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RBEIT
&
R
ECHT
9
Nr. 77, September 2015
Perfider Rat bei Abfertigung:
Jetzt soll Allgemeinheit zahlen!
GESUNDE ARBEIT
TIPPS
Seminar für
Betriebsräte
S
peziell für Betriebsräte bietet die AK
Tirol ein eintägiges kostenloses Semi-
nar zum Thema Arbeitnehmerschutz an:
Am
Do, 5. November,
erfahren Sie, wie
Sie zur sicheren und gesunden Gestal-
tung von Arbeitsplätzen beitragen – und
damit zu einer besseren Lebensqualität
Ihrer Kollegen. Denn noch immer sind
hunderttausende Arbeitnehmer mit
gesundheitsgefährdenden
oder belasteten Arbeitsbe-
dingungen konfrontiert.
Jedes Jahr ereignen sich
rund 94.000 Arbeitsunfäl-
le. Und beruflich bedingte
Krankheiten werden nur
zu einem Teil als Berufs-
krankheiten anerkannt.
Anmelden.
„Arbeitneh-
merschutz für Betriebsräte“
am
Do., 5. November, ab 9 Uhr imAK
Bildungshaus Seehof auf der Innsbru-
cker Hungerburg
.
Anmeldung:
AK Betriebsservice,
Tel. 0800/22 55 22 – 1930 oder an
andrea.brugger@ak-tirol.comExperten beraten
zuWeiterbildung
S
ie interessieren sich für eine
berufliche Aus- und Weiterbildung?
Dann ist der Herbst die ideale Jahreszeit
zum Durchstarten. Wer aus der Fülle an
Angeboten für den 2. Bildungsweg, den
Regeln für Bildungskarenz, -teilzeit und
Förderungen nicht schlau wird, nutzt am
besten die kostenlose Rundum-Beratung
der AK Experten: Einfach anrufen unter
0800/22 55 22 – 1515 oder per eMail an
bildung@ak-tirol.comHier können Sie auch persönliche Be-
ratungstermine in Ihrer Bezirkskammer
vereinbaren.
Unerhört.
Ein WK-Vertreter erklärte, wie sich Chefs die Abfertigung alt sparen: Dabei
müssen Arbeitnehmer klagen, Tausende vorschießen und auf Geld warten, das alle zahlen.
Entlassung nur bei Fehlverhalten
D
er Bildungswunsch steht fest. Doch
viele wagen den Schritt in einen neu-
en Lebensabschnitt dann doch nicht – aus
Angst, dass das Budget
nicht reicht. Die verschie-
denen Unterstützungs-
möglichkeiten sind häufig
nicht bekannt! Damit
sich alle weiterbildungs-
willigen Arbeitnehmer,
Schüler, Studenten und
Lehrlinge im Förder-
dschungel auskennen,
bietet die AK in Telfs und
Landeck die Infoabende
„Wer fördert was?“
an.
AK Telfs:
22. September, 19.30 Uhr
AK Landeck:
20. Oktober, 19 Uhr
Dort erfahren Sie alles zu Bildungs-
karenz, Arbeitsstiftungen, Beihilfen für
Schüler, Studenten, Lehrlinge sowie zu
Beihilfen zur Höherqualifizierung. Anmel-
dung unter
0800/22 55 22 – DW 3850
(Telfs)
bzw.
DW 3450
(Landeck)
.
Infoabende zu
Wer fördert was?
IN DEN BEZIRKEN
I
mmer wieder kommt es
bei den Begriffen Kün-
digung und Entlassung
zu Missverständnissen.
Dabei handelt es sich
um unterschiedliche
Formen der Beendi-
gung eines Dienst-
verhältnisses, mit un-
terschiedlichen Folgen
für die Betroffenen.
Entlassung.
Eine Ent-
lassung ist die frist-
lose Beendigung des
Arbeitsverhältnisses
durch den Arbeitge-
ber aus einem wich-
tigen Grund. Das
Dienstverhältnis ist
damit sofort be-
endet. Dem Be-
schäftigten wird
ein grobes Fehl-
verhalten zum
Verhängnis. Nur
jene Gründe können eine Entlassung
rechtfertigen, die so gewichtig sind,
dass dadurch das Arbeitsverhältnis
nachhaltig zerrüttet wird (z. B. Dieb-
stahl, schwere Beleidigung, Hand-
greiflichkeiten, schwerer Vertrauens-
bruch, beharrliche Vernachlässigung
von Pflichten).
Eine Entlassung hat für den Ar-
beitnehmer erhebliche finanzielle
Nachteile: Es besteht kein Anspruch
auf Abfertigung alt und Arbeiter
verlieren in der Regel die Sonder-
zahlungen im laufenden Kalender-
jahr. Man kann gerichtlich gegen
ungerechtfertigte
Entlassungen
vorgehen. Aber Achtung: Hier sind
Fristen einzuhalten. Am besten bei
den AK Experten nachfragen. Ist
die Klage erfolgreich, erhält man
die Kündigungsentschädigung. Das
heißt, man wird vermögensmäßig
so gestellt, wie bei einer ordnungs-
gemäßen Arbeitgeber-Kündigung
(Entgelt für die eigentlich einzuhal-
tende Kündigungsfrist, Abfertigung
alt, anteilige Sonderzahlungen und
anteilige Urlaubsersatzleistung).
Kündigung.
Eine Kündigung ist
dieAuflösung eines unbefris-
teten Arbeitsverhältnisses.
Sie muss nicht begründet
werden (Ausnahme: öffent-
licher Dienst), aber es müs-
sen Fristen eingehalten wer-
den. Die Kündigungsfrist ist
der Zeitraum zwischen dem
Erhalt der Kündigung und
dem tatsächlichen Ende des
Arbeitsverhältnisses.
Der
Kündigungstermin ist der
letzte Tag desArbeitsverhält-
nisses. Während der Kündigungszeit
steht das volle Entgelt samt Sonder-
zahlungen zu.
Rote Karte.
Bei einer Entlassung ist das Dienstverhältnis sofort beendet.
Dem Beschäftigten wird ein grobes Fehlverhalten zum Verhängnis.
Noch Fragen?
Infos dazu gibts unter 0800/22 55 22 –
1414 oder in Ihrer AK im Bezirk.
Foto: Gina Sanders/Fotolia.com
A
ls wäre es das normalste der
Welt: Auf orf-online fand
sich die Aussage, dass die
anstehenden Abfertigungen
einem Chef die Pension verleiden.
Weil er die insgesamt
350.000 Euro nicht zahlen
kann, werde nichts aus der
Betriebsschließung.
Der von der WK vor-
geschlagene
Ausweg
sorgte seither für Empö-
rung: Der Unternehmer
solle die Zahlung der Ab-
fertigungen
verweigern
und sich von den Arbeit-
nehmern klagen lassen.
Denn dann springe der Insolvenz-
Entgelt-Fonds ein.
Seltsame Praxis.
Klingt einfach
und nach bloßer Routine. Doch da-
mit werden ausgerechnet treue Be-
schäftigte bestraft, die noch unter
das alte Abfertigungssystem fallen,
für das der Arbeitgeber Rücklagen
bilden muss.
Und hier kommt nun der Insol-
venz-Entgelt-Fonds ins Spiel. Einst
eingerichtet, um bei einer Insolvenz
des Unternehmens die Ansprüche
der Mitarbeiter abzusichern, soll er
nun laut WK-Vorschlag angezapft
werden, damit sich der Chef die
Zahlung der Abfertigung erspart.
„Die Abfertigung ist immer noch
Bestandteil des über Jahre hindurch
verdienten Entgelts. Und es war si-
cher nicht beabsichtigt, dass Einzel-
unternehmer den Fonds nutzen, um
sich gezielt aus ihrer Verantwortung
zu stehlen“, ist Arbeiterkammer
Präsident Erwin Zangerl empört.
Langwierig.
Beschäftigte können
zwar mit Geld vom Insolvenz-Ent-
gelt-Fonds rechnen, allerdings erst
nach einem längeren Gerichts-
und Behördenlauf, der vorzufi-
nanzieren ist. Zunächst muss
die Abfertigung eingeklagt
werden, wobei das Gericht
die wirtschaftliche Lage
des Unternehmers ge-
nau prüft. Nur dann,
wenn der Arbeitnehmer
den Prozess verliert, weil
die wirtschaftliche Lage
tatsächlich so schlecht ist,
dass die gänzliche oder
teilweise Zahlung der Ab-
fertigung nicht zumutbar
ist, kann einAntrag auf Insolvenz-
Ausfallgeld gestellt werden.
Beispiel aus der AK.
Dass da-
bei leicht einmal ein Jahr verstrei-
chen kann, sehen die AK Experten
immer wieder. Wie etwa in einem
aktuellen Fall, bei dem Arbeitsge-
richt und Insolvenz-Entgelt-Fonds
sogar rasch gehandelt haben:
•
31.12.2013:
Die Schlussab-
rechnung wegen Betriebs-
schließung ergibt eine
Abfertigung in Höhe von
24.476,16 Euro brutto
.
•
25.3.2014:
Klage auf
Zahlung der Abfertigung
wird eingebracht, damit
fallen
707 Euro Ge-
richtsgebühr
an.
•
25.8.2014:
Zustellung
des Gerichtsurteils: Der Prozess ist
verloren, jetzt kann derAntrag beim
Insolvenz-Entgelt-Fonds gestellt
werden. Allerdings bedeutet der
Prozessverlust auch, dass
die eigenen und gegne-
rischen Vertretungsko-
sten von rund
12.700
Euro
binnen 14 Tagen
zu zahlen sind – auch
wenn sie später ersetzt wer-
den.
•
10.10.2014:
Der Bescheid
des Insolvenz-Entgelt-Fonds
über Zahlung der Abferti-
gung langt ein,
•
26.11.2014:
Es folgt der Be-
scheid über Zahlung der Ge-
richtskosten.
Ohne AK Rechtsschutz
hätte
der
Betroffene
13.259,40 Euro
selbst
auslegen müssen. So aber
wurden alle Kosten bevor-
schusst und 554,40 Euro für
die Antragstellung überhaupt
übernommen, weil diese vom
Insolvenz-Entgelt-Fonds nicht
ersetzt werden. Somit hatte der
Arbeitnehmer letztlich keine Ko-
stenbelastung.
„Wir können zwar froh sein, dass
die Beschäftigten durch den Insol-
venz-Entgelt-Fonds abgesichert
sind“, meint AK Präsident Zan-
gerl. „Aber eines muss klar sein:
Fälle, in denen Abfertigung und
Prozesskosten auf die Allgemein-
heit abgewälzt werden, dürfen
keinesfalls zur Routine wer-
den, sondern müssen der letzte
Ausweg bleiben!“
Dreist.
Damit ein Unternehmer
in Pension gehen kann, soll der
Insolvenz-Entgelt-Fonds zahlen.
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