Tiroler Arbeiterzeitung - page 8

8
THEMA:
RECHT & SERVICE
Nr. 64, Juni 2014
Eine miese Methode:
Krank und gekündigt
Bitter.
In Österreich dürfen Arbeitnehmer – übrigens ganz legal – auch während des
Krankenstandes gekündigt werden. Einzuhalten sind jedoch Kündigungsfristen und -termine.
M
oralisch mehr als be-
denklich, ist sie rechtlich
leider möglich: Die Kün-
digung im Krankenstand. Und der
Handwerker Bernd kann davon ein
Lied singen. In seinem Weihnachts-
urlaub bekam er starke Schmerzen
im Knie. Er rief seinen Chef an und
teilte ihm mit, dass er seinen Dienst
am Montag nicht antreten könne,
weil er zum Arzt müsse. Bernd be-
fürchtete eine Knieoperation. Der
Chef wollte am Montag alles be-
sprechen. Bernd erhielt schriftlich
die Kündigung zum Ende des Mo-
nats, dann sollte auch die Entgelt-
fortzahlung enden.
Enttäuscht und auch verunsi-
chert meldete sich der Handwerker
bei der AK in Reutte. Die Exper-
tin nahm sich sofort seines Falles
an und konnte helfen. Zwar ist die
Kündigung im Krankenstand leider
möglich - sogar bei einem Arbeits-
unfall, aber zumindest sind Kündi-
gungstermin und -frist einzuhalten.
Und es greift die sogenannte Ent-
geltfortzahlung.
Weiterbezahlung.
Gerade
bei einer längeren Erkrankung oder
einem Unfall ist es wichtig, dass der
Lebensunterhalt des Arbeitnehmers
gesichert ist. Dieses Entgelt ist je-
doch nicht nur Lohn und Gehalt.
Auch regelmäßige Überstunden
oder Zulagen, im Durchschnitt ge-
rechnet, gehören dazu. Wie lange
bezahlt werden muss, hängt von der
Dauer der Betriebszugehörigkeit ab.
Zunächst hat jeder Beschäftigte, egal
ob Arbeiter oder Angestellter, bei
Krankheit oder Unglücksfall, An-
spruch auf volle Lohnfortzahlung
für sechs Wochen. Nach mehr als 5
Dienst- bzw. Arbeitsjahren erhöht
sich die Dauer. Später gibts für vier
Wochen den halben Lohn, danach
Krankengeld (siehe unten links).
Bei Arbeitsunfällen und Berufs-
krankheiten gelten eigene und un-
terschiedliche Regelungen für Arbei-
ter und Angestellte.
Das Resultat für Bernd: Er erhielt
die volle Entgeltfortzahlung für 10
Wochen, 100 Überstunden und
12,5 Urlaubstage ausbezahlt, insge-
samt mehr als 6.000 Euro.
Was bleibt, ist seine Enttäuschung
über den Chef, der ihn so schnell
abserviert hat. Aber Glück im Un-
glück, inzwischen hat Bernd seine
Knieoperation hinter sich und auch
wieder eine neue Arbeitsstelle gefun-
den.
Kündigungsschutz.
Die
Arbeiterkammer fordert einen Kün-
digungsschutz im Krankenstand
und die Wiedereinrichtung des
Entgeltfortzahlungsfonds, der im
Jahr 2000 abgeschafft wurde. Dieser
Fonds hat den Firmen das für er-
krankte Arbeiter fortgezahlte Entgelt
wieder rückerstattet.
<<
Im Krankenstand.
Bernd musste sich einer Operation unterziehen und wurde gekündi-
gt. Mit Hilfe der AK erhielt er sämtliche Ansprüche, und er fand eine neue Stelle.
322.420 Mal Hilfe
für AK Mitglieder
Bilanz.
Rund 1.300 Beschäftigte suchen pro Tag Rat und Recht bei den AK Experten.
Die Hälfte aller persönlichen Kontakte fand in einer der acht Bezirkskammern statt.
M
ehr als 322.000 Beratungen
wurden 2013 durchgeführt
und mehr als 14 Millionen
Euro für Mitglieder erkämpft. Diese
Zahlen gab AK Direktor Mag. Ger-
hard Pirchner im Rahmen des Rech-
nungsabschlusses für das abgelaufene
Jahr bekannt, der einstimmig von
der AK Vollversammlung beschlossen
wurde.
1.300 Kontakte täglich.
Von den 322.420 Beratungen fanden
76.920 im persönlichen Gespräch in
der AK Tirol in Innsbruck oder in
einer der acht Bezirkskammern statt,
weitere 232.910 telefonisch und
12.590 schriftlich. Im Schnitt wand-
ten sich somit pro Tag rund 1.300
Mitglieder an ihre Tiroler Arbeiter-
kammer! Und dabei ging es den 140
AK Experten stets darum, sich für
mehr Gerechtigkeit einzusetzen und
den Beschäftigten mit Rat und Recht
zur Seite zu stehen. Egal, ob sie sich
mit Anliegen und Problemen im Ar-
beits-, Sozial-, Konsumenten-, Wohn-
oder Steuerrecht an sie wandten, oder
mit Bildungs- und Jugendfragen. Da-
neben verzeichnete das Web-Portal
der AK Tirol mehr als eine Million
Anfragen und Zugriffe.
Offensive.
Als wahres Erfolgsmo-
dell bewährt sich auch der Ausbau der
AK Bezirkskammern zu Dienstleis­
tungszentren: Denn mit zusätzlichen
Mitarbeitern kann den Beschäftigten
dort noch schneller geholfen werden,
was sich auch in der Statistik wider-
spiegelt. Dank der 2013 noch inten-
sivierten
Regionalisierungsoffensive
fanden bereits 50 % aller persönlichen
Kontakte in einer der acht Bezirks-
kammern in Imst, Kitzbühel, Kufstein,
Landeck, Lienz, Reutte, Schwaz und
Telfs statt. Parallel dazu wurde der lau-
fende Kontakt zu den Betriebsräten in
Kooperation mit den Gewerkschaften
verstärkt und ausgebaut.
Kein Wunder, dass die AK Tirol das
höchste Vertrauen und die größte Kom-
petenz in der Bevölkerung genießt.
Grundlagenarbeit.
Um im
Interesse der Arbeitnehmer und ihrer
Familien auf aktuelle Entwicklungen
fundiert reagieren zu können, legte
die AK Tirol 2013 einen Schwerpunkt
auf das Verstärken der Grundlagenar-
beit, etwa mit den Studien „Leistbarer
Wohnraum in Tirol“, „Arbeitsbedin-
gungen und Arbeitsbelastungen in den
Gesundheitsberufen“ oder „Nachhilfe
in Tirol“ sowie dem laufenden Bil-
dungsatlas. Außerdem wurden Gutach-
ten zum Gleichbehandlungsgesetz oder
zu den Laden-Öffnungszeiten erstellt.
Rechnungsabschluss.
Die
Gesamteinnahmen der AK Tirol be-
trugen 2013 rund 36 Millionen Euro.
Der größte Teil der Mittel wurde er-
neut für die direkte und umfassende
Betreuung der Mitglieder in Arbeits-
und Sozialrechtsberatung, Konsumen-
tenberatung sowie Bildung aufgewen-
det. Zudem wurden rund 14,2 Mio.
Euro für die Mitglieder erkämpft.
Nicht eingerechnet sind weitere hun-
derte Millionen Euro, die sich die AK
Mitglieder durch vorbeugende Bera-
tung, rechtzeitige Intervention sowie
wichtige rechtliche und steuerliche
Hinweise durch die rund 140 AK Ex-
perten erspart haben.
<<
Im Einsatz.
140 Experten verhelfen den Mitgliedern in der AK Tirol zu ihrem
Recht. 2013 erkämpften sie 14,2 Mio. Euro. Mehr auf
Foto:Wodicka
Mehr Schutz
für Florianijünger
Geld bei
Krankheit
O
b Brände, Unfälle oder Na-
turkatastrophen: Im Einsatz
leisten die Mitglieder von Tiro-
ls Freiwilligen Feuerwehren oft
schier Übermenschliches. Und
dennoch steht ihnen arbeitsrecht-
lich keine Entgeltfortzahlung für
Einsatzzeiten zu. Deshalb fordert
die AK Tirol Änderungen in Lan-
des-Feuerwehrgesetz und Tiroler
Katastrophenmanagementge-
setz, damit Arbeitnehmer für die
Einsatzzeit den vollen Lohnkosten-
ersatz auch tatsächlich erhalten,
da die meisten Arbeitnehmer bei
ihren Einsätzen Urlaub oder Zeit-
ausgleich nehmen, und daher kei-
ne echten Lohnverluste erleiden,
die von den Gemeinden ersetzt
werden müssen. Die meisten Mit-
glieder der Freiwilligen Feuerweh-
ren sind berufstätig, wobei ihnen
für die Einsatzzeit arbeitsrechtlich
kein Entgeltfortzahlungsanspruch
gegenüber ihren Arbeitgebern zu-
steht. Aber auch die bisherige Ent-
schädigungsregelung des § 28
Landes-Feuerwehrgesetz 2001
(LFG) geht an der Lebenswirklich-
keit vorbei. Deshalb fordert die
AK Tirol eine Neuregelung der
entsprechenden Bestimmungen
in LFG und Tiroler Katastrophen-
managementgesetz. „Schließlich
ist es absolut nicht gerechtfertigt,
dass Mitglieder der Freiwilligen
Feuerwehren für ihre ehren-
amtlichen Dienste sogar noch
Vermögensnachteile hinnehmen
müssen“, kritisiert AK Präsident
Erwin Zangerl. Die AK fordert das
Land auf, dass Arbeitgebern für
die Einsatzzeit, die ihre Mitarbei-
ter während der vereinbarten Ar-
beitszeit leisten, ein Anspruch auf
vollen Lohnkostenersatz zusteht.
Die Mitarbeiter müssen dann da-
für nicht mehr ihren Urlaub oder
Zeitausgleich verwenden.
G
erade bei einer längeren Er-
krankung oder einem Unfall
ist es wichtig, dass der Lebens-
unterhalt des Arbeitnehmers ge-
sichert ist – das nennt sich Ent-
geltfortzahlung. Dieses Entgelt ist
jedoch nicht nur Lohn und Gehalt.
Auch regelmäßige Überstunden
oder Zulagen, im Durchschnitt ge-
rechnet, gehören dazu. Wie lange
bezahlt werden muss, hängt von
der Dauer der Betriebszugehörig-
keit ab und ist bei Arbeitern und
Angestellten verschieden. Zu-
nächst muss die Firma das Ent-
gelt voll zahlen, später zur Hälfte.
Bei der Hälftezahlung und danach
gibt es Krankengeld der TGKK.
Mehr Infos dazu finden Sie in der
Broschüre
„Entgeltfortzahlung“
.
AK Mitglieder können sie kosten-
los anfordern unter 0800/22
55 22 – 1432 oder herunterla-
den auf
freiwillige feuerwehr
BROSCHÜRE
Foto: rangizz/Fotolia.com
Bei Fragen zum Thema
Kündigung sowie Entgelt-
fortzahlung stehen die
Arbeitsrechtsexperten unter
der AK Hotline 0800-22
55 22/1414 gerne zur
Verfügung.
!
Foto:picasa/Fotolia.com
1,2,3,4,5,6,7 9,10,11,12
Powered by FlippingBook