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Anhang

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M: Wenn ich jetzt gefragt werde, dann denke ich mir: Ja mei, der hat ja keinen Tau! Der weiß nicht, was da

abgeht so im Laufe eines ganzen Tages.

I: Glauben Sie nicht, dass Sie auch angegriffen würden, wenn Sie arbeiten gehen würden?

M: Genau. Und genau das Umgekehrte ist, wenn du arbeiten gehst. Dann gibt es die, die sagen, das ist eine

Rabenmama, die lässt die Kinder allein und die gehen dann schon mit einem Schnupfen in die Schule und

stecken die anderen an, weil die Mutter nicht daheim ist, weil sie nicht auf die Kinder schauen kann.

I: Also wie man es macht als Mutter, ist es falsch?

M: Das stimmt, wie man es macht, ist es falsch. Und du musst echt wirklich oft Dinge so rechtfertigen, warum

(zögert)…

I: Und warum glauben Sie, dass man da so angegriffen wird als Mutter? Weil es sind ja nicht nur Männer,

sondern auch Mütter?

M: Na, es sind auch Mütter, ja oft.

I: Wie erklären Sie sich das?

M: Witziger Weise kommt das mehr von Frauen, die Frage. Von Männern kommt das gar nicht so oft. Das ist

interessant. Ja erstens glaube ich, dass die Frauen da reflektieren, was sie selber machen, wie sie jetzt ihr

Leben da gestalten und dann fragt man halt andere, wie sie das…der Vorwurf, da weiß ich jetzt nicht, ob ich

das nicht manchmal hineininterpretiere, das kann ja auch sein, dass ich das (zögert) ein bisschen zu ernst

nehme. Aber ich glaube schon auch, weil das einfach erstens jetzt im Wandel ist, was man als Frau, das hat

schon, die Wandlung mit dem Frauenbild, dass das mit herein spielt.

I: Spielt da Neid eine Rolle? Kann Neid eine Rolle spielen irgendwo?

M: (Zögert lange) Neid? Neid? Wieso Neid?

I: Ja, so nach dem Motto, die kann es sich leisten, daheim zu bleiben, zum Beispiel?

M: Ja (zögert), ja, das kann schon (lacht). Neid, an Neid habe ich jetzt noch gar nicht gedacht, sondern eher, es

kommt darauf an, wie du reagierst. Weil jetzt, ich weiß, ich habe mich für das jetzt bewusst entschieden

und für mich und meine Familie ist das jetzt richtig, es ist das Beste. Und für jemanden anderen, eine

andere Person kann es genau anders richtig sein. Mir kommt vor, je mehr ich so argumentiere und sage, ah

du hast es so und das akzeptiere ich und toleriere ich und das finde ich auch gut, weil es gibt einfach so viele

verschiedene Lebensentwürfe. Und ja, ich meine, mir kommt vor, der Neid ist eher dadurch, nicht dass sie

sich das leisten kann, sondern wie die eigene Zufriedenheit ist, glaube ich. Und wenn ich mit meinem Leben

nicht zufrieden bin, ja dann werde ich neidig und denke mir, ja die, die bleibt daheim. Und wenn ich es nicht

so machen kann, wie ich es gerne machen würde.

I: Also Sie würden sagen, wenn jemand so, wie er sich entschieden hat, zufrieden ist, dann hat er gar keinen

Grund, einen anderen anzugreifen?

M: Ja, dann, dann kann man interessiert sein, so quasi, ah so, so macht ihr das und dann ist das für jeden ok.

Aber wenn ich nicht zufrieden bin, dann…und genau, ich fühle mich, je älter ich werde, wie ich gesagt habe,

kann ich damit eher, also dass ich weiß, ok, jetzt bin ich die Zeit daheim und schaue, dass es daheim gut

lauft und danach gehe ich wieder arbeiten. Also ich habe nie das Ziel verloren, dass ich das auch nicht

wieder tun kann. Auch wenn ich weiß, ich bin dann vielleicht älter, aber ich weiß, ich finde irgendetwas.

Hoffe ich zumindest (lacht).