Tiroler Arbeiterzeitung - page 5

5
THEMA:
ARBEIT & RECHT
Nr. 46, Dezember 2012
Schulungskosten
zurückzahlen
Firma verlassen.
Für die Rückzahlung von Ausbildungen gibt es Regeln und auch häufig Probleme.
V
iele Firmen sind bereit, ihren
Beschäftigten die Weiterbildung
zu zahlen. Aber was passiert,
wenn man die Firma verlässt? Häufige
Praxis in den Betrieben: Bezahlt der
Chef die Ausbildung, müssen Arbeit-
nehmerinnen bzw. Arbeitnehmer meist
unterschreiben, dass sie die Kosten dafür
zurückzahlen, wenn sie aus der Firma
ausscheiden. Nicht immer aber fordert
die Firma das Geld zu Recht zurück.
Kosten für Einschulung.
Ob wirklich gezahlt werden muss,
hängt davon ab, was bei der Schulung
wirklich gelernt wurde. Es kommt sehr
darauf an, ob es sich um eine echte
Ausbildung oder um eine Einschulung
handelt. Bei der Einschulung werden
Sie mit betrieblichen Gegebenheiten
und Produkten des Arbeitgebers ver-
traut gemacht. Dafür darf die Firma
kein Geld zurückverlangen!
Erstattung für Ausbildung.
Anders ist das bei den Kosten für eine
echte Ausbildung, die die Beschäftigten
auch in einer anderen Firma nutzen
könnten. Für alle Ausbildungen nach
dem 18. März 2006 gilt: Die Firma
darf nur dann einen Kostenrückersatz
fordern, wenn dieser zuvor für eine
konkrete Ausbildung schriftlich ver-
einbart wurde. Aber Achtung: Eine
allgemeine Rückzahlungsklausel im
Arbeitsvertrag ist noch zu wenig.
Wie zurückzahlen?
Der Rückzahlungsbetrag muss sich
auch mit der Zeit verringern: Wenn
Sie Ihre Firma etwa ein Jahr nach Ab-
schluss der Ausbildung verlassen, sind
bei einer dreijährigen Bindungsdauer
nur noch zwei Drittel der Kosten zu
zahlen.
Ende der Rückzahlungspflicht.
Firmen können nicht ewig die einmal
gezahlten Ausbildungskosten zurück-
verlangen: Nach einer gewissen Zeit
gelten diese Kosten quasi getilgt. In
der Regel ist eine Rückzahlungsver-
pflichtung für drei Jahre erlaubt, bei
besonders teuren Ausbildungen auch
länger.
<<
Ausbildungskosten
müssen nur dann zurück bezahlt werden, wenn das extra
schriftlich vereinbart wurde.
Geringfügig.
Sonderzahlungen, Urlaub, Versicherung: Geringfügig Beschäftigte haben
mehr Rechte als oft angenommen. Um einiges müssen sie sich aber selbst kümmern.
G
eringfügige Beschäftigung ist
im Prinzip eine stark redu-
zierte Teilzeitarbeit. Zu dieser
Art Minijobber zählt man, wenn das
Gehalt derzeit ein Grenze von monat-
lich 376,26 Euro brutto oder 28,89
Euro pro Tag nicht überschreitet. Ab
2013 gilt: 386,80 Euro pro Monat
bzw. 29,70 Euro pro Tag.
Ein geringfügig Beschäftigter hat
die gleichen Rechte wie ein Teil- oder
Vollzeitbeschäftigter. Dazu zählen
Anspruch auf Urlaub, Entgeltfortzah-
lung im Krankheitsfall, das Recht auf
Pflegefreistellung und der Anspruch
auf Abfertigung. Ebenso haben ge-
ringfügig Beschäftigte – sofern wie in
den meisten Fällen kollektivvertraglich
festgelegt – Anspruch auf Sonderzah-
lungen wie Urlaubs- und Weihnachts-
geld.
Bezahlter Urlaub.
Aber so-
wohl den Beschäftigten als auch deren
Arbeitgebern sind diese Rechte nicht
immer bewusst. So sprechen viele
Chefinnen und Chefs den Betroffenen
etwa den Urlaubsanspruch ab. Unter
dem Motto „Du arbeitest sowieso nur
einen Tag in der Woche“ wird kein be-
zahlter Urlaub gewährt. Hier besteht
aber sehr wohl ein gesetzlicher An-
spruch – und der lautet fünf Urlaubs-
wochen pro Jahr. Bei einem Arbeitstag
pro Woche ergeben sich somit fünf
Urlaubstage.
Selbstversicherung.
Mi-
nijobber sind nicht automatisch so-
zialversichert. Verpflichtend für die
Arbeitgeber sind nur das Bezahlen der
Unfallversicherung sowie die Einzah-
lung in die Abfertigungskassa. Um die
Kranken- und Pensionsversicherung
müssen sich die Betroffenen selbst
kümmern. Eine derartige Selbstver-
sicherung kostet derzeit 53,10 Euro
(sogenanntes Opting In) – dafür be-
kommt man aber auch einen ganzen
Pensionsmonat.
Einzig eine Arbeitslosenversiche-
rung gibt es nicht und damit auch kein
Arbeitslosengeld nach Beendigung ei-
ner geringfügigen Beschäftigung.
Keine Benachteiligung.
Aus
einer geringfügigen oder Teilzeitbe-
schäftigung dürfen sich keine Benach-
teiligungen auf Grund der verkürzten
Arbeitszeit ergeben. Dies gilt insbeson-
dere bei betrieblichen Sozialleistungen,
die auch den Minijobbern zumindest
im aliquoten Ausmaß zustehen.
Mehrfachjobs.
Wer mehrere
Jobs miteinander kombiniert und da-
bei über die Geringfügigkeitsgrenze
kommt, wird verpflichtend in die Kran-
ken- und Pensionsversicherung einbe-
zogen. Die Sozialversicherungsbeiträge
und die Steuer werden auf Basis der
Summe des gesamten Einkommens
berechnet. Die Versicherungsbeiträge
werden in diesem Fall am Anfang des
Folgejahres von der zuständigen Ge-
bietskrankenkasse vorgeschrieben.
Tipp.
Um Beweisprobleme zu ver-
meiden, empfiehlt es sich, mit dem Ar-
beitgeber eine schriftliche Vereinbarung
über das Ausmaß der Arbeitszeit zu
treffen. Diese Vereinbarung darf nicht
einseitig abgeändert werden.
<<
Minijobber:
Alles was Recht ist
Versichern.
Geringfügig Beschäftigte sind vor allem Frauen. Und sie sollten sich um ihre Absicherung kümmern.
Geringfügig Beschäftigte
W
er ab 2013 weniger als 386,80 Euro monatlich brutto verdient,
gilt als geringfügig beschäftigt. In Tirol gibt es rund 32.300
geringfügig Beschäftigte. Mehr als zwei Drittel davon sind Frauen
(22.000). Hauptbranchen sind Handel, Tourismus sowie Gesundheits-
und Sozialwesen. Minijobber sind nicht automatisch sozialversichert,
sondern nur unfallversichert. Es gibt jedoch die Möglichkeit auf freiwilli-
ger Basis um derzeit 53,10 Euro monatlich eine Kranken- und Pensi-
onsversicherung abzuschließen.
SANKTIONEN
Inserate ohne
Gehaltsangaben
I
n Stelleninseraten von privaten
Unternehmen und dem Bund
muss seit 1. März 2011 der Min-
destverdienst angegeben werden.
Das dient der Einkommenstranspa-
renz. Doch nach über einem Jahr
sieht die Realität anders aus: Wie
Erhebungen der AK Tirol ergeben
haben, enthalten rund 25 % der
Tiroler Stellenanzeigen keine Ge-
haltsangabe. Und das ohne Konse-
quenzen, obwohl verwaltungsstraf-
rechtliche Sanktionen drohen.
Die Tücken stecken im Detail:
Nach der Rechtslage ist es der AK
Tirol und auch der Gewerkschaft un-
tersagt, dagegen vorzugehen. Denn
der Gesetzgeber verlangt ausdrück-
lich, dass ein Strafantrag entweder
vom Bewerber oder der Gleichbe-
handlungsanwaltschaft eingebracht
wird.
Der AK Tirol sind somit die Hände
gebunden. Denn kaum ein Bewer-
ber wird seinen potenziellen zukünf-
tigen Arbeitgeber anzeigen. Zudem
wurde der AK von der Gleichbe-
handlungsanwaltschaft schriftlich
mitgeteilt, dass man derzeit auf-
grund vorhandener Ressourcen au-
ßer Stande sei, die Stellenanzeigen
auf ihre Rechtskonformität hin zu
prüfen.
Die AK Tirol hatte rechtswidrige
Stellenanzeigen unter genauer An-
gabe des Printmediums sowie Da-
tums an die Gleichbehandlungsan-
waltschaft mit der Bitte um weitere
Veranlassung übermittelt. Dies wur-
de zwischenzeitig eingestellt, nach-
dem die AK Tirol vom Regionalbüro
schriftlich ersucht wurde, davon
,,Abstand zu nehmen“.
Für AK Präsident Erwin Zangerl
ist dies untragbar. „Wenn Strafen
angedroht werden, müssen Ver-
gehen auch sanktioniert werden.“
Deshalb der Antrag der AK Vollver-
sammlung an die Ministerien, dass
sowohl Arbeiterkammern als auch
Gewerkschaften gegen derartige
Vergehen einschreiten können.
KONFLIKTLÖSUNG
Der Mobbingfalle
entkommen
M
obbing – ein oft leichtfertig
in den Mund genommenes
Wort für Streitigkeiten am Ar-
beitsplatz. Erst wenn solche Kon-
flikte entgleisen und dauerhaft
werden, spricht man von Mobbing.
Jeder neunte Beschäftigte wird im
Laufe seines Berufslebens einmal
damit konfrontiert. Es ist also nie-
mand vor der Gefahr gefeit. Wo-
bei die Praxis zeigt, dass vor allem
Frauen, Männer über 50, Prakti-
kanten oder auch Menschen mit
Behinderungen einem höheren Ri-
siko ausgesetzt sind. Was können
Betroffene nun konkret tun und
welche Hilfe gibt es? Infos liefert
die AK Broschüre „Mobbing am
Arbeitsplatz“, kostenlos anzufor-
dern unter 0800/22 55 22 –
1432 oder herunterladen unter
Foto:kaarsten/Fotolia.com
Foto:drubigphoto/Fotolia.com
Bei Fragen stehen die AK Profis
unter der Hotline 0800/22 55 22
– 1414 zur Verfügung.
!
Foto:RobertKnescke/Fotolia.com
1,2,3,4 6,7,8,9,10,11,12
Powered by FlippingBook