Tiroler Arbeiterzeitung - page 9

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THEMA:
ARBEIT & RECHT
Nr. 64, Juni 2014
D
ie Regelung ist ja ganz klar:
Seit März 2011 muss in Stel-
lenanzeigen von Privatunter-
nehmen und Bund angeführt sein, wie
viel man im Beruf mindestens verdie-
nen kann – sogar als geringfügig be-
schäftigte Aushilfe. Und auch das Land
hat eine gesetzliche Regelung erlassen,
wonach die Landes- und Gemeinde-
stellen gehaltstransparent ausgeschrie-
ben werden müssen.
Doch die Meldemoral der Betriebe
sinkt weiter: Im Februar und März
2014 hat die AK Tirol die Stellenanzei-
gen in der Tiroler Tageszeitung (Sams-
tagsausgabe), basics und den Tiroler
Bezirksblättern analysiert. Insgesamt
5.885 Stellenanzeigen wurden kon-
trolliert, davon enthielten nur 2.694
Inserate eine Gehaltsangabe, bei 3.191
fehlte diese. Das ergibt eine „Krimina-
litätsquote“ von 54,2 %! (Im Jahr 2013
lag diese Quote noch bei 48,73 %).
Gehaltsangaben.
Am korrektes-
ten arbeiteten Personalvermittler mit
einer Quote von 91,28 % und Groß-
betriebe (64,78%). Land und Ge-
meinden folgten mit 54,01 %, Bund
und Universitäten mit 44,18 %. Am
mangelhaftesten waren die Angaben
bei Klein- und Mittelbetrieben mit
38,56 %.
Mit der Verpflichtung zur Gehalts-
angabe in Stellenanzeigen können
offenbar nur Personalberatungs- und
Arbeitskräfteüberlassungsfirmen pro-
fessional umgehen. Erschreckend ist,
dass auch bei Großbetrieben, die ja
meistens über eigene Personalabtei-
lungen verfügen, derart oft das Gesetz
verletzt wird, und bei diesen die Ten-
denz sogar stark nach oben geht. Denn
letztes Jahr wiesen immerhin 91,16 %
der Stellenanzeigen von Großbetrie-
ben eine Gehaltsangabe auf. Und die
Klein- und Mittelbetriebe haben sogar
geschafft, den ohnehin schlechten Aus-
gangswert von 44,11 % vom letzten
Jahr sogar nochmals zu unterbieten:
Heuer sind es nur mehr 38,56 %.
Festzustellen ist, dass derzeit in im-
mer mehr Inseraten nur allgemein
darauf hingewiesen wird, dass der
kollektivvertragliche Mindestlohn be-
zahlt wird. Tatsächlich wäre aber zur
Orientierung das Mindestentgelt in
der betragsmäßigen Höhe anzugeben,
das unterschiedlich geregelt sein kann,
etwa durch Kollektivvertrag, Gesetz,
Satzung oder Mindestlohntarif. Wenn
Arbeitgeber bei der Ausschreibung wis-
sen, dass z. B. Zulagen zustehen, sind
diese ebenfalls anzuführen.
AK Präsident Erwin Zangerl: „So
kann es nicht weitergehen. Was ist ein
Gesetz wert, wenn es nicht geahndet
wird. Wir verlangen, dass neben Stel-
lenbewerbern und Gleichbehandlungs-
anwaltschaft auch der AK und dem
ÖGB das Recht eingeräumt werden,
Übertretungen bei der Bezirkshaupt-
mannschaft anzeigen zu können. Das
wäre das wirksamste Instrument für
mehr Gehaltstransparenz.“
<<
Inserate.
Obwohl bei Verstößen Strafen drohen, enthält nicht einmal jede zweite Stellenanzeige
in Tiroler Medien die gesetzlich vorgeschriebenen Gehaltsangaben. Sanktionen fehlen.
Schlechte Meldemoral
bei
Stellenanzeigen in Tirol
I
m Frühsommer ist die Hochsaison
für Trauungen. Der schönste Tag im
Leben muss entsprechend vorbereitet
werden, aber auch die Frage geklärt, wie
lange man dafür frei bekommt, und ob
in dieser Zeit das Entgelt weiterbezahlt
wird.
Persönliche Gründe.
Dienst-
verhinderungen aus wichtigen persön-
lichen Gründen sind etwa familiäre
Pflichten (Hochzeit, Begräbnis, Pflege
erkrankter Angehöriger), öffentliche
Pflichten, wie Vorladungen vor Ämtern
und Gerichten, oder Elementarereig-
nisse, wie Hochwasser oder Stürme.
Viele Kollektivverträge (KV) sehen
pauschalierte Zeiten vor, z. B. drei Tage
für die eigene Hochzeit gemäß KV für
Handelsangestellte. Die Regeln für An-
gestellte und Arbeiter sind zum Teil un-
terschiedlich. Bei Angestellten gilt: Sie
haben Anspruch auf Freistellung und
Bezahlung, wenn Sie durch wichtige,
ihre Person betreffende Gründe ohne
Ihr Verschulden für verhältnismäßig
kurze Zeit verhindert sind, Ihre Arbeit
zu leisten. Eine ausdrückliche Ober-
grenze für die Dauer der Verhinderung
ist nicht festgesetzt. Man geht aber da-
von aus, dass die Entgeltfortzahlung für
Angestellte maximal eine Woche pro
tatsächlichem Verhinderungsfall dauern
kann. Die Bestimmung ist zwingend.
Auch Arbeiter haben Anspruch auf
Freistellung im Falle einer Dienstverhin-
derung. Die gesetzliche Bestimmung ist
jedoch nicht zwingend. Fast alle Arbei-
ter-KVs erhalten daher einschränken-
de Regelungen, indem nur bestimmte
Gründe genannt werden, die eine be-
zahlte Freistellung nur in beschränkter
Dauer erlauben. Ist dann ein Dienstver-
hinderungsgrund nicht genannt, steht
für diesen auch keine Entgeltfortzah-
lung zu.
<<
Frei für
gewisse Anlässe
Dienstverhinderung.
Wo sie zur Anwendung kommt und
welche Unterschiede es bei Angestellten und Arbeitern gibt.
Ja, ich will.
Für Ihre Hochzeit bekom-
men Sie vom Dienstgeber frei.
Was verdiene ich?
„Lust auf etwas Besonderes“ sagt gar nichts darüber aus, was man bei dieser Arbeit verdient. Das wird
in mehr als der Hälfte der Stellenanzeigen in Tirol verschwiegen. Etwa weil die Bezahlung so schlecht ist?
U
nter gehaltskompass.at des AMS finden Sie Ver-
gleichswerte zu den Gehältern von fast 1.800
Berufen, die den durchschnittlichen Brutto-Einstiegs-Gehältern entsprechen. Datengrundlage sind die Kollek-
tivverträge. Diese werden um Informationen aus ande-
ren Quellen ergänzt. Sie erfahren dort auch, wie hoch
das durchschnittliche Einkommen in Ihrem Bundesland
ist, verglichen mit dem österreichischen Durchschnitt.
S
chwarzen Schafen, also jenen, die gegen das Gebot
der „diskriminierungsfreien Stellenausschreibung“
verstoßen, drohen seit Jänner 2013 Sanktionen: Nach
einer ersten Mahnung wären für „Wiederholungstäter“
Verwaltungsstrafen von bis zu 360 Euro vorgesehen.
Doch die Realität zeigt ein ganz anderes Bild: Viele Stel-
lenanzeigen enthalten keine Gehaltsangaben – eine ein-
deutig gesetzwidrige Praxis, die kaum geahndet wird.
Gesetzwidrige Praxis
Vergleichen zahlt sich aus
EINSTIMMIGE RESOLUTION
Für generelles
Bestbieterprinzip
D
ie Tiroler AK Vollversamm-
lung hat einstimmig eine Re-
solution für ein Bestbieterprinzip
für öffentliche Aufträge in Tirol
beschlossen. AK Präsident Erwin
Zangerl: „Ein Bestbieterprinzip
ist hier überfällig! Nur so wird
den heimischen Betrieben ein
fairer Wettbewerb ermöglicht.
Das sichert Arbeitsplätze und
Steuern.“
Kriterienkatalog.
Seit Jah-
ren ist es der AK Tirol ein Anlie-
gen, Betrieben zum Bestbieter-
prinzip zu verhelfen und damit
die heimischen Arbeitsplätze zu
sichern. Umso seltsamer, dass
der Tiroler Landtag schon 2009
einen Antrag für das Bestbie-
terprinzip bei Verwendung von
heimischen Produkten in öffentli-
chen Einrichtungen beschlossen
hat. Der wesentlich größere Nut-
zerkreis im Bauhaupt- und Bau-
nebengewerbe mit Handwerks-,
Gewerbe- und Industriebetrieben
unterliegt aber nach wie vor dem
Billigstbieterprinzip und kommt
daher unter immer größeren
Druck. Zangerl: „Dieses zeit-
gemäße Bestbieterprinzip nur
auf den bäuerlichen Bereich zu
beschränken und den gesamt-
en Handwerks-, Gewerbe- und
Industriebereich auszugrenzen,
zeugt von geringer politischer
Weitsicht in Bezug auf den Ar-
beitsplatzstandort Tirol. Deshalb
wurden in der AK Resolution
auch beispielhaft Vorschläge für
einen Kriterienkatalog aufgeli-
stet die künftig gelten sollten.
Etwa: Anzahl der auszubildenden
Personen, Beschäftigung älterer
Dienstnehmer, auftragsgemäße
Begrenzung von Leasingarbeit-
nehmern; Qualifikation der Mit-
arbeiter, ökologische Kriterien
wie z. B. weite Transportwege;
Beschränkung der Subvergabe
und vorherige Bekanntgabe.
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AK Umfrage: JUNG UND ARBEITSWILLIG
„Was bietet mir Osttirol?“
O
sttirol, Südtiroler Pustertal und Oberes
Belluno sind Teile einer Bergregion, die von
der Umwelt her zwar viele Vorteile bietet, für die
Bevölkerung aber auch strukturelle Nachteile
mit sich bringt. Und gerade Junge finden dort
immer schwerer Arbeit.
Wie aber sehen junge Osttiroler sich selbst?
Wie beurteilen sie ihre Chancen auf einen Ar-
beitsplatz in der Heimat, wie die Infrastruktur?
Fragen wie diese stehen im Mittelpunkt des Interreg-Projekts
„Jugend,
Arbeit, Berge – Giovani e montagna, quale lavoro?“
von AK Tirol, Südtiro-
ler Pustertal und Oberem Belluno, das über den „Dolomiti Live“-Kleinprojekt-
fonds des Interreg-Rates finanziert wird. Unter dem Titel
„Jung, gebildet
und arbeitswillig: Was bietet mir Osttirol?“
führt die AK Tirol dazu eine
Untersuchung durch. Alle 18- bis 34Jährigen, die in Osttirol wohnen, sind
herzlich eingeladen, einen Online-Fragebogen auszufüllen. Unter allen Teil-
nehmern werden 5 mal 2 Karten für das Open-Air von
Jennifer Rostock am 4. Juli auf der Festung Kufstein
verlost. Rechtsweg ausgeschlossen. Keine Barablöse
möglich. Den Link zum Fragebogen gibts auf
tirol.com, zu finden auch mit dem QR-Code. Alle Antwor-
ten werden anonym verwendet.
Foto:pressmaster/Fotolia.com
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