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5

A

RBEIT

&

R

ECHT

Nr. 102, Dezember 2017

V

iel zuoftwerdenLebensmittel

zu Wegwerfprodukten. Umso

besser, wenn Geschäfte z. B.

Brot und Backwaren abends

an Sozialvereine spenden, damit sie

noch frisch Bedürftigen zu Gute

kommen. Seit mehr als zehn Jah-

ren wird dies auch im Backshop

eines Supermarktes so gehand-

habt. Noch im Geschäft

verpacken die Verkäufe-

rinnen das Brot in

Kisten. Auch Sa-

bine (Name ge-

ändert, Anm.),

die seit mehr

als 14 Jahren

im Backshop

beschäftigt

war,

half

oft dabei mit.

Die Brotver-

käuferin dach-

te sich auch nichts dabei,

als ihr vor ca. zwei Jahren eine

Helferin der Sozialeinrichtung an-

bot, dass sie sich am Parkplatz von

der Brotspende doch ein oder zwei

Wecken mitnehmen könnte. Von da

an erhielt Sabine von den Helfern

etwa einmal pro Monat ein bis zwei

Wecken bzw. Laibe. Sowohl Mitarbeiter

als auch Filialleiter wussten davon. Nie-

mand sagte je, dass sie dies unterlassen

solle. Deshalb traf es sie wie aus hei-

terem Himmel, als sie eines Tages von

Kolleginnen zur Rede gestellt wurde.

Marktleiter und Polizei wurden gerufen

und Sabine wegen Diebstahls angezeigt

und entlassen.

Der Diebstahlsverdacht war rasch vom

Tisch. Trotzdem war Sabine verzweifelt.

Denn eine fristlose Entlassung bedeutet,

auf viel Geld verzichten zu müssen, das

bei einer Kündigung zustünde.

AK Rechtsschutz.

Hilfe gabs von der

AK Tirol: Sie gewährte Rechtsschutz

für ein Verfahren vor dem Arbeits- und

Sozialgericht, in dem sich Rechtsanwalt

Dr. Thomas Juen erfolgreich für Sabine

einsetzte.

Der ehemalige Arbeitgeber versuchte

zwar, mit verwegenen Vorwürfen die

Entlassung zu rechtfertigen: „Schließ-

lich sei sie heimlich vorgegangen, habe

sich noch im Geschäftsraum von Hel-

fern Brot versprechen lassen…und sich

sodann aus dem Markt geschlichen, um

sich die Ware am Parkplatz anzueignen.

Da die…Klägerin, nachdem sie ertappt

worden sei, uneinsichtig geblieben sei,

AK ERFOLG

Prozess.

Viele Geschäfte spenden übriges Brot an Sozialvereine. Aber eine

Backshop-Mitarbeiterin hätte sich davon keines schenken lassen dürfen,

dachte der Chef und entließ die Frau. Zu Unrecht: Sie erhielt 13.378 Euro.

E

ine von der AK seit vielen

Jahren erhobene Forde-

rung wurde vomNationalrat

endlich umgesetzt: Die

durch den Besuch von

Berufsschulinternaten ent-

stehenden Heimkosten

werden ab 1.1.2018

aus dem allgemeinen

Lehrbetriebs-Förder-

topf finanziert.

Die Abwicklung

erfolgt folgen-

dermaßen:

Das Internat

verrechnet

den Heim-

beitrag dem

Lehrberech-

tigten, welcher

seinerseits den

Kostenersatz

beantragt.

Eine weitere

erfreuliche

Neuerung für

Lehrlinge besteht

in der Verdoppe-

lung der Entgeltsi-

cherungszeiträu-

me. Lehrlinge,

die im Krankenstand

sind, behalten ihren

Anspruch auf Lehrlings-

entschädigung pro Lehr-

jahr künftig imAusmaß

von acht Wochen. Bei

noch längeren Kranken-

ständen gebührt eine

Teilzahlung für die

Dauer von weiteren

vier Wochen.

Brotneid: Verkäuferin

zu Unrecht entlassen

sei es…nicht mehr zumutbar gewe-

sen, die Mitarbeiterin bis zum Ab-

lauf der Kündigungsfrist weiter zu

beschäftigen.“

Trotzdem war für das Gericht

in erster Instanz und auch im Be-

rufungsverfahren vor dem Ober-

landesgericht Innsbruck klar, dass

Sabine nie (bewusst) pflichtwidrig

gehandelt und damit auch keinen

Entlassungsgrund gesetzt hat:

• So verbieten die Richtlinien des

Supermarkts lediglich die unmit-

telbare Wegnahme von Sozialre-

tourware.

• Für eine Entlassung wegen Vor-

teilsannahme sei der Wert zu ge-

ringfügig,

• mit dem Dienstverhältnis sei kein

unmittelbarer Zusammenhang er-

kennbar

• und eine Vertrauensunwürdigkeit

liege nicht vor.

Dank AK erhielt Sabine 13.378,19

Euro – die sie auch bei einer Kündi-

gung unter Einhaltung aller Fristen

erhalten hätte müssen. Außerdem

muss ihr ehemaliger Arbeitgeber

die Prozesskosten – 5.893,12 Euro

– zahlen.

Foto:Tomasz Zajda/Fotolia.com

Entlastungen

für Lehrlinge

Foto : TWBA