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5

Nr. 93, Februar 2017

A

RBEIT

&

R

ECHT

E

in generelles Kältefrei gibt es

nicht. Für das Arbeiten im Freien

gibt es keine Temperaturuntergrenze.

Eigene Ausnahmeregelungen gelten

für Beschäftigte am Bau. Sie können bei

großer Kälte oder bei Schnee und Eis die

Arbeit kurzfristig niederlegen und be-

kommen eine „Schlechtwetterentschädi-

gung“. Aber alle Arbeitgeber haben eine

Fürsorgepflicht für ihre Beschäftigten.

Sie müssen die Arbeitsbedingungen

regelmäßig ermitteln und bewerten.

Wenn sich dabei ergibt, dass Wetter-

oder Kälteschutzkleidung notwendig ist,

so muss die Firma diese zur Verfügung

stellen. Die Schutzkleidung muss etwa

temperatur-isolierend, atmungsaktiv

und bei schlechter Sicht mit Reflektoren

ausgestattet sein. Auch für die Reini-

gung hat die Firma zu sorgen.

Im Krankenstand gekündigt

Arbeiten

bei Kälte

AK Juristen

halfen nach OP

Achten Sie auf

die Meldung

E

ine zunächst missglückte Hüft-OP und

ein neuerlicher Eingriff wurden dem

61-jährigen Angestellten Walter beruflich

zum Verhängnis. Er wurde noch im

Krankenstand gekündigt. Doch wo sollte

der langjährige ältere Mitarbeiter einen

adäquaten Arbeitsplatz finden? Er wandte

sich an die AK Tirol in Innsbruck. Und die

Juristen konnten ihm weiterhelfen: Es

wurde wegen Sozialwidrigkeit geklagt

und der Arbeitgeber zog seine Kündi-

gung zurück. Walter hat seinen Beruf

behalten. Dieses Beispiel zeigt einmal

mehr, wie wichtig die Einführung eines

Kündigungsschutzes im Krankenstand

ist (siehe oben). Denn gerade in dieser

Situation ist der Einzelne meist schutzlos.

W

enn Sie erkranken, sollten Sie fol-

gendes unbedingt beachten, damit

Sie sich Ärger und Probleme ersparen:

Der Arbeitgeber muss unverzüglich

über die Arbeitsverhinderung informiert

werden. Dies erfolgt meist telefonisch.

Lassen Sie sich vomHausarzt krank-

schreiben.

Der Arbeitgeber hat das Recht, eine

Krankenstandbestätigung zu verlangen.

Sie muss Beginn, voraussichtliche Dauer

und Ursache enthalten. Achtung: Mit

Ursache ist nicht die Diagnose gemeint,

sondern, ob Krankheit oder Unfall

vorliegt.

In manchen Firmen ist für die ersten

drei Krankenstandstage keine Bestäti-

gung erforderlich. Ihr Arbeitgeber kann

sie aber auch für nur einen Tag verlan-

gen.Wenn Sie die Regelung in Ihrem

Unternehmen nicht kennen, suchen Sie

auch bei kurzen Krankenständen Ihren

Arzt auf.

Wer Melde- und Nachweispflichten

nicht erfüllt, verliert für die Dauer der

Säumnis seinen Anspruch auf Entgelt.

Der Arbeitgeber muss nicht zahlen. Er

darf jedoch das Arbeitsverhältnis des-

halb nicht durch Entlassung beenden.

KÜNDIGUNG

FACTS

Gehalt wird weiterbezahlt

Entgeltfortzahlung.

Wenn Sie krank werden, muss Ihnen der Arbeitgeber das Entgelt

weiterbezahlen. Was im Krankenstand gilt und worauf zu achten ist, lesen Sie hier.

E

ntgelt ist nicht nur Lohn

und Gehalt. Auch regelmä-

ßige Überstunden oder die

meisten Zulagen, im Durch-

schnitt gerechnet, gehören dazu.

Wie lange bezahlt werden muss,

hängt dann davon ab, wie lange man

schon im Betrieb beschäftigt ist. Bei

Krankheit oder Unglücksfall steht

grundsätzlich die Weiterzahlung des

vollen Lohnes für sechs Wochen

(Grundanspruch) und des halben

Entgelts für weitere vier Wochen zu.

Danach gibt es Krankengeld von der

Gebietskrankenkasse. Es ist nied-

riger als das Entgelt. Bekommen Sie

nur noch die Hälfte des Entgelts, gibt

es das halbe Krankengeld. Die Dau-

er des Krankengeldanspruches, den

die GKK bezahlt, ist grundsätz-

lich mit 26 Wochen begrenzt,

bei Vorliegen bestimmter Vor-

versicherungs-

zeiten mit 52

Wochen. In der

AK Broschüre

„Entgeltfort-

zahlung im

Krankenstand“

finden Sie alle

Details. An-

fordern unter

0800/22 55 22 –

1311 oder herunterla-

den auf

ak-tirol.com

Nach

Kündigung.

Manche Arbeitgeber glau-

ben, dass sie kein Entgelt

zahlen müssen, wenn

sie kranke Mitarbei-

ter kündigen. Das

stimmt nicht. Auch

wenn der Arbeit-

geber den Mit-

arbeiter kündigt

oder unbegrün-

det vorzeitig

entlässt, muss

er das Entgelt

für den Kran-

kenstand weiter-

bezahlen, auch wenn

das Dienstverhältnis

vorher endet.

Einvernehmlich.

Oft schlagen

Arbeitgeber eine einvernehmliche

Lösung während des Kranken-

standes vor – zumTeil mit der Zusa-

ge, Sie danach wieder einzustellen.

Der Grund: Bei einvernehmlicher

Auflösung muss der Arbeitgeber

kein Entgelt mehr zahlen. Achtung,

eine einvernehmliche Auflösung

während des Krankenstandes bringt

große Nachteile. Sie erhalten statt

des Entgelts das Krankengeld von

der Gebietskrankenkasse (GKK) –

und das ist deutlich weniger! Und

außerdem: Die GKK kann sich

wegen Unzulässigkeit der Verein-

barung weigern, das Krankengeld

zu bezahlen - schlimmstenfalls be-

kommen Sie gar kein Geld.

Sicherheit.

Sie werden auch

im Krankenstand weiterbezahlt.

Foto: Raisa Kanareva

/Fotolia.com

RECHTE UND PFLICHTEN

GUT ZU WISSEN

A

ls Hilfsarbeiterin war Vero-

nika seit ein paar Monaten

bei einer Reinigung be-

schäftigt. Sie wurde krank.

Gemeinsam mit ihrer Mutter gab

sie ihre Krankmeldung persönlich

beim Chef ab. Umso erstaunter war

Veronika, als ihr wegen angeblicher

unberechtigter Abwesenheiten ein

paar Tage später die Kündigung ins

Haus flatterte.

Enttäuscht und auch verunsichert

meldete sich Veronika bei derAK in

Imst. Der Experte nahm sich sofort

ihres Falles an und konnte helfen.

Sofort wurde ein Schreiben an den

Arbeitgeber verfasst, klargestellt,

dass Veronika keinesfalls unbe-

rechtigt abwesend war, sondern die

Krankmeldung persönlich und so-

gar im Beisein ihrer Mutter abgege-

ben hatte. Zwar ist eine Kündigung

im Krankenstand moralisch mehr

als bedenklich, rechtlich jedoch lei-

der möglich – sogar bei einem Ar-

beitsunfall. Zumindest sind dabei Kün-

digungstermin und -frist einzuhalten.

Und es greift die Entgeltfortzahlung

(siehe unten).

Der AK Profi machte dann auch die-

se Entgeltfortzahlung für Veronika bis

zum Ende ihres Krankenstandes – der

knapp einen Monat dauerte – geltend

sowie weitere Zahlungen, wie noch

offene Lohn- und Sonderzahlungen so-

wie eine Urlaubsersatzleistung, insge-

samt 1.428 Euro. Der Chef hatte wohl

eingesehen, dass er hier im Unrecht

war und bezahlte alles. Gut, dass

sich Veronika bei der AK er-

kundigt hatte.

Mehr Schutz.

Aus

Angst vor einer Kün-

digung geht bereits

jetzt jeder 4. Arbeitnehmer krank zur

Arbeit. Deshalb verlangt die Tiroler Ar-

beiterkammer einen Kündigungsschutz

im Krankenstand: „Die Beschäftigten

hätten dann weniger Angst, ihre Ar-

beitsstelle zu verlieren. Betriebe wä-

ren dazu gezwungen, krankmachende

Arbeitsbedingungen abzustellen und

mehr Zeitpuffer bei Aufträgen oder

Personalressourcen für Vertretungen

einzuplanen“, ist AK Präsident Er-

win Zangerl überzeugt. „Denn

Krankheit darf nicht bestraft wer-

den.“ Außerdem soll eine ein-

vernehmliche Auflösung im

Krankenstand nur nach

Beratung durch AK

oder ÖGB möglich

sein und nicht zum

Entfall der Entgelt-

fortzahlungspflicht

und somit zur Kos-

tenüberwälzung auf

die Krankenkassen

führen (siehe unten).

Krankenstand.

Hier sind Arbeitneh-

mer besonders

schutzbedürftig.

Miese Methode

. Immer wieder haben kranke Beschäftigte Probleme am Arbeitsplatz:

Sie werden zu einer einvernehmlichen Auflösung überredet oder gar gekündigt.

Foto: DR_F

/Fotolia.com

Foto: janvier

/Fotolia.com