5
THEMA:
ARBEIT & RECHT
Nr. 52, Juni 2013
Job darf
nicht krank machen
Gesunde Arbeitsplätze.
Experten prüfen Einhaltung von Bestimmungen.
M
ehr als 300.000 Beschäftigte gehen
inTirol täglich ihren Aufgaben nach.
Und mit dem Arbeitnehmerschutz-
gesetz und seinen Vorschriften soll dafür gesorgt
werden, dass die Arbeitsplätze menschengerecht
und sicher sind.
Gesunde Arbeitsplätze und die Rücksicht-
nahme auf die gesundheitlichen Belange der
Beschäftigten sind ein Grundanliegen der Ar-
beiterkammer. Deshalb befasst sich im AK Be-
triebsservice auch eine eigene Spezialistin für
Arbeitnehmerschutz mit der Umsetzung der
Bestimmungen. Gemeinsam mit Mitarbeitern
des Arbeitsinspektorates und der AUVA sorgt
sie dafür, dass arbeits-, sozialversicherungs- und
arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften ein-
gehalten werden. Außerdem kann beim Arbeits-
inspektorat die Besichtigung von Arbeitsstätten
bzw. Dienstwohnungen beantragt werden.
Die AK Expertin steht Betriebsräten, Sicher-
heitsvertrauenspersonen und Beschäftigten bei
Fragen oder Problemen zur Sicherheit am Ar-
beitsplatz zur Verfügung.
Infos zum Arbeitnehmerschutz finden Sie un-
ter
Die Arbeitnehmerschutz-
Expertin im Betriebsservice der AKTirol hilft Ih-
nen auch gerne persönlich unter Tel. 0800/22 55
22 – 1906 oder
<<
Es wird
Zeit zum Abschalten
D
epressionen, Gereiztheit, Er-
schöpfung, Nicht-Abschal-
ten-Können: Jeder zweite
Arbeitnehmer in Österreich leidet be-
reits unter mindestens zwei dieser psy-
chischen Probleme, ergab eine aktuelle
Imas-Umfrage. Und 77 Prozent der
Befragten glauben, dass Internet und
digitale Medien die Geschwindigkeits
treiber sind.
Ständig und überall für den Betrieb
erreichbar sein. Technisch überhaupt
kein Problem, noch dazu, wenn Han-
dy, Tablet & Co. den Beschäftigten
von den Firmen sogar zur Verfügung
gestellt werden. „Doch wenn die Frei-
zeit dauernd mit dem Beruf vermischt
wird, kann es für die Gesundheit pro-
blematisch werden“, warnen AK Ex-
perten.
Schätzungen zufolge ist jeder Drit-
te für seinen Chef auch außerhalb
der Arbeitszeit telefonisch und/oder
per eMail erreichbar. Mehr als 30 %
checken ihre dienstlichen eMails noch
vor dem Schlafengehen und nach dem
Aufstehen.
Und obwohl viele unter dieser stän-
digen Erreichbarkeit leiden, gehen sie
trotzdem ans Handy, beantworten
eMails nach Dienstschluss und sogar
im Urlaub - schon aus Angst, sonst
den Job zu verlieren. Gleichzeitig ver-
lernen sie, abzuschalten und sich zu
entspannen.
Gesundheitliche Folgen.
Dabei ist der Mensch gar nicht dafür
geschaffen, 24 Stunden amTag erreich-
bar zu sein, warnen Arbeitsmediziner.
Mittlerweile sehen sich 40 Prozent
der Beschäftigten ständigem Druck
ausgesetzt, mehr als 22 Prozent leiden
unter Stress. Innere Unruhe, Konzen-
trationsstörungen,
Herz-Kreislauf-
Erkrankungen oder Burnout können
die Folgen sein. Experten gehen da-
von aus, dass mehr als die Hälfte der
krankheitsbedingten Arbeitsausfälle
auf diese Belastungen zurückzuführen
sind. Die Frühpensionierungen wegen
psychischer Erkrankungen haben sich
von 2002 auf 2010 fast verdoppelt.
Arbeitsrechtlich gesehen gibt es kei-
nen Zwang, ständig erreichbar zu sein.
Aber mit All-inclusive-Verträgen oder
der sogenannten Rufbereitschaft, wie
man sie inzwischen in vielen Branchen
findet, wird dieser ständige Einsatz ge-
fördert.
Rufbereitschaft.
Bei einer
Rufbereitschaft kann der Arbeitnehmer
seinen Aufenthaltsort frei bestimmen,
muss aber in bestimmten Zeiträumen
jederzeit erreichbar sein und in kurzer
Zeit die Arbeit aufnehmen können.
Rufbereitschaft darf außerhalb der Ar-
beitszeit für nur zehn Tage pro Monat
und nur während zwei wöchentlicher
Ruhezeiten pro Monat vereinbart wer-
den. Falls der Beschäftigte Arbeiten
leistet, darf die Tagesarbeitszeit auf bis
zu 12 Stunden ausgedehnt werden,
binnen zwei Wochen muss jedoch ein
Ausgleich durch einen längeren Frei-
zeitblock erfolgen.
Und: Rufbereitschaft muss entlohnt
werden. Für die Bereitschaft kann ein
geringeres Entgelt vereinbart werden.
Mit dem Abruf zur Arbeitsleistung –
also z. B. mit Verlassen der Wohnung
– beginnt dann die Arbeitszeit, die voll
zu entlohnen ist, auch die geleisteten
Überstunden bzw. Mehrarbeit bei Teil-
zeitbeschäftigten.
Umso wichtiger ist es, exakte Ar-
beitszeitaufzeichnungen zu führen,
z. B. mit dem AK Zeitspeicher unter
<<
Arbeit & Freizeit.
Auf die richtige Balance kommt es an.
V
or
knapp
100 Jahren,
1918, wurde der
Ach t - S t unden -
Tag in Österreich
eingeführt
und
gesetzlich veran-
kert, damals noch auf Basis einer
48-Stunden-Woche. 1959 hielt
die 45-Stunden-Woche Einzug. Ab
1969 wurde dann die 40-Stunden-
Woche in Etappen eingeführt: 1970
folgte die Verkürzung der Arbeits-
zeit auf 43 Stunden, 1972 auf 42
und 1975 auf 40 Stunden. Heute
gelten für viele Branchen 38,5 Stun-
den – per Kollektivvertrag.
Auch wenn Sie ein Dienst-
handy erhalten, heißt das
nicht, dass Sie rund um die Uhr
erreichbar sein müssen.
Vereinbaren Sie, ob und
wann Sie außerhalb der
normalen Arbeitszeit am Dienst-
handy erreichbar sein sollen, und
was von Ihnen nach Dienstschluss
noch verlangt wird.
Ist keine Rufbereitschaft
vereinbart, muss man au-
ßerhalb der Normalarbeitszeit
nicht erreichbar sein.
Wenn Sie Ihre Arbeit selbst
einteilen, machen Sie sich
einen Plan, bei dem Sie Pausen
und Pufferzeiten für Unvorherge-
sehenes berücksichtigen.
Für schwierige Aufgaben
sollten Sie sich Zonen und
Zeiten der Ruhe einrichten.
Im Urlaub müssen Sie gar
nicht erreichbar sein, auch
nicht, wenn sonst Rufbereitschaft
gilt.
Wenn Ihr Arbeitgeber zu
viel von Ihnen verlangt:
Schreiben Sie eine Woche lang
auf, was Sie machen, und wie lan-
ge es dauert – inklusive Störungen
bzw. Unterbrechungen, und legen
die Aufzeichnungen vor.
Lässt der Druck nicht nach,
wenden Sie sich an Ihren
Betriebsrat, die Gewerkschaft
oder die AK Tirol.
Tipps gegen
Arbeitsdruck
Arbeitszeiten
im Rückblick
A
n zweiter Stelle
im EU-Ranking
lagen Österreichs
rund 3,42 Millio-
nen Beschäftigte
2011 bei der Wo-
chenarbeitszeit.
Laut Eurostat brachten sie es auf
durchschnittlich 42 Stunden. Nur
die Briten arbeiteten länger (42,2).
Im Schnitt leisteten Beschäftigte in
der EU 40,4 Stunden, in Zypern und
Portugal je 41,1 Stunden. Schluss-
lichter waren Dänemark (37,7),
Irland (38,4) und die Niederlande
(39). Die Deutschen kamen auf 40,7
Stunden.
N
ur 5 Prozent
der Österrei-
cher genießen ihre
Freizeit und sind
weder für den Be-
trieb, noch für Kun-
den
erreichbar.
Dies ist ein Ergebnis einer aktuellen
Studie der Alpen-Adria-Universität
Klagenfurt. Sie belegt auch, dass
Beschäftigte immer öfter rund um
die Uhr für Chef und Kollegen er-
reichbar sind: So gaben mehr als
30 % der Befragten an, dass sie
ihre beruflichen eMails sogar noch
vor dem Schlafengehen und nach
dem Aufstehen lesen.
E
in Fünftel al-
ler
Beschäf-
tigten, also rund
722.200 Arbeit-
nehmer, leisteten
2012 laut Statistik
Austria auch Über-
stunden. Im Schnitt arbeiteten sie
pro Woche acht Stunden mehr als
ihr vereinbarte Wochenarbeitszeit
umfasste. 236.000 der Beschäf-
tigten erbrachten sogar zehn oder
noch mehr Überstunden. Allerdings
wurden im Durchschnitt nur 6,1
Überstunden pro Woche auch be-
zahlt, das heißt: Jede vierte Über-
stunde blieb unbelohnt.
M
it der No-
velle
des
Arbe i tnehmer -
schutzgesetzes
ist seit 2013 klar-
gestellt, dass der
Arbeitsplatz nicht
nur auf die Vorbeugung von Arbeits-
unfällen und körperlichen Schäden
zu untersuchen ist, sondern auch
auf psychische Belastungen - eine
langjährige Forderung der AK. Letz-
tere können z. B. in der Arbeitsor-
ganisation begründet sein, etwa
in unklaren Anweisungen oder zu
vielen Sitzungen und Unterbre-
chungen durch Anrufe und eMails.
Nur die Briten
arbeiteten länger
Jeder Dritte liest
nachts Job-Mails
Viele unbezahlte
Überstunden
Gesetz schützt vor
zu großem Druck
Foto:picture-factory/Fotolia.com
Tempolimit.
Rund um die Uhr für den Chef erreichbar – das ist laut Schätzungen jeder dritte Beschäftigte.
Viele lesen sogar im Urlaub dienstliche eMails. Dabei machen Stress und Leistungsdruck nachweislich krank.
Foto:Barbara-MariaDamrau/Fotolia.com
BROSCHÜRE
Arbeitsrecht im Überblick
V
om Arbeitsvertrag über Urlaubs-
recht und Pflegefreistellung bis
hin zur Auflösung eines Arbeitsverhält-
nisses: Antworten auf die häufigsten
Fragen rund ums Arbeitsrecht finden
Sie in der AK Broschüre „Arbeitsrecht
griffbereit - Das Wichtigste im Über-
blick“. Sie ist auch in einer Leichter-
Lesen-Version erhältlich. Dafür wurden
die komplexen Sachverhalte in für Nicht-Juristen besser lesbare Texte
umgeschrieben und leichter verständlich erklärt. Die Broschüre gibts
zum Anfordern unter Telefon 0800/22 55 22 – 1431 oder als Down-
load unter
Foto: fotofreaks/Fotolia.com
Foto:YuriaArcurs/Fotolia.com
Foto:GinaSanders/Fotolia.com
Foto:granata68/Fotolia.com