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UKUNFT
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Nr. 91, Dezember 2016
Arbeiten im Computerzeitalter.
Crowdworker sind keine Arbeitnehmer. Ihre Auftraggeber sparen so massiv an Personalkosten und bieten zu Niedrigstpreisen an.
Nachzahlung.
Durch die Hilfe der AK Telfs erhielt ein Gastro-Mitarbeiter seine ausstehenden Forderungen, immerhin knapp 3.000 Euro.
Digitales Sozialdumping
M
it „Crowdwork“ werden
neue Arbeitsformen be-
zeichnet, die über große
Online-Plattformen ver-
mittelt werden. Der Begriff stammt
vom englischen „Crowd“, also der
Menschenmenge. Dabei kann es
sich um reine Online-Arbeit han-
deln, die von zu Hause aus gemacht
wird. Über große Plattformen wie
clickworker.com werden beispiels-
weise Minijobs angeboten: etwa
Produktbeschreibungen für Kata-
loge verfassen oder Schlagworte
(„Tags“) für Bilder und Produkte
eingeben, damit diese bei Internet-
suchen besser gefunden werden.
Zum Crowdworking werden aber
auch Arbeiten gezählt, die zwar on-
line vermittelt, aber vor Ort beim
Kunden ausgeführt werden. Über
bookatiger.com können Putzkräfte
für die Wohnungsreinigung ange-
heuert werden. Die wohl bekann-
teste Crowdwork-Plattform ist
der Taxidienst uber.com, der fast
weltweit tätig ist. Crowdwork kann
aber sehr vielfältig sein und um-
fasst nicht nur simple Routinetätig-
keiten: Auch kreative Arbeiten und
anspruchsvolle Programmiertätig-
keiten werden online an die Crowd
vergeben.
Durchaus positiv an Crowdwork
ist, dass Menschen Zugang zu Ar-
beit und Einkommen erhalten, die
am „normalen“ regionalen Arbeits-
markt keine finden. Dank des glo-
balen Internets ist es möglich, welt-
weit Aufträge zu bekommen. Die
Einteilung der Arbeit bleibt dabei
dem „Crowdworker“ selbst über-
lassen, solange das Zeitlimit einge-
halten wird.
Nicht nur Vorteile.
Crowdwork
wirft aber auch eine ganzeReihe von
Problemen auf: Die Einkommen für
Crowdworker sind in der Regel sehr
gering. Auf der Plattform „Amazon
Mechanical Turk“ etwa beträgt
der Bruttostundenlohn $ 1,50 und
liegt weit unter den üblichen Min-
destlöhnen. Crowdworker werden
von den Plattformen auch nicht als
Arbeitnehmer gesehen, d. h. ihnen
fehlt somit jeglicher arbeits- und
sozialrechtlicher Schutz. Es gibt
keine Kündigungsfristen, keinen
Urlaub und keinen Krankenstand.
Derzeit werden Gerichtsprozesse
geführt, um den rechtlichen Status
von Crowdworkern zu klären. Die
Plattformen wehren sich mit allen
Mitteln. Und das aus gutem Grund:
Werden dieCrowdworker zuArbeit-
nehmern erklärt, ist das Geschäfts-
modell vieler Plattformen bedroht.
Denn wer keine Arbeitnehmer hat,
spart massiv bei Personalkosten und
kann Niedrigstpreise anbieten. Die
Plattformen sind Trittbrettfahrer in
den Sozialsystemen der Staaten und
erobern Marktanteile auf Kosten
der Betriebe, die Abgaben für ihre
Arbeitnehmer zahlen.
Um digitales Sozialdumping zu
vermeiden, müssen die Rechte der
Crowdworker dringend internatio-
nal geregelt werden.
Crowdwork.
Globales Arbeiten über Onlineplattformen eröffnet zwar Möglichkeiten der
Beschäftigung, aber oft ohne jegliche rechtliche Absicherung und zu minimalen Einkommen.
CROWDWORK
FACTS
Längst keine
Randerscheinung
• Crowdwork, d. h. das Arbeiten über
eine Online-Plattform, ist in Öster-
reich kein Randphänomen mehr. In
einer im Auftrag der Arbeiterkammer
durchgeführten Online-Befragung von
2.003 Personen im Alter von 18 bis
65 Jahren gaben mehr als ein Drittel
an, dass sie sich im vergangenen
Jahr dafür interessierten, über eine
Online-Plattform Arbeit zu finden.
Die Hälfte dieser Personen ging dann
tatsächlich einer solchen Tätigkeit
nach. Für die meisten dieser Befragten
war Crowdwork allerdings nur eine
Gelegenheitsarbeit. Immerhin 5 % da-
von gaben an, mindestens einmal pro
Woche bezahlte Arbeit über Online-
Plattformen zu verrichten.
• In der Regel war Crowdwork eine
Nebenbeschäftigung, aber bei 11 %
machte es mehr als die Hälfte des
Einkommens aus und bei 2 % war es
sogar die einzige Einkommensquelle.
30 % konnten oder wollten allerdings
dazu keine Angaben machen.
• Ein Drittel der Befragten gab an,
hauptsächlich nach Arbeit zu suchen,
die online von zu Hause aus erledigt
werden kann. 20 % antworteten, dass
sie nach Tätigkeiten suchten, die direkt
bei den Kunden verrichtet werden (z.
B. Reinigungsdienste, Gartenarbeit,
usw.). 16 % suchten Arbeit als Fahrer
für Taxi- oder Paketdienstplattformen
wie Uber, Checkrobin oder Blablacar.
Viele Crowdworker beschränkten sich
nicht nur auf eine Art von Tätigkeit,
sondern suchten nach verschie-
densten Arbeiten, die online vermittelt
werden.
• Österreichische Crowdworker sind
zwar eher jung – 45 % waren maximal
34 Jahre alt – aber immerhin 33 %
gaben an, älter als 45 Jahre zu sein.
Crowdwork ist auch kein typischer Ne-
benverdienst zum Studium, denn nur
11 % gaben an, neben dem Studium
online zu arbeiten.
So nicht.
Chef kündigt Mitarbeiter, stellt ihn dienstfrei und verpasst ihm während der
Kündigungsfrist auch noch Zwangsurlaub. Die AK Telfs erkämpft für ihn 3.000 Euro.
M
artin war Gastro-Mitar-
beiter. Er wurde gekün-
digt. Für die Zeit seiner
Kündigungsfrist
von
sechs Wochen wurde er vom Chef
auch gleich dienstfrei gestellt. Er
musste sofort Arbeitskleidung und
Schlüssel abgeben. Aus rechtlicher
Sicht war die Vorgangsweise bis
zu diesem Zeitpunkt noch korrekt.
Denn eine Dienstfreistellung kann
vom Arbeitgeber einseitig verfügt
werden. Das Entgelt muss aber in-
klusive Urlaubs- und Weihnachts-
geld während der Kündigungsfrist
weiterbezahlt werden. Und zwar in
der Höhe, als ob man normal weiter-
gearbeitet hätte.
Doch der Arbeitgeber hat Martin
während der Dienstfreistellung auch
gleich seinen Urlaub abgezogen.
Ihn sozusagen, obwohl dies nicht
abgemacht war, in Zwangsurlaub
geschickt. Das wirkte sich bei der
Schlussabrechnung für Martin fatal
aus. Seine noch offenen 43 Urlaubs-
tage waren ihm nicht ausbezahlt
worden. Das wollte er sich nicht ge-
In Zwangsurlaub geschickt
Tipptopp beim
Recht im Job
G
erechtigkeit muss sein, vor allem am
Arbeitsplatz. Doch die Realität sieht
leider oft ganz anders aus. Damit Beschäf-
tigte Bescheid wissen und nachlesen kön-
nen, was erlaubt ist, und wo sie aufpassen
müssen, gibt es die leicht verständliche AK
Broschüre
„Arbeitsrecht griffbereit“.
Darin finden Arbeitnehmer das Wich-
tigste zu Arbeitsvertrag, Dienstzettel, Ur-
laubsrecht, Krankenstand, geringfügiger
Beschäftigung, Abfertigung, Betriebsüber-
gang, Pflegefreistellung, Kündigung oder
Entlassung.
Anfordern.
AKMitglieder können die
Broschüre einfach herunterladen auf
www.ak-tirol.comoder kostenlos anfor-
dern unter der Hotline 0800/22 55 22
– 1432. Denn nur wer sein Recht kennt,
kann es auch durchsetzen! Und wenn es
Unklarheiten oder Probleme gibt, einfach
direkt bei den AK Juristen nachfragen
unter 0800/22 55 22 -1414 oder vorbei-
kommen in der AK Tirol in Innsbruck oder
in Ihrer Bezirkskammer.
BROSCHÜRE
Foto: Sergey Nivens/Fotolia.com
fallen lassen. Er wandte sich an die
AK Telfs. Der AK Experte konnte
ihn beruhigen. Denn Urlaub muss
immer zwischen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer vereinbart werden!
Das gilt auch während der Kündi-
gungsfrist. Gemäß Urlaubsgesetz
ist eine einseitige Anordnung von
Urlaub durch den Arbeitgeber un-
zulässig. Nicht verbrauchter Urlaub
ist am Ende des Beschäftigungsver-
hältnisses auszubezahlen.
Das teilte der AK Experte auch
Martins früherem Arbeitge-
ber mit und klärte ihn
über die eindeutige Rechtslage auf.
Die Schlussabrechnung wurde kor-
rigiert. Martin bekam für 43 Tage
nicht konsumierten Urlaub den sat-
ten Betrag in Höhe von knapp 3.000
Euro nachbezahlt. Viel Geld für
Martin, das er mithilfe der AK be-
kommen hat.
Übrigens: Die Ersatzleistung für
nicht verbrauchten Urlaub am Ende
eines Beschäftigungsverhältnisses
ist darüber hinaus auch zusätzliche
Versicherungszeit und damit für
spätere Pensionsansprüche maß-
geblich.
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