
Berufserfahrungen sammeln und
ihre Englischkenntnisse vertiefen.
Die Teilnahme ist kosten-
los, denn Anreise, Aufenthalt,
Taschengeld und Sprachkurs
werden
vom
EU-Programm
Erasmus+ gefördert. Am bes­
ten rasch anmelden unter
Tel.
0800/22 55 22 – 1212
oder
Drei Monate Probezeit.
Optimal ist, wenn sich Lehrling und Lehrbetrieb zu schät-
zen gelernt haben. Andernfalls sind Vorschriften zu beachten.
Foto:goodluz/Fotolia.com
Als Verpackungstechnikerlehrlin-
ge bei der Firma Dinkhauser Kar-
tonagen lernen Benjamin, Phillip
und Sebastian die Herstellung von
Kartonagen und Verpackungen von
der Gestaltung am Computer über
den ersten Modellentwurf bis hin zur
Auslieferung an den Kunden.
Entwürfe von neuen Verpackungen
erarbeiten die Lehrlinge mit Hilfe
modernster CAD- und CAM-Com-
putertechnik. Darauf aufbauend
werden die ersten Muster gefertigt
und dem Kunden präsentiert. Hier-
bei ist auf die vielfältigen Einsatzbe-
reiche der Verpackungen Rücksicht
zu nehmen.
Im Rahmen ihrer Ausbildung arbei-
ten die Lehrlinge an Verpackungs-
maschinen, stellen diese ein, über-
wachen sie und betreuen den
Maschinenlauf. Die Qualitätskontrol-
le während des Produktionsprozes-
ses lernen sie von ihren Ausbildern.
Bei der Firma Dinkhauser Karto-
nagen ist es für Lehrlinge möglich,
auch wertvolle Erfahrungen bei Part-
nerbetrieben im Ausland zu sam-
meln.
Dieser Beruf erfordert technisches
Interesse, gutes mathematisches
Verständnis, praktisches Geschick
und Genauigkeit sowie Freude an
Kreativität. Im Jahr 2013 waren in
Tirol fünf Jugendliche als Verpa-
ckungstechnikerlehrlinge in Ausbil-
dung.
Je nach persönlichem Interesse kann
man zum Maschinenführer, Verpa-
ckungsentwickler, Verpackungs-
berater oder Qualitätssicherer
aufsteigen. Die berufliche Weiterent-
wicklung ist dabei häufig mit einer
Spezialisierung verbunden.
AK
REPORTER
Verpackungstechnikerin
Verpackungstechniker
Lehrzeit: 3,5 Lehrjahre · Berufsschule für Chemie,
Grafik und gestaltende Berufe (Wien)
Sebastian entwirft
nach den Anforde-
rungen der Kunden
erste Modelle und
fertigt sie an.
Phillip und seine
Kollegin Mara richten
in der Stanzhalle die
Maschine ein, ...
In der Klebehalle werden die gestanzten Verpackungen weiter
bearbeitet, verklebt und für den Transport an den Kunden vorbereitet.
... welche riesige
Wellpappe in
die entwickelte
Form bringt.
Benjamin und seine Ausbilderin Ines kontrollieren die
Qualität und überwachen den Produktionsprozess.
Die fertigen Kartonagen warten hier
auf die Auslieferung an den Kunden.
Die richtige Farbe verleiht der Verpa-
ckung hier noch den richtigen Glanz.
Benjamin und Phillip bei der Materialschulung,
einer wichtigen Komponente in der Ausbildung.
Die Experten der AK Jugendab-
teilung sind unter der kosten-
losen Hotline 0800/22 55 22
– 1566 erreichbar.
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Foto:AndrejKiselev/Fotolia.com
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