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E

UROPA

&

A

RMUT

4

Nr. 95, April 2017

V

on Einrichtungen, die allgemein

bei sozialen Schwierigkeiten be-

raten und mit demNötigsten hel-

fen, bis hin zu speziellen Anlauf-

stellen für Familien, bei Gewalt,

Krankheit oder Drogensucht:

Insgesamt 70 Beratungsstellen

und Angebote in Innsbruck

sind im Sozialroutenplan des

Vereins unicum:mensch an-

geführt. Die Broschüre, die

sich an Betroffene ebenso

richtet wie an haupt- und

ehrenamtliche Helfer,

gibts auch als Download

auf

www.unicummensch.

org

in deutsch- und

englischspra-

chiger Version.

WEGWEISER

O

hne persönliche und strukturelle

Solidarität bricht eine Gesellschaft aus-

einander, betont Msgr. Mag. Jakob Bürgler,

der die Resolution als Administrator der

Diözese Innsbruck unterzeichnet hat.

„Armut und Armutsgefährdung bedeuten

eine gewaltige Herausforderung, der sich

Gesellschaft und Politik stellen müssen.

Besonders im Hinblick auf junge Menschen

besteht dringender Handlungsbedarf. Das

Prinzip ,Freiheit von Armut und Ausge-

schlossenwerden’ ist eine notwendige

Ergänzung zu den vier wirtschaftlichen

Grundfreiheiten der EU. Gemeinsam kön-

nen wir eine Trendumkehr schaffen!“

I

m Jahr 2009 wurde der Unterstützungs-

fonds auf Initiative von AK Präsident

Erwin Zangerl ins Leben gerufen, um Mit-

gliedern und deren Familien in Notsituati-

onen rasch und unbürokratisch helfen zu

können. Allein bis 2015 stellte die AK Tirol

dafür fast 2 Millionen Euro zur Verfügung,

mehr als 4.600 Anliegen wurden positiv

bearbeitet. Wer Hilfe braucht, schickt ein

formloses schriftliches Ansuchen samt Un-

terlagen (Kopien zu Einkommen, Beihilfen,

Mietzinsbeihilfe und Ausgaben wie Miete,

Rückzahlungsverpflichtungen usw.) an AK

Tirol, Unterstützungsfonds, Maximilianstra-

ße 7, 6020 Innsbruck.

„Dringender Handlungsbedarf“

AK hilft Mitgliedern in Not

Zeitung für Arbeit und Konsumentenschutz

der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol

Medieninhaber und Herausgeber:

Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol,

6020 Innsbruck, Maximilianstraße 7

Redaktion:

Dr. Elmar Schiffkorn,

Mag. Christine Mandl, Gertraud Walch,

Mag. Henrik Eder, Armin Muigg

Fotos:

AK,

www.fotolia.com

Druck:

Intergraphik GmbH, 6020 Innsbruck,

Ing. Etzelstraße 30

Die von der AK Tirol angebotenen Leistungen

kommen ausschließlich ihren Mitgliedern zugute.

Soweit personenbezogene Bezeichnungen nur in

männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich

auf Frauen und Männer in gleicher Weise.

AK TIROLER ARBEITERZEITUNG – AK AKTUELL

IMPRESSUM

DieArmut

gefährdet Europa

KOMMENTIERT

Dr. Lothar Müller,

Sozialethiker

H

ohe Arbeitslosigkeit, feh-

lende Perspektiven, immer

weniger soziale Sicherheit:

Allein 2016 waren laut Eu-

rostat 119 Millionen EU-Bürger von

Armut betroffen, in Österreich gut

eine Million, in Tirol weit mehr als

100.000.

Mehr als 25 Millionen Junge leben

laut Bertelsmann-Social-Justice-In-

dex europaweit in Armut und sozia-

ler Ausgrenzung. Fast 8 % fristen ihr

Leben als Working Poor, denen trotz

Arbeit zu wenig zum Leben bleibt.

Tendenz steigend. Gleichzeitig wer-

den soziale Sicherheitsnetze wie die

Mindestsicherung zunehmend dezi-

miert.

Resolution gegen Armut.

Deshalb

nahm die AK Tirol den Josefstag am

19. März zum Anlass, um auf diese

dramatische Situation hinzuweisen.

Ergebnis war eine gemeinsame Re-

solution gegen die Armut, die von

Diözese Innsbruck, ÖGB Tirol, AK

Tirol und Sozialvereinen im Vorfeld

der 60-Jahr-Feiern der Verträge von

Rom am 25. März 2017 vorgelegt

wurde: „Die Staats- und Regierungs-

spitzen werden dabei zu Recht auf

Kriege und Flucht,weltweiten Terror,

die Situation in der Türkei, BREXIT,

Populismus, das Verhältnis zu den

USA eingehen. Sie mögen aber nicht

vergessen, dass das Zulassen von Ar-

mut und Armutsgefährdung eine weit

höhere Gefahr für den Zusammenhalt

Europas darstellt“, betonen die Ver-

fasser. Und damit sind sie nicht allein.

Laut Eurobarometer sehen 50 % der

Befragten den Abbau von Armut als

wichtigste Aufgabe des Europäischen

Parlaments!

3 Forderungen.

In der Resolution

„Armut gefährdet Europa“

werden

wichtige Maßnahmen eingefordert.

• Auf europäischer Ebene sind die

derzeit „vier wirtschaftlichen

Grundfreiheiten“ (Waren-, Ka-

pital-, Personenverkehrs- und

Dienstleistungsfreiheit) um die

fünfte – die

„Freiheit von Armut

und Ausgeschlossenwerden“

– zu

ergänzen. Diese ist in allen EU-

Rechtsakten und Politikbereichen

ausdrücklich zu berücksichtigen.

• Alle Mitgliedsstaaten müssen der

Bekämpfung von Armut und Aus-

geschlossenwerden

endlich die

notwendige fach- und kompetenz­

übergreifende Struktur geben.

Denn Armut betrifft Bildung, Woh-

nen, Einkommen, Gesundheit, öf-

fentlichen Verkehr usw. und damit

praktisch alle Politikbereiche.

• Alle Verantwortlichen müssen sich

entschieden gegen

Jugendarbeits-

losigkeit

einsetzen. Sonst wächst

eine Generation in Armut heran,

ohne Chance auf Existenzgrün-

dung und Pensionssicherung.

„Die europäische Politik ist ge-

fordert, Europa sozialer zu machen“,

betont AK Präsident Erwin Zangerl.

„Hohe Arbeitslosigkeit, vor allem

die der Jungen, und teils extreme

Ungleichheit bei der Verteilung

von Vermögen belasten den so-

zialen Zusammenhalt und sind

Wasser auf die Mühlen populis-

tischer Parteien.“ Der ÖGB-

Vorsitzende Otto Leist

warnt: „Armut stig-

matisiert und hält

viele Betroffene in

einem Teufelskreis

gefangen.

Weil

sie oft ‚vererbt‘

wird, sind Maß-

nahmen gegen

Jugendarbeits-

losigkeit beson-

ders wichtig.

Sonst wächst

eine ganze Ge-

neration

ohne

Perspektiven he-

ran.“

Mehr auf

www.ak-tirol.com

E

s gibt nichts herumzudiskutieren und

zu beschönigen. Es ist eine Schande:

In der EU sind 119 Millionen Menschen

von Armut betroffen. Im reichen Öster­

reich mehr als eine Million. Und in un-

serem so gut aufgestellten Land immer

noch etwa 100 000. Bei der Josefikonfe-

renz 2017 gab es dazu deutliche Worte

und präzise Vorschläge in Richtung der

Politik. Von der AK und dem ÖGB Tirol,

der Diözese Innsbruck und von vielen

Sozialeinrichtungen.

Warum kommen die EU und die

Mitgliedsländer einschließlich ihrer

Regionen und Gemeinden da nicht

weiter? Warummuss man immer die

nahezu selben Zahlen, hinter denen

Schicksale stehen,lesen? Warum geraten

Menschen, die ihr Leben lang brav

Steuern und Sozialversicherung bezahlt

haben, trotzdem in Armut? Und warum

verzichten wir auf die Potenziale von

etwa 20 Prozent der Kinder, die in Armut

aufwachsen müssen? Und reden gleich-

zeitig vom „Innovationsland“? Die „Jose-

firesolution 2017“ macht es klar: Nicht

Trump, Putin oder der Populismus ge-

fährden Europa – es ist die Armut! Die

EU hat vier vor allem wirtschaftliche

Freiheiten eingerichtet. Aber keine

fünfte, die Freiheit von Armut. Und

die Mitgliedsstaaten tun nach wie

vor so, als ob die Bekämpfung der

Armut eine Sache der Sozialaus-

schüsse und der Sozialreferenten

sei. Sie wollen einfach nicht

begreifen, dass der Schlüssel

ämterübergreifend ist. Finan-

zen, Bildung, Gesundheit,

Wohnen, Öffentlicher Verkehr

usw. – alles gehört in diese

Richtung koordiniert und

mobilisiert. Das Denken muss

zuerst jenen gelten, die sich

am schwersten tun.

Ein Beispiel, das wir

angehen, sind jene Schulkos­

ten, die es eigentlich gar nicht

geben dürfte. Ein bisschen was

bewegt sich in der EU! Wenige

Tage nach unserer Resolution

wurde in die Erklärung von Rom

(25.3.2017) immerhin die „Be-

kämpfung von Diskriminierung,

sozialer Ausgrenzung und Armut“

aufgenommen. Wir werden dran

bleiben, und wie! Wenn das man-

che als Drohung betrachten – dann

sei es so!

Europa muss sozialer werden

Resolution gegen Armut.

Anlässlich 60 Jahre Verträge von Rom forderten AK, ÖGB Tirol,

Diözese Innsbruck und Sozialvereine als fünfte EU-Grundfreiheit die Freiheit von Armut!

Geld sparen.

Unter gewissen Bedingungen

ist eine Rezeptgebührenbefreiung möglich!

Dramatisch.

119 Millionen

EU-Bürger leben in Armut, darunter

mehr als 25 Millionen Junge.

Teure Rezepte

W

er krank ist, dem fehlt es

nicht nur an Gesundheit,

sondern oft auch am nö-

tigen Geld für teure Me-

dikamente. Allerdings ist in gewis-

sen Fällen eine Befreiung von der

Rezeptgebühr möglich. So sind Sie

automatisch und ohne Antrag be-

freit, wenn Sie eine Ausgleichszu-

lage zur Pension beziehen, an einer

anzeigepflichtigen, übertragbaren

Krankheit leiden oder den Zi-

vildienst

absolvieren.

Aussicht auf Erfolg hat

ein Antrag auf Befrei-

ung, wenn Ihr Einkommen weniger

als 889,84 € netto/Monat beträgt (bei

einem Partnereinkommen 1.334,17

€). Auf Antrag bei der Krankenkas-

se können Sie sich befreien lassen,

wenn Sie durch Krankheiten über-

durchschnittlich hohe Rezept-Aus-

gaben haben (mind. 66,74 €/Monat)

und Ihr Einkommen unter 1.023,32

€ netto/Monat liegt (bei Partnerein-

kommen für Sie und Ihren Partner

1.534,30 €). Außerdem müssen Sie

nur solange Rezeptgebühr bezahlen,

bis die Gebühren 2 % Ihres Jahres-

nettoeinkommens erreichen!

Bild: kdshutterman

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Bild: Marty Haas/

Fotolia.com

Foto: Jeanette Dielt/Fotolia.com

Foto: Diözese Innsbruck/Weingartner

Sozialroutenplan