Tiroler Arbeiterzeitung - page 8

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THEMA:
PENSION & ALTER
Nr. 65, Juli | August 2014
Was im Alter bleibt.
Wann kann ich in Pension gehen? Wie hoch wird meine Pension sein? Der Pensionskonto-Brief löst
bei vielen Arbeitnehmern Unsicherheit aus – oft zu Unrecht. Es gilt: Je jünger, desto niedriger ist die Erstgutschrift.
Was bekomme ich
in der Pension?
A
ls ich den Brief von der Pen-
sionsversicherung
geöffnet
habe, war ich total geschockt.
Mit so einer niedrigen Pension habe
ich nicht gerechnet. Derart entsetzt re-
agieren zahlreiche – vor allem jüngere
– Arbeitnehmer auf Post von der Pen-
sionsversicherungsanstalt (PVA). Pro
Tag verschickt die PVA rund 30.000
Briefe. Beschäftigte ab Jahrgang 1955
bekommen darin Informationen über
ihre aktuelle Brutto-Pension und das
Pensionskonto.
Doch was sagt die Kontoerstgut-
schrift tatsächlich aus? Wir wird sich
die eigene Pension entwickeln? Und
was tut man, wenn nicht alle Versi-
cherungszeiten beim Pensionskonto
berücksichtigt wurden? Wie kann man
errechnen, wie viel Geld in der Pension
tatsächlich zu erwarten ist?
Lesen Sie hier die Antworten auf die
wichtigsten Fragen.
Was steht im Brief der PVA?
Die in dem Brief ausgewiesene Brutto-
pension gibt an, wie viel Pension man
(14 × pro Jahr) bekommen würde,
wenn man ab sofort bis zum gesetz-
lichen Pensionsalter nichts mehr in
den Pensionstopf einzahlen würde. Die
Summe erhöht sich tatsächlich mit je-
dem Jahr um 1,78 % des Bruttolohns,
sie wird also regelmäßig aufgewertet.
Wozu ein Pensionskonto?
Für alle ab 1955 geborenen Bürger (für
Beamte gilt eine Sonderregelung) wurde
ein Pensionskonto eingerichtet (www.
neuespensionskonto.at). Im PVA-Brief
werden die Kunden über ihre auf dem
Konto verbuchte Erstgutschrift (das
kumulierte Pensionsguthaben) infor-
miert. Berücksichtigt sind darin alle
registrierten Versicherungszeiten bis
31. Dezember 2013. Dividiert man die
Erstgutschrift durch 14, kommt man
auf die fiktive monatliche Brutto-Pensi-
on (ebenfalls im Brief ausgewiesen). Da
der Betrag vor allem bei jüngeren Men-
schen sehr niedrig ist (unter 1.000 Euro
brutto), sind viele irritiert. Die fiktive
Monatspension sagt aber wenig über
die tatsächliche Pensionshöhe im Alter
von 60 oder 65 Jahren aus.
Wie hoch wird
meine Pension sein?
Die AK Tirol bietet dafür einen spezi-
ellen Pensionsrechner auf
com an (siehe Kasten links oben). Zahlt
sich länger arbeiten aus? Besonders die
letzten Arbeitsjahre können große Un-
terschiede ausmachen. Dazu kommt,
dass bei einem Pensionsantritt nach
dem Regelpensionsalter (60 bzw. 65
Jahre) Versicherte einen Bonus von 5,1
% erhalten.
Was, wenn
Versicherungszeiten fehlen?
Im Brief der Versicherung sind die Ver-
sicherungszeiten angeführt, die für die
Berechnung der Konto-Erstgutschrift
berücksichtigt wurden. Wenn in dieser
Liste noch etwas fehlt, kann dies nach-
träglich gemeldet werden.
Wie werden Erziehungs-
zeiten angerechnet?
Für jedes Kind werden bis zu vier Jahre
lang monatlich 1.649,84 Euro auf das
Pensionskonto gutgeschrieben. Kommt
ein zweites Kind innerhalb der vier Jahre
auf die Welt, erlischt der Anspruch für
das erste Kind.
Kann ich Schulzeiten
nachkaufen?
Der Nachkauf von Schul- und Studien-
zeiten ist teuer. Jeder Monat kostet rund
1.000 Euro.
Kann ich Daten nachmelden?
Es bleibt noch bis Ende 2016 Zeit,
das nachzuholen, ohne Konsequenzen
fürchten zu müssen. Bis dahin wird die
Gutschrift einfach geändert. Wer die
Unterlagen später schickt, dem drohen
Verluste durch die Umrechnung vom
alten ins neue Pensionssystem.
Ist eine Zusatzvorsorge
sinnvoll?
Man sollte sich von einer möglicherwei-
se gering erscheinenden Konto-Erstgut-
schrift nicht in Panik versetzen lassen.
Insbesondere vor Abschluss einer pri-
vaten Zusatzvorsorge ist es sinnvoll, sich
genau zu informieren. Gegebenenfalls
die Experten der AK kontaktieren.
<<
W
ie hoch wird meine Pension ausfallen? Damit
sich jeder Arbeitnehmer ein Bild darüber ma-
chen kann, bietet die AK Tirol einen speziellen Pensi-
onsrechner auf
an. Für die Eingabe
in den Pensionsrechner sollten Sie bereits das Schrei-
ben der PVA über ihre Erstgutschrift bekommen ha-
ben. Denn der Pensionsrechner ist nur dann bedien-
bar, weil man einige Eingaben (z. B. die Zahl der bereits
erworbenen Versicherungsmonate) benötigt, um zu
brauchbaren Ergebnissen zu kommen. Achtung: Un-
bedingt kühlen Kopf bewahren und sich vor Abschluss
einer privaten Zusatzvorsorge genau informieren.
J
e jünger der Versicherte, desto geringer ist die
Aussagekraft der Konto-Erstgutschrift. Bei Erwerb
weiterer Versicherungszeiten kann das Pensionskon-
to nur anwachsen, weil dadurch weitere Gutschriften
(jährlich aufsummiert) dazukommen. Jeder, der weiter
pensionsversichert ist, kann den Zuwachs mitverfol-
gen, da im nächsten Jahr eine weitere Kontomitteilung
versendet wird. Durch das Pensionskonto können zwar
keine zukünftigen Entwicklungen vorhergesehen wer-
den, bestehende Ansprüche bleiben jedoch gesichert.
Je näher man dem Pensionsalter kommt, umso realis-
tischer werden die Zahlen am Konto.
AK bietet speziellen Rechner
Das ist zu beachten
Bonus-Malus-System
rasch einführen
Umsetzen.
Aktuell sind um 23 % mehr Ältere arbeitslos als vor einem Jahr. Statt
Lippenbekenntnissen der Wirtschaft verlangt die AK die Einführung des Bonus-Malus-Systems.
D
ie steigenden Arbeitslosen-
zahlen haben wesentlich auch
damit zu tun, dass der Pensi-
onszugang für ältere Beschäftigte im-
mer mehr erschwert wird. Wenn also
Arbeitnehmer länger im Erwerbsleben
verbleiben sollen, müssen die Rahmen-
bedingungen in den Betrieben endlich
verbessert werden, verlangt die AK.
Umso unverständlicher ist es, dass die
Wirtschaftskammer die Entwicklung
des Bonus-Malus-Systems zur Beschäf-
tigung Älterer blockiert. Die Wirtschaft
darf sich nicht weiter vor Unterneh-
men stellen, die Ältere kündigen, und
muss ihre Blockade des Bonus-Malus-
Systems aufgeben. Das Bonus-Malus-
System muss früher als 2017 kommen,
verlangt die AK. Eine Mindestquote,
wie viele Ältere in einem Betrieb be-
schäftigt werden müssen, sei dabei un-
bedingt erforderlich, denn rund 20 %
der Betriebe mit mehr als 20 Arbeit-
nehmern beschäftigen keinen oder nur
kurzfristig einen Älteren. Diese Unter-
nehmen müssen endlich in die Pflicht
genommen werden.
Wir müssen den älteren Arbeit-
nehmern wieder die Wertschätzung
zukommen lassen, die sie verdienen. Es
sind nicht nur die körperlichen Tätig-
keiten, auch Druck und Arbeitsklima
wirken sich auf die Gesundheit aus.
Studien belegen, dass das Risiko, unter
einer psychischen Arbeitsbelastung zu
leiden, mit Alter, Arbeitsausmaß und
bei Nacht- bzw. Schichtarbeit zunimmt.
Dabei wäre es so wichtig, dass die Men-
schen gesund altern. Die Wirtschaft for-
dert ja eine immer längere Erwerbstätig-
keit. Aber dazu müssten Arbeitgeber für
gesunderhaltende Jobs sorgen.
Die Lebensrealität sieht für viele in
den „besten Jahren“ leider immer noch
Abgesichert.
Nach einem langen Arbeitsleben sollte man sich nicht aus finanziellen Gründen vor dem Alter fürchten müssen.
Wertschätzung.
Ältere Beschäftigte
dürfen nicht länger in die Arbeitslosig-
keit gekündigt werden.
Die PVA hat eine Hotline unter der
Telefonnummer 05 03 03 - 87000
eingerichtet. Auch die Experten der
AK stehen zur Verfügung.
!
Foto:blende40/Fotolia.com
Foto: LakovFilimonov/Fotolia.com
GUT ZU WISSEN
Gleitend in
die Pension
N
ach einem langen, oft harten
Arbeitsleben möchten viele
Beschäftigte vor der Pension ein
bisschen ruhiger treten. Das ist
im Rahmen der Altersteilzeit mög-
lich. Sie gibt älteren Beschäftigten
die Chance, ihre Arbeitszeit mit
Zustimmung des Arbeitgebers
zu reduzieren. Das Antrittsalter
beträgt für Männer 58 Jahre und
für Frauen 53 Jahre. Dabei gibt es
mehrere Modelle, die zur Auswahl
stehen, sowie einiges, das dabei zu
beachten ist. Mehr dazu finden Sie
in der AK Broschüre
„Altersteil-
zeit und Arbeitsvertrag“
, kosten-
los anzufordern unter 0800/22
55 22 – 1432 oder herunterzu-
laden auf
meist anders aus: Kündigungen schon
mit Ende 40 sind keine Seltenheit. Die
Betroffenen sind dann „zu jung“ für die
Pension, aber „zu alt“, dass sie noch eine
Arbeit finden. Und dann werden sie in
manchen Kreisen von Politik, Wirtschaft
und Industrie als „Sozialschmarotzer“ ab-
qualifiziert.
Eine – leider verfrüht wieder einge-
stellte – Lösung gab es bereits: Das Bo-
nus-Malus-System. Betriebe, die Über-
50-Jährigen eine berufliche Chance
gaben, sparten sich den Arbeitslosenver-
sicherungsbeitrag. Fürs Kündigen treuer
Mitarbeiter setzte es einen Malus. So
könnten Ältere wieder dieWertschätzung
erfahren, die ihnen zusteht. Zum Wohle
aller. Ist das für die Wirtschaftskammer
wirklich so schwer zu verstehen?
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