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Nr. 87, Juli/August 2016
Mehr Qualität im Tourismus
Die Tourismuswirtschaft ist in Tirol ein wesentlicher Impulsgeber und Wirt-
schaftsmotor. Es gibt eine Fülle von Leitbetrieben, die Spitzenleistungen
erbringen. Nicht zuletzt deshalb, weil sie wissen, dass ihre Mitarbeiter
das wesentliche Kapital in dieser dienstleistungsintensiven Branche sind.
Das spüren die Beschäftigten und das merken Gäste. Wo ein gutes Ar-
beitsklima herrscht, sind auch die Bedingungen für den Gast optimal.
Und damit machen sich anständige Entlohnung, gute Mitarbeiterfüh-
rung und ordentliche Unterkünfte bezahlt. Leider gibt es immer noch
einige schwarze Schafe, die eine ganze Branche in Verruf bringen, das
beginnt schon bei den fehlenden Gehaltsangaben.
Eigentlich sieht das Gesetz bei Androhung einer Geldstrafe im
Wiederholungsfall vor, dass in jedem Stelleninserat das Gehalt
betragsmäßig angegeben wird. Aber es ist letztlich völlig
zahnlos. Denn anders als bei sonstigen Verwaltungsstrafde-
likten kann nicht jeder Staatsbürger über seine Anzeige hin
ein Verwaltungsstrafverfahren einleiten, sondern das Gesetz
verlangt ausdrücklich einen Strafantrag entweder des Stellen-
bewerbers oder der Anwältin bzw. Regionalanwältin für die
Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt.
Die AK verlangt, dass auch den Arbeitnehmervertretungen das
Recht eingeräumt wird, Gesetzesbrüche anzuzeigen.
Angaben zu Mindesteinkommen
helfen allen Beschäftigten, insbe-
sondere auch Frauen. Denn so
werden die Gehaltsunterschiede
in einzelnen Berufen transparent
und auch die niedrigen Löhne,
die in manchen Branchen bezahlt
werden. Arbeitnehmer können durch
Gehaltsangaben nicht nur bei der Job-
suche hilfreiche Vergleiche anstellen,
sondern finden darin auch Argumente
für eine Gehaltserhöhung. Außerdem
können Jugendliche diese Infos über
die unterschiedlichen Einstiegsgehälter
bei ihrer Berufswahl berücksichtigen.
Und gleich noch ein wichtiger Tipp für alle
imGastgewerbe Beschäftigten: Für die
Durchsetzung der meisten arbeitsrecht-
lichen Ansprüche gelten kurze Verfalls-
fristen. Deshalb nicht lange zuwarten, wenn
Sie Ihre Lohn- und Gehaltsabrechnung
überprüfen lassen wollen. Denn imGastge-
werbe verfallen Lohnansprüche bereits nach
vier Monaten. Also auf keinen Fall die viermo-
natige Verfallsfrist versäumen und Ansprüche
unbedingt schriftlich beimArbeitgeber geltend
machen! Es kommt in der Praxis häufig vor, dass
geleistete, aber nicht bezahlte Überstunden
nach demAblauf von nur vier Monaten nicht
mehr geltend gemacht werden können. Ärgerlich,
aber leider rechtlich gedeckt.
Beschäftigte haben auf Druck der AK seit heuer einen zivil-
rechtlichen Anspruch auf eine monatliche (in manchen Fällen
wöchentliche) schriftliche, nachvollziehbare und vollständige
Abrechnung ihrer Bezüge (samt Zulagen, Zuschlägen, Mehr- und
Überstunden,...). So können Arbeitnehmer jetzt besser nachvoll-
ziehen, ob sie korrekt entlohnt und angemeldet sind.
Seit März 2011 muss in Stellenanzeigen von Privatun-
ternehmen angeführt sein, wie viel man im Beruf
mindestens verdient, und zwar in der betrags-
mäßigen Höhe. Auch das Land hat sich
bereit erklärt, Stellen gehaltstransparent
auszuschreiben. Eine allgemeine
Auswertung der AK Tirol von
Februar und März 2016 hat
bereits eine sinkende Mel-
demoral ergeben: 6.481
Stellenanzeigen in Tiroler
Medien wurden kontrol-
liert, bei 58,5 % fehlten die
Gehaltsangaben. Aber es
geht noch schlimmer, wie
die aktuelle Sonderauswer-
tung im Bereich Hotel- und
Gastgewerbe zeigt.
Die AK Tirol hat in dieser Sonderaus-
wertung speziell die Gehaltsangaben in
Stelleninseraten im Hotel- und Gastgewerbe
unter die Lupe genommen und zwar imMai
2016 jeweils in der Samstagsausgabe der Tiroler
Tageszeitung, in der Zeitung basics und in den
Tiroler Bezirksblättern. Das Ergebnis ist noch
schlechter ausgefallen als der allgemeine Durch-
schnitt: Satte 73,7 % halten sich in diesem Bereich
nicht ans Gesetz und führen keine Gehaltsangabe an.
Die Meldemoral der Betriebe im Hotel- und
Gastgewerbe ist katastrophal: Insgesamt 410
Stellenanzeigen wurden im Mai 2016 kon-
trolliert, davon enthielten 108 Inserate eine
Gehaltsangabe, bei immerhin 302 fehlte diese.
Das ergibt eine „Kriminalitätsquote“ von 73,7 %.
Es wurde außerdem noch eine Unterscheidung
getroffen in „Hotels“ sowie „Gasthäuser und Kaf-
fees“. Bei den Hotels waren 50 Inserate mit Gehalts-
angaben, 131 ohne. Bei Gasthäusern und Kaffees 58
Stelleninserate mit, 171 ohne Gehaltsangaben.
Wichtiger Impulsgeber
Zahnloses Gesetz
Über Geld
spricht man
Anspruch auf
Lohnabrechnung
Fristen
beachten!
Mindestgehalt
im Inserat
Schlechte
Quote
Das Ergebnis
im Detail
Gehaltsangaben? Fehlanzeige.
Im Hotel- und Gastgewerbe gibt es bei 73,7 % der Stelleninserate
trotz einer gesetzlichen Verpflichtung keine Angaben über den betragsmäßigen Verdienst. Gerade
im Tourismus werden händeringend Mitarbeiter gesucht. Doch leider ist von Gehaltstransparenz
allzu oft keine Rede. Das ergibt eine AK Erhebung vom Mai 2016 in Tiroler Medien.
Foto: luismolinero
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