Tiroler Arbeiterzeitung - page 10

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THEMA:
POSITIONEN
Reichtum
noch ungleicher verteilt
Nachgerechnet.
In Österreich gibt es 82.300 Millionäre, die ihr Vermögen in einem Jahr um 7 % vergrößert haben.
D
er Druck, dass die Reichen
in unserem Land auch einen
fairen Steuer-Beitrag leisten,
steigt. Alle Erhebungen beweisen,
dass große Vermögen rasant wachsen,
und gleichzeitig die Einkommen der
Arbeitnehmer sinken. Bereits zum
fünften Mal erleiden die Beschäftigten
in Folge einen Reallohnverlust. Insge-
samt haben die Arbeitnehmer in den
letzten fünf Jahren 5 % an Kaufkraft
eingebüßt. Das hat das WIFO errech-
net. Auf diese für unsere Gesellschaft
so gefährliche Entwicklung muss rasch
gegengesteuert werden.
AK Präsident Erwin Zangerl ver-
langt von der Politik Gegenmaßnah-
men: „Hier geht es nicht um eine
Neiddebatte, sondern um eine Frage
des sozialen Friedens und des gesell-
schaftlichen Zusammenhaltes. Es
muss uns allen ein politisches Anlie-
gen sein, den übergroßen Einfluss der
Superreichen auf Wirtschaft, Gesell-
schaft und Demokratie zu begrenzen.“
Während Vermögen in Österrei-
ch kaum besteuert ist, ist der Faktor
Arbeit hoch besteuert. Zangerl: „Ich
erinnere nur an den Eingangssteuer-
satz bei der Lohnsteuer in Höhe von
36,5 %! Nur durch eine spürbare
Lohnsteuer-Senkung wird auch der so
wichtige private Konsum angekurbelt,
von dem vor allem die heimischen
Nr. 65, Juli | August 2014
Gerecht?
Wer schon viel hat, dem wird noch mehr gegeben.
Klein- und Mitelbetriebe, die Ar-
beitsplätze und die Wirtschaftskraft
Österreichs abhängen. Jetzt müssen
endlich die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer dran sein, wenn es um
Entlastung geht. Denn der Mittel-
stand braucht endlich wieder mehr
finanziellen Spielraum.“
Gleichzeitig zeigen mehrere Berech-
nungen schwarz auf weiß, dass Vermö-
gen in Österreich noch viel ungleicher
verteilt ist, als bisher angenommen.
Der AK Präsident verweist dazu auf
die jüngsten Erhebungen der Europä-
ischen Zentralbank (EZB). Demnach
besitzen die reichsten 5 % der Haus-
halte bereits zwischen 52 und 59 %
des gesamten privaten Nettovermö-
gens: Das bestätigt auch die von der
AK in Auftrag gegebene Studie der
Universität Linz, die ebenfalls eine we-
sentlich höhere Vermögenskonzentra-
tion in Österreich berechnet hat.
Damit belegt innerhalb eines Jahres
bereits die zweite Studie, dass Vermögen
in Österreich mehr als ungleich verteilt
ist. Wohlstand und Reichtum konzen-
trieren sich immer mehr an der Spitze
und auf immer weniger Menschen.
Zangerl: „Damit haben sehr wenige
sehr viel, und sehr viele nur sehr we-
nig. Diese Lücke muss endlich kleiner
gemacht werden. Es ist an der Zeit,
dass die Millionäre und richtig Vermö-
genden einen fairen Beitrag zum Steu-
ersystem leisten. Die Forderung nach
einer Millionärssteuer muss sich bei
solchen Zahlen wohl von selbst stellen.“
Millionärssteuer.
„Der Reich-
tum der Millionäre ist geradezu ex-
plodiert“, sagt der AK Präsident und
verweist auch auf den alljährlich pu-
blizierten Vermögensreport des Liech-
tensteiner Investmenthauses Valluga.
Demnach ist Österreich im Vorjahr
um 4.600 Millionäre reicher gewor-
den. Insgesamt gibt es jetzt 82.300
Millionäre, die ihr Vermögen 2013
um 7 % auf sage und schreibe 262
Milliarden Euro vergrößert haben.
3,19 Millionen Euro:
So viel
Finanzvermögen besitzt laut dem Val-
luga-Report ein durchschnittlicher
österreichischer Millionär. Mit dem
gesamten Vermögen in Höhe von 262
Milliarden Euro könnten Österreichs
Reiche die gesamte Verschuldung
der Republik auf einmal begleichen
– und es blieben ihnen noch 20 Mil-
liarden Euro Restgeld, so der Report.
Während die Vermögenden vor allem
von der guten Entwicklung an den
internationalen Aktienmärkten pro-
fitierten, tragen sie jedoch weiterhin
viel zu wenig zum Steueraufkommen
bei.
<<
Foto:Tijana/Fotolia.com
FAHRT ZUR ARBEIT
Pendlerrechner
neu ist online
D
er Pendlerrechner des Fi-
nanzministeriums
wurde
nach Kritik der AK geändert
und neu online gestellt. Pendler
sollten auf jeden Fall eine neue
Abfrage durchführen. Wer Pend-
lerpauschale und Pendlereuro im
Wege der monatlichen Lohnab-
rechnung berücksichtigen lässt,
muss den neuen Ausdruck des
Pendlerrechners bis spätestens
30. September 2014 beim Ar-
beitgeber abgeben. Andernfalls
können die Pendlerpauschale
und der Pendlereuro im Zuge der
Arbeitnehmerveranlagung gel-
tend gemacht werden. Auch wer
bereits ein Ergebnis des alten
Pendlerrechners beim Arbeit-
geber abgegeben hat, sollte die
Berechnung noch einmal durch-
führen. Denn für heuer gilt das
bessere Ergebnis.
Wer bisher noch keinen Aus-
druck beim Arbeitgeber abgege-
ben hat, sollte ebenfalls eine neue
Abfrage starten. Kommt es im
Einzelfall zu einer Verschlechte-
rung gegenüber dem alten Pend-
lerrechner, kann bis Ende 2014
der ursprünglich abgegebene
Ausdruck des alten Pendler-
rechners weiter berücksichtigt
werden. Ab dem Jahr 2015 ist
der Ausdruck des neuen Pendler-
rechners zu verwenden.
AK Fraktionen zum Thema:
Lohnsteuer senken – jetzt!
Foto: Lulúberlú/Fotolia.com
Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG
Erwin Zangerl,
AK Präsident
D
er starke Westwind aus Vorarlberg und Tirol in
Sachen Lohnsteuersenkung hat sich österreich-
weit zu einem Sturm der Entrüstung entwickelt und
bläst Finanzminister Spindelegger und der Regierung
ins Gesicht. Bitte warten, hieß es für die Beschäftigten,
während für marode Banken und Besitzstandwah-
rer genug Steuergeld vorhanden ist. Solange man die
größte Bevölkerungsgruppe schröpft, können auch die
Schwerreichen in aller Ruhe ihr Vermögen vermehren.
Ein paar Große leben so auf Kosten von vielen Kleinen.
Seit die AK ihre Unterschriften-Aktion „Lohnsteuer sen-
ken – JETZT“ gestartet haben, kommt endlich Bewegung in diesen Stillstand. Und
weil der Finanzminister angesichts der Proteste nicht mehr weiter weiß, bildet er
einen Arbeitskreis. Im Westen haben wir die Initialzündung gesetzt, die von im-
mer mehr Befürwortern getragen wird. Ein wichtiger Partner dabei ist der ÖGB,
der die Unterschriften-Aktion weiterträgt. Die Arbeitnehmervertretungen haben
schon oftmals unter Beweis gestellt, dass mit Solidarität und Entschlossenheit
vieles umgesetzt werden kann.
<<
grüne in der ak
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
E
s reicht! Eine sofortige Lohnsteuersenkung muss in
erster Linie die unteren und mittleren Einkommen
bis 3.500 Euro entlasten. Die ÖVP hat schon angemel-
det, dass die Höchstbemessungsgrundlage auf 100.000
Euro Jahreseinkommen erhöht werden soll. Dieses Geld
fehlt dann bei der Entlastung niedrigerer Einkommen. Eine
spürbare Entlastung wird nur mit zusätzlichen Einnahmen
möglich sein. Seit Jahren wird das Volksvermögen durch
steuerliche Bevorzugung der oberen Einkommensschich-
ten und der Vermögenden in diese Gruppe umverteilt.
Sofort und ohne großen Aufwand umgesetzt werden können die Einführung einer
Erbschaftssteuer mit einem Freibetrag von 500.000 Euro und eine schrittweise
Anhebung der Grundsteuer. Genau so, wie die Politik entschieden hat, dass die
Banken zu retten sind und das dafür nötige Geld aufgebracht hat, genau so muss
nun die breite Masse der arbeitenden Bevölkerung in Österreich durch eine Lohn-
steuersenkung entlastet werden. Österreich ist das zweitreichste Land in der EU,
und wo ist das Geld? Es kann nur falsch verteilt sein.
<<
freiheitliche arbeitnehmer in der ak
Franz Ebster,
Fraktionsobmann
D
amit das Thema „Lohnsteuer senken – JETZT“ nicht
im politischen Sommerloch verschwindet, braucht
es die Unterstützung aller Arbeitnehmer. Seit der letz-
ten Lohnsteuerreform 2009 nimmt der Finanzminister
heuer 2,65 Milliarden mehr an Lohnsteuer ein. Diese
Milliarden würden die Arbeitnehmer dringend benötigen.
Der Schuldenberg in vielen Arbeiterfamilien steigt stetig
an. Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld werden oft zum
Abdecken der angehäuften Außenstände verwendet.
Urlaubsfahrten, Freizeitaktivitäten können sich viele nicht
mehr leisten. Es wird immer schwieriger, sein Auskommen mit einem „normalen
40-Stunden-Job“ zu erreichen. Wir brauchen daher sofort eine eine spürbare Loh-
steuerreform. Darum unterstütze auch du die Forderung der AK Tirol „Lohnsteu-
er senken – JETZT“ mit deiner Unterschrift. Übrigens: Ein Finanzminister, der für
keine Steuererhöhungen stehen will, aber gleichzeitig zusieht, wie Arbeitnehmer
jährlich durch die kalte Progression (versteckte Steuererhöhung) seine Kassen
füllen, ist realitätsfremd und rücktrittsreif.
<<
Sozialdemokratische GewerkschafterInnen
Günter Mayr,
Fraktionsvorsitzender
D
ie Gewerkschaften verhandeln stets gute Ge-
haltserhöhungen. Weil die Einkommen aber im-
mer stärker besteuert werden, kommen die Lohner-
höhungen bei den Beschäftigten nicht an. Das muss
sich rasch ändern, denn die Nettoeinkommen sind
seit 24 Jahren in Summe nicht gestiegen. Um nied-
rige und mittlere Einkommen nachhaltig zu entlasten,
muss der Eingangssteuersatz deutlich gesenkt wer-
den. Das allein ist aber zu wenig, sonst ist der Effekt
nach zwei Lohnrunden wieder weg. Wir fordern eine
Unterteilung in mehrere kleinere Schritte, das würde
niedrigere Einkommen besonders entlasten. Die Steuerreformkommission der
Regierung muss rasch ihre Arbeit aufnehmen und die Entlastung 2015 be-
schließen. In Kraft treten kann die Reform auch schrittweise, aber die Menschen
müssen endlich Aussicht auf eine steuerliche Entlastung haben. Die Reform
braucht auch Einnahmen, die unserer Meinung nach ohne Probleme in Form
einer längst überfälligen Millionärssteuer realisierbar sind. Die Tirolerinnen und
Tiroler brauchen ein Einkommen, mit dem sie auskommen können.
<<
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