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Anhang

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I: Noch ein paar Fragen zu den Rollen, die denn so bestehen. Was haben Sie denn so für Rollenvorstellungen

von Mutter und Vater innerhalb der Familie?

V: Ich sehe es so, dass die Mutter längere Zeit für die Kinder zuhause sein sollte. Wir sehen das auch beide

gleich. Wir sind nicht unbedingt der Meinung, jetzt bekommen wir schnell noch einmal ein Kind und dann

gehen wir wieder arbeiten und die Kinder bringen wir schon irgendwo unter. Sondern dass es schon so

lange und so gut es geht, sich die Frau die Zeit nehmen sollte, zuhause zu bleiben.

I: Aber sagen wir einmal, es würde diese finanzielle Restriktion nicht geben, was spräche denn dann dagegen,

dass die Mutter die ersten sechs, sieben Monate, so lange wie das Kind braucht, bis es abgestillt wird,

zuhause bleibt und danach der Mann die erste Variante nimmt und noch einmal 24 Monate dranhängt?

V: Würde für mich jetzt gar nichts dagegen sprechen. Ich finde, es ist egal ob Mutter oder Vater, wichtig ist es,

dass irgendjemand zuhause bleibt bei den Kindern.

I: Ach so, weil Sie das vorher anders formuliert hatten. Also es geht grundsätzlich darum, dass irgendjemand

zuhause ist, egal ob Mutter oder Vater?

V: Genau.

I: Es wäre also nicht geschlechtsspezifisch?

V: Nein, für mich nicht.

I: Gibt es irgendetwas, wo Sie das so sehen würden? Zum Beispiel auch in Bezug auf die Erwerbstätigkeit?

V: In den meisten Fällen, bei uns ist es auch so, ist es so, dass der Mann mehr verdient und auf das muss man

halt auch schauen. Damit erledigt sich meist auch die Überlegung, wer bleibt jetzt länger zuhause.

I: Aber das sind jetzt im Prinzip auch keine geschlechterspezifischen Kriterien. Wenn man das so

zusammenfassen kann, dass Sie sozusagen keinen Unterschied zwischen der Vater- und der Mutterrolle

machen, glauben Sie, dass es generell in der Gesellschaft schon gemacht wird?

V: Ja, das glaube ich schon. Ich habe das zum Beispiel hier in der Nachbarschaft gemerkt. Die meisten waren

schockiert, was ich da jetzt zuhause bin und was ich da tue. Angefangen von dem, dass Sie meinten, dass ich

keinen Job mehr habe, bis zu komisch, warum ist denn da der Mann so lange zuhause. Mag daran liegen,

dass wir in unserer Umgebung relativ ältere Leute haben. Die haben alle schon in den 70er Jahren gebaut,

demnach sind die alle schon 60 bis 70 Jahre alt. Wir sind die einzig jüngeren Leute mit Kindern. Und da

merkt man schon, dass das früher alles sehr stark geprägt war, dass die Frau zuhause ist und der Mann soll

in der Früh zum Job gehen und in der Nacht wieder heimkommen.

I: Und wie reagieren Sie darauf?

V: Wenn man es Ihnen dann sagt, dann sind Sie eh der Meinung, dass das gut ist, dass sich das ein bisschen

verändert hat und dass dadurch die Väter auch mehr Zeit mit den Kindern verbringen und mehr zuhause

sind. Das sehen sie dann schon positiv. Aber am Anfang finden sie es komisch.

I: Und wie ist das für Sie?

V: Ich habe da kein Problem damit.

I: Aber man hat quasi Pionierarbeit, muss alle aufklären?

V: Das ist, glaube ich, in der Gesellschaft noch nicht so angekommen, dass es normal ist, dass der Vater für

längere Zeit einmal zuhause bei den Kindern bleibt.