Tiroler Arbeiterzeitung - page 11

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Nr. 42, Juli | August 2012
Da läuft etwas schief.
Essen, Wohnen und Verkehr werden immer teurer. In vielen Preisen
ist ein Österreich-Aufschlag, in manchen gar ein zusätzlicher West-Zuschlag enthalten.
Österreich
immer teurer!
D
as Leben ist teuer: Essen, Woh-
nen, Verkehr - die Preise sind
explodiert. Gas und Strom
sind zu teuer. Für Sprit zahlen Autofah-
rer viel mehr als noch vor zwei Jahren.
Überdies heißt es beim Essen für Öster-
reicher mehr zahlen als für Deutsche.
Besonders alarmierend: Das gilt für ein-
und dasselbe Lebensmittel. Das zeigen
AK Preistests.
Preise gestiegen.
Die Ver-
braucherpreise sind in Österreich 2011
um 3,6 % angestiegen, in Deutschland
um 2,5 %. Auch im Durchschnitt der
ersten vier Monate des laufenden Jah-
res stiegen bei uns die Preise stärker
als in Deutschland. Im Jahr 2011 war
der Preisanstieg Österreich der viert-
höchste im Euro-Raum. Vor allem bei
Nahrungsmitteln, Mieten und etwa Au-
toreparaturen war die Preistreiberei bei
uns stärker. Eine WIFO-Studie kommt
zu dem Schluss: Es gibt in einigen Be-
reichen auch einen durch die internatio-
nale Preisentwicklung nicht erklärbaren
„Österreich-Anteil“.
Preise über EU-Schnitt.
„Es
ist nicht nachvollziehbar, warum viele
Preise bei uns stärker steigen als im EU-
Schnitt. Für mich bedeutet das, dass
es einen hausgemachten Anteil dabei
gibt“, sagt AK Präsident Erwin Zangerl,
„da müssen einige Große ganz gewaltig
mitschneiden, anders sind diese unge-
rechtfertigten Aufschläge nicht zu erklä-
ren.“ Die hohen Preise machen vielen
von uns das Leben kaum leistbar.
Von niedrigeren Einkommen wird
mehr als die Hälfte nur fürs Leben
benötigt. Wer monatlich bis zu 1.866
Euro verdient, gibt mehr als die Hälf-
te seiner Ausgaben alleine für Essen,
Wohnen, Energie und Verkehr aus. Es
muss endlich die Notbremse gezogen
werden. Den Preisexplosionen muss auf
den Grund gegangen werden. Die AK
erhofft sich vom nun endlich im Mini-
sterrat beschlossenen Wettbewerbspaket
fairere Preise.
Strengere Kontrollen.
Die
Konsumenten dürfen nicht mehr län-
ger hingehalten werden. Die Behörden
haben künftig mehr Rechte, die müssen
sie auch nutzen. Sie müssen strenger
kontrollieren und auch hart abstrafen.
Die AK wird auch weiterhin die Preis-
entwicklungen kontrollieren. Auf EU-
Ebene verlangt die AK: Den preistrei-
benden Spekulanten muss ein Riegel
vorgeschoben werden. Der Treibstoff-
markt und die Rotterdamer-Preisbil-
dung müssen geprüft werden.
<<
Preisexplosion.
Das teure Leben
können sich viele Haushalte nicht
mehr leisten.
J
etzt haben wir es auch schwarz auf
weiß. In Österreich lebt man deutlich
teurer als in den meisten Nachbarlän-
dern, nur im Nicht-EU-Land Schweiz sind
die Lebenshaltungskosten deutlich höher
als hierzulande. In Österreich kostet ein
Einkauf um rund 7 % mehr als man für
den gleichen Warenkorb im Durchschnitt
der EU-27 bezahlen müsste, hat die EU-
Statistikbehörde Eurostat berechnet. Deutschland und Italien sind mit
103 % des EU-Durchschnitts etwas billiger als Österreich. Dänemark ist
mit einem Preisniveau von 142 % das teuerste Pflaster in der EU.
Teure Heimat
jetzt auch amtlich
T
reibstoff und Heizöl sind im Westen
Österreichs am teuersten: Zwischen
drei und vier Cent ist Tirol über dem Bun-
desschnitt, zum billigsten Bundesland
gar fünf Cent. AK Präsident Erwin Zan-
gerl: „Die Rekordpreise bei Treibstoffen
und Heizöl in Tirol sind durch nichts zu
rechtfertigen. Bei diesem offensichtlichen
West-Aufschlag muss die Wettbewerbs-
behörde tätig werden. Noch vor zwei Jahren war eine Tankfüllung um
10 Euro billiger als heute! Innerhalb Tirols bleibt Osttirol der günstigste
Bezirk, am teuersten sind das Oberland und Außerfern.
Schluss mit
Tirol-Zuschlag
Treibstoffmarkt prüfen.
Die Bun-
deswettbewerbsbehörde
muss
den Treibstoffmarkt genauer unter
die Lupe nehmen und die EU Kom-
mission muss die Preisbildung der
Ölmultis durchleuchten.
GleichesPendlergeld für alle.
Statt
Pendlerpauschale soll es unabhän-
gig vom Gehalt und Verkehrsmittel
ein kilometerabhängiges Pendler-
geld als Steuer-Absetzbetrag ge-
ben, damit Bezieher von unteren
und mittleren Einkommen davon
profitieren.
Teuerung bekämpfen.
Nicht nur
die Strom- und Gaslieferanten,
sondern auch der Handel und die
Mineralölkonzerne müssen bewei-
sen, dass ihre Preise nicht zu hoch
sind.
Spekulationen bekämpfen.
Die EU
Kommission muss preistreibende
Spekulationen auf Rohstoffe und
Lebensmittel unterbinden
Mieter entlasten.
Im Mietrecht
müssen klare Obergrenzen für
private Mieten gesetzt werden.
Vermieter sollten Hausverwal-
tungs- wie Versicherungskosten
und die Grundsteuer nicht mehr
als Betriebskosten auf die Mieter
abwälzen dürfen.
Foto:StefanBalk/Fotolia.de
Foto: JamesPeragine/Fotolia.de
Das fordert die AK
WUSSTEN SIE 1
Wussten SIE 2
WUSSTEN SIE 3
Niedrige
Einkommen
Energiepreise
explodiert
Wohnen wird
zum Luxus
W
ussten Sie, dass von nied-
rigeren Einkommen fast
die Hälfte nur fürs Leben benö-
tigt wird? Wer monatlich bis zu
1.866 Euro brutto verdient, gibt
im Schnitt 43 % alleine für Es-
sen, Wohnen und Energie aus.
W
ussten Sie, dass die Öl-
multis auf Kosten der
Autofahrer
Rekordgewinne
machen? Der Gewinn von Ex-
xonMobil, dem größten Erdölun-
ternehmen der Welt, ist letztes
Jahr um 35 % gewachsen, Shell
hat sogar um 54 % mehr Ge-
winn gemacht.
Wussten Sie, dass eine Sprit-
Preiserhöhung von nur einem
Cent pro Liter alle Autofahrer
in Österreich mit rund 300.000
Euro am Tag belastet?
Wussten Sie, dass die Gas-
und Strompreise explodiert
sind, die Energieunternehmen
ihre Preisvorteile aber kaum an
die Kunden weitergeben? Für
Heizen mit Gas musste man die-
sen Winter um bis zu 150 Euro
mehr ausgeben als noch im letz-
ten Jahr.
W
ussten Sie, dass Wohnen
immer mehr zum Luxus
wird? Die Mieten sind inner-
halb von zehn Jahren um 34,5
% gestiegen. Das ist nochmals
um zwei Drittel mehr als die
allgemeine Teuerung. Die AK
verlangt, die Mieten von der In-
flation zu entkoppeln, eine klare
Mietenbegrenzung bei privaten
Mieten und dass nicht alle Ko-
sten den Mietern angerechnet
werden sollen. Außerdem ge-
hören die Kosten für die Verge-
bührung abgeschafft und die Ko-
sten für Mietverträge begrenzt.
Österreich-
Aufschlag
Für
fairere Preise
Fakten.
Der allgemeine Preisanstieg im
Land war der vierthöchste im Euroraum.
Extrem.
Rund 70 Euro pro Monat betragen die
Mehrkosten für Wohnen, Energie & Essen.
D
ie Preise für viele Lebens-
mittel, für Körper-Pflege-
produkte, Mieten, Autore-
paraturen sind bei uns viel stärker
gestiegen als im Euroraum. Das be-
legt eine WIFO-Studie. Nahrungs-
mittel: Speiseöl: Euroraum 4,5 % -
Österreich 10,5 %. Brot: Euroraum
2,5 % - Österreich 3,3 %. Milch/
Käse/Eier: Euroraum 3 % - Öster-
reich 5,2 %. Fleisch: Euroraum 2,4
% - Österreich 2,9 %. Obst: Euro-
raum 2,7 % - Österreich 12,8 %.
Kaffee: Euroraum 10,4 % - Österrei-
ch 18,1 %. Körperpflege-Produkte:
Euroraum 0,8 % - Österreich 2,2 %.
Autoreparaturen: Euroraum 2,7 % -
Österreich 4,3 %. Mieten: Euroraum
1,4 % - Österreich 3,3 %.
Bei verschiedenen Nahrungsmit-
teln können nach den WIFO-Berech-
nungen die Preiserhöhungen nicht
über internationale Entwicklungen
erklärt werden, etwa Obst, Gemüse,
Zucker, Kaffee Milch, Käse, Eier. Bei
Brot/Mehlwaren und Fleisch befin-
det sich Österreich sogar an der Spit-
ze des Euro-Raumes-17.
<<
D
Die AK setzt sich für fairere
und vor allem transparentere
Preise ein. Das vom Minister-
rat beschlossene sogenannte „Wett-
bewerbspaket“ ist ein erster wichtiger
Schritt dazu. Die AK verlangt, dass die
Behörden wirklich kontrollieren und
strenger strafen. Auch die AK wird
weiter am Ball bleiben und die Preise
prüfen. Zum Paket gehört ein gesetz-
lich verankertes Wettbewerbsmonito-
ring. Damit hat künftig die Behörde
ein zusätzliches Instrument bei der
Bekämpfung überhöhter Preise in der
Hand, vor allem dort, wo sich einige
Wenige den Markt aufteilen.
AK will mehr.
Eine Beweislast­
umkehr in hochkonzentrierten Bra-
chen ist notwendig. Laut Gesetzes-
entwurf zum Kartellrecht müssen die
Strom- und Gaslieferanten nunmehr
beweisen, dass ihre Preise nicht zu
hoch sind. Die AK verlangt, dass die
Beweislastumkehr auch für andere
hochkonzentrierte Branchen wie den
Handel und die Mineralölkonzerne
geprüft werden soll.
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THEMA:
Leben & Lohn
Foto:GinaSanders/Fotolia.de
Foto:MarkusBormann/Fotolia.de
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