A
RBEIT
&
P
OSITIONEN
10
Nr. 93, Februar 2017
D
ie Flexibilität bei
der Arbeitszeit darf
keine Einbahnstraße
sein. Zuerst sollten die
von den Sozialpartnern
geschaffenen gesetz-
lichen Möglichkeiten – wie
zusätzliche Überstunden-
pakete für dringliche Aufträge
oder die Jahresdurchrechnung – ausgeschöpft werden,
bevor neue Maßnahmen zu überlegen sind. Der Ruf
der Wirtschaft nach flexibleren Arbeitszeiten geht näm-
lich sonst vor allem zulasten der Arbeitnehmer. Denn
inWirklichkeit geht es der Wirtschaft vielfach darum,
Überstunden in normale Arbeitszeit umzuwandeln
und diese 1:1 abzugelten. Eine Überstunde ist eine
Überstunde und muss auch als eine solche bezahlt
werden. Zudemmuss die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie sowie Freizeit sichergestellt werden. Die Fle-
xibilität hat dann Vorteile für die Arbeitnehmer, wenn
der Einzelne wirklich seine ausdrückliche Zustimmung
dazu gibt und die Arbeitszeit an die Bedürfnisse der
Beschäftigten angepasst wird. Deshalb warnen wir vor
allem vor dauerhaft überlangen und nicht planbaren
Arbeitszeiten. Zahlreiche Studien bestätigen, dass
dies zu gesundheitlichen Beschwerden führt, etwa zu
psychischen Beeinträchtigungen, Magenbeschwerden,
Herzerkrankungen und Diabetes.
A
rbeit besser vertei-
len – kürzer arbeiten,
Arbeitsplätze schaffen,
gesünder in die Pension.
Die FSG Tirol tritt klar für
eine Arbeitszeitverkür-
zung ein.Wichtig dabei
ist, dass sie den Lebensstan-
dard der Beschäftigten nicht
verschlechtert und zu keiner Minderung der Kaufkraft
führt. Es braucht optimale Vereinbarkeit von privaten
und beruflichen Interessen. Österreich ist das Land
mit den längstenWochenarbeitszeiten in ganz Europa
und Spitzenreiter bei den Überstunden. Infolgedessen
steigt die Zahl an Erkrankungen aufgrund psychischer
Belastungen amArbeitsplatz. Damit muss Schluss sein!
Flexibilität ist in der heutigen Arbeitswelt notwendig,
aber absoluter Schutz vor zu langer Tagesarbeits-
zeit unverzichtbar. Somit sagen wir Ja zu flexiblen
Arbeitszeitlösungen, aber nur, wenn sie fair sind. Die
Bedingungen müssen weiter fixer Bestandteil in den
Kollektivverträgen sein und dürfen nicht auf die Be-
triebsebene verlagert werden. Betriebsvereinbarungen
zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung bieten zwar
die Möglichkeit eines Rahmens für flexiblere Arbeits-
zeiten, allerdings gibt es auch da Grenzen. Denn beim
Arbeitszeitgesetz handelt es sich um ein Schutzgesetz,
das unbedingt eingehalten werden muss.
L
ange tägliche Arbeits-
zeiten schaden der
Gesundheit und sind
gefährlich. Daran sollte
man immer denken,
wenn von der Forderung
nach flexibleren Arbeits-
zeiten die Rede ist. Denn
hinter dem Schlagwort der Fle-
xibilisierung steckt ja in erster Linie die Erhöhung der
täglichen Normalarbeitszeit auf 12 Stunden und mehr.
Abgesehen davon, dass jetzt schon in Ausnahmefällen
so langes Arbeiten möglich ist, geht es natürlich auch
um die Bezahlung, nämlich um die Einsparung von
Überstundenzuschlägen. Als Köder winkt scheinbar
mehr Freizeit. Aber bei genauemHinsehen bleibt für
die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein schlech-
tes Geschäft übrig. Es muss mehr gearbeitet, mehr
Leistung erbracht werden und die Bezahlung wird
schlechter. Die Freizeit muss dann genommen werden,
wenn es die Firma erlaubt, egal ob und wie es sich
mit der persönlichen Lebenssituation verträgt. Lange
Arbeitszeiten schaden auf Dauer der Gesundheit und
führen zu Überlastungsstörungen.Weiters steigen die
Gefahren, wenn die Müdigkeit zunimmt und die Kon-
zentration nachlässt. Eine weitere Flexibilisierung hilft
den Arbeitgebern, aber schadet den Arbeitnehmern,
deren Belastungen noch mehr steigen.
F
lexibilisierung der
Arbeitszeit steht kurz
bevor – Einigung der
Regierung bis Ende
Februar“, steht es in
den Medien. Da wird
von Vorteilen für viele
Arbeitnehmer „geschwa-
felt“, von mehr Möglichkeiten
bei Freizeit, Familienfreundlichkeit, Arbeitsplatzsicher-
heit und was sonst noch alles unserer rot-schwarzen
Auslaufregierung einfällt, um den Arbeitnehmern
die Sache „schmackhaft“ zu machen. Eine Medaille
hat zwei Seiten heißt es, bisher hat jede Arbeitszeit-
flexibilisierung Geld gekostet, unser Geld. Zur Arbeit
und nachher nach Hause zu kommen, wird bei einem
Zwölf-Stunden-Tag für viele eine Herausforderung,
nicht jeder Arbeitnehmer verfügt über ein Auto. Ach
ja, und wie machen wir das mit den lieben Kleinen?
Gibt es Kinderbetreuungsstellen, die das abdecken,
flächendeckend? Dann wäre noch die Frage: Wie weit
werden die jetzt schon bestehenden Möglichkeiten
flexibler Arbeitszeit ausgenutzt? Dass es eine Verän-
derung der Arbeitswelt gibt, bestreitet niemand. Aber
ein Schnellschuss nach jahrelangem Stillstand bei der
Arbeitszeitflexibilisierung von Seiten der Regierung,
nur umHandlungsfähigkeit zu beweisen, ist sicher
nicht angebracht. Schon gar nicht auf unsere Kosten.
Überstunden müssen
Überstunden bleiben
Ja zu fairen
Arbeitszeitlösungen
Schlechtes Geschäft
für die Beschäftigten
Ein Schnellschuss
auf unsere Kosten?
Sozialdemokratische
GewerkschafterInnen
Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG
Grüne in der AK
Freiheitliche
Arbeitnehmer in der AK
Erwin Zangerl,
AK Präsident
Günter Mayr,
Fraktionsvorsitzender
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
Franz Ebster,
Fraktionsobmann
D
as Jammern über
eine
mangelnde
Flexibilität der Ar-
beitnehmer seitens
der Wirtschaft ist unange-
bracht. „Flexibilität ist
keine Einbahnstraße
und kein Wunsch-
konzert der Wirt-
schaft“, so AK
Präsident Er-
win Zangerl.
In Österreich
gibt es bereits
eine Vielzahl
an
Möglich-
keiten flexibler
Arbeitszeit
in
Betriebsvereinba-
rungen, Kollektivver-
trägen und im Gesetz,
etwa in Form von Gleitzeit-
regelungen, Durchrechnungs-
und Bandbreitenmodellen.
Fakt ist: Österreichs Beschäftigte
sind im EU-Vergleich bereits
jetzt überdurchschnittlich flexi-
bel. Mehr als 56 % der Arbeit-
GrößterWechsel
bei Gastro-Jobs
Selbstbestimmt
handeln
Gesund mit alten
Hausmitteln
FLEXIBLE ARBEITSZEIT PRO & CONTRA
AK FRAKTIONEN ZUM THEMA
STATISTIK AUSTRIA
PATIENTENVERFÜGUNG
NATUR-APOTHEKE
Arbeitszeit.
Die Flexibilisierung ist keine
Einbahnstraße und kein Wunschkonzert.
D
ie heimische Arbeitswelt ist von einer
hohen Dynamik geprägt. Das zeigen
die jüngsten Zahlen der Statistik Austria.
78 % der im Jahr 2010 aufgenommenen
Dienstverhältnisse wurden binnen zwei
Jahren beendet. Nach Branchen betrach-
tet, ist die Fluktuation in der Gastronomie
und am Bau am höchsten und das,
obwohl die Saisonarbeiter heraus-
gerechnet wurden. Nur 8 % der
Gastro-Jobs der 25- bis 34-Jäh-
rigen dauern länger als zwei
Jahre, am Bau sind es 15
%. Dagegen ist der Anteil
derer, die mindestens zwei
Jahre im selben Job sind,
im Finanz- und Versiche-
rungsbereich mit 52 % am
höchsten. Allerdings steht
diese Branche vor einem
massiven Strukturwandel.
ImHandel, einer weiteren
wichtigen Branche, hat nach
zwei Jahren noch knapp
jeder Dritte denselben Job.
Für die neue Erhebung hat
sich die Statistik Austria jene
Menschen angesehen, die im
Jahr 2010 einen neuen Job begon-
nen haben. Geringfügig Beschäftigte,
Lehrlinge, Beamte und Praktikanten
wurden nicht berücksichtigt, ebenso-
wenig die 600.000 Saisonarbeiter,
die wieder beim selben Dienst-
geber anfangen. Von den 2,2
Millionen Menschen, die eine
unselbstständige Beschäftigung
aufgenommen haben, blieb damit
eine Berechnungsgrundlage von
einer Million.
S
ie möchten für Situationen vorsor-
gen, in denen Sie nicht mehr fähig
sind, selbst Entscheidungen zu treffen?
Mit einer Patientenverfügung können
Sie schon vorab bestimmte medizinische
Behandlungen ablehnen – für den Fall,
dass Sie als Patient dazu nicht mehr in
der Lage sind. In einer Vorsorgevollmacht
legen Sie fest, wer als Bevollmächtigter
für Sie entscheidet. Alle wichtigen Details
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„Patientenverfügung & Vorsorgevoll-
macht“
erfahren Sie bei den kostenlosen
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16. Februar
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AK in Innsbruck
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dung Reutte: 0800/22 55 22 – 3650,
Innsbruck: 0800/22 55 22 – 1645.
B
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rungen oder Husten auf natürlichem
Wege bekämpfen und die Selbsthei-
lungskräfte des eigenen Körpers stärken:
Entdecken Sie, welche Vielfalt an sanften
Heilkräutern die Natur bietet und wie
einfach, schnell und wirksam Sie sich
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losen AK Infoabend
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am
Dienstag, 7. März, ab
19.30 Uhr in der AK Telfs,
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Hausmittel kennen. Gleich anmelden
unter 0800/22 55 22 – 3850 oder telfs@
ak-tirol.comArbeitenmit
Maß und Ziel
Offen gesagt.
Unsere Beschäf-
tigten arbeiten bereits jetzt
überdurchschnittlich lang.
nehmer arbeiten nicht jeden Tag
die gleiche Anzahl an Stunden
(EU-Durchschnitt: 43,5 %), 29 %
sind von schwankenden Wochen-
Arbeitszeiten betroffen (EU-DS:
25 %) und jeder zweite Beschäf-
tigte hat keine fixen Beginn- und
Endzeiten im Job (EU-DS: 29 %).
Außerdem arbeiten Österreichs
Vollzeitbeschäftigte
überdurch-
schnittlich lange, nämlich 41,5
Stunden pro Woche. Nur in Groß-
britannien und in Portugal wird
noch länger gearbeitet, der EU-
Durchschnitt liegt bei 40,4 Wo-
chenstunden. Fast ein Drittel aller
Österreicher arbeitet einmal oder
mehrmals imMonat länger als zehn
Stunden am Tag. 2014 leisteten die
heimischen Arbeitnehmer zudem
269 Millionen Mehrarbeits- und
Überstunden, von denen 57,4 Mil-
lionen weder in Geld noch Zeit ab-
gegolten wurden. Rein rechnerisch
wären das mehr als 130.000 neue
Vollzeitjobs. Hinter der Forde-
rung nach Flexibilisierung verbirgt
sich meist das Interesse, wichtige
Schutzbestimmungen des Arbeits-
zeitgesetzes zu unterlaufen oder
Zuschläge für Mehrarbeit- und
Überstunden zu reduzieren.
Foto: Studio-Romantic
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