Tiroler Arbeiterzeitung - page 9

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THEMA:
Arbeit & Recht
Nr. 67, Oktober 2014
D
agmar arbeitet seit 2010 in
einer Steuerberatungskanzlei
und möchte eine Ausbildung
zur Personalverrechnerin machen. Sie
fragt ihren Chef, ob sie für sechs Monate
in Bildungskarenz gehen kann. Aber so
lange möchte er nicht auf seine Mitar-
beiterin verzichten. Dagmar möchte
in dieser Firma bleiben, sich aber auch
weiterentwickeln, und fragt die AK um
Rat: „Ohne Zustimmung der Firma
können Sie nicht in Bildungskarenz
gehen“, erfährt sie vom Experten. Der
weiß aber einen Ausweg: „Möglich ist
auch eine Bildungsteilzeit: Sie bietet
Zeit zum Lernen, aber dennoch sind Sie
regelmäßig in der Firma.“ Dagmar re-
det erneut mit ihrem Chef und schlägt
vor, ihre Arbeitszeit für die Zeit der Aus-
bildung zu halbieren. Dem stimmt der
Chef zu. Ein Jahr lang wird Dagmar
Arbeit und
Weiterbildung
Gut zu wissen.
Bei einem Arbeitsverhältnis, das bereits ununterbrochen sechs Monate gedauert
hat, ist es möglich, im Betrieb weiterzuarbeiten, aber trotzdem in Bildungsteilzeit zu gehen.
Lernen.
Dagmar freut sich auf ihre Ausbil-
dung und bleibt der Firma weiter erhalten.
AK BROSCHÜRE
Teilzeit im
Überblick
W
er Teilzeit oder gering-
fügig beschäftigt ist,
sollte über die wichtigsten Be-
stimmungen Bescheid wissen.
Prinzipiell gilt: Teilzeitarbeit
liegt immer dann vor, wenn
die gesetzliche Normalarbeits-
zeit von 40 Stunden oder eine
kürzere
kollektivvertragliche
Normalarbeitszeit (z. B. 38,5
Wochenstunden im Handel)
unterschritten wird.
Die wichtigsten Bestim-
mungen aus Arbeits- und Sozi-
alrecht, die für Teilzeitbeschäf-
tigte gelten, wurden für die
AK Broschüre „Teilzeitarbeit“
zusammengefasst. Kostenlos
anzufordern unter der Hotline
0800/22 55 22 – 1432 oder
herunterzuladen auf
tirol.com
Richtig oder falsch?
Hartnäckig halten sich falsche Meinungen, wenn es um Themen wie Krankenstand, Urlaub oder
Kündigung geht. Schlimmstenfalls haben Arbeitnehmer dadurch aber das Nachsehen. Testen Sie deshalb Ihr Wissen.
Die häufigsten
Irrtümer im Arbeitsrecht
M
uss ich Überstunden ma-
chen? Kann ich im Kran-
kenstand gekündigt werden?
Immer wieder sind Beschäftigte mit
arbeitsrechtlichen Fragen konfrontiert.
Doch der gut gemeinte Rat von Freun-
den entpuppt sich häufig als Irrtum, hin-
ter dem sogar Job-Fallen lauern können.
Denn im Ernstfall zahlt der drauf, der
seine Rechte und Pflichten nicht kennt.
Wer sich nicht absolut sicher ist, erkun-
digt sich bei seiner Arbeiterkammer, be-
vor er etwas unterschreibt. Checken Sie
Ihr Wissen rund ums Thema Arbeits-
recht. Was ist richtig, was ist falsch?
„Im Krankenstand kann ich
nicht gekündigt werden.“
Das ist falsch
und der häufigste Irr-
tum. Auch im Krankenstand ist eine
Kündigung möglich, der Arbeitgeber
muss jedoch Fristen und Termine ein-
halten. Der Anspruch auf Lohnfortzah-
lung im Krankheitsfall bleibt bestehen.
Tipp: Lassen Sie sich im Krankenstand
nicht auf eine einvernehmliche Lösung
ein. Sie könnten bares Geld verlieren!
„Im Krankenstand brauche
ich die ersten drei Tage keine
Bestätigung vom Arzt.“
Das stimmt nicht:
Wenn Ihr Arbeit-
geber darauf besteht, müssen sie ab dem
ersten Krankenstand-Tag eine Bestäti-
gung vorlegen.
„Überstunden muss man nicht
machen.“
Das ist richtig.
Überstunden können
wegen wichtiger persönlicher Gründe
abgelehnt werden, z. B. weil Kinder be-
treut werden müssen.
„Bei einer einvernehmlichen
Lösung gelten die üblichen
Regeln einer Kündigung.“
Das ist falsch.
Bei der „Einvernehm-
lichen“ gibt es keine Fristen und Ter-
mine, das Dienstverhältnis endet zu
dem Zeitpunkt, den Sie vereinbart
haben. Ist die „Einvernehmliche“ un-
terschrieben, kann sie auch nicht mehr
zurück genommen werden.
„Kündigen muss der Chef
immer schriftlich.“
Das ist ein Irrtum.
Bis auf wenige
Ausnahmen gilt auch eine münd-
liche – sogar über einen Boten – aus-
gesprochene Kündigung. Ab diesem
Zeitpunkt laufen Fristen, um dagegen
vorzugehen.
„Unfaire Klauseln im Arbeits-
vertrag gelten nicht, auch
wenn ich sie unterschrieben
habe.“
Leider falsch.
Es gilt, was unter-
schrieben wurde, und sei es noch so
unfair – außer es widerspricht klar
dem Gesetz. Viele unterschreiben un-
Job-Quiz. Hätten Sie es gewusst?
Kündigen kann der Chef auch mündlich.
F
ür alle, die sich
rasch
einen
ers­ten
Eindruck
machen
wollen,
gibt es Kurzfilme
auf der AK Home-
page zu den Pro-
blembereichen „ Entlassung“, „Ich
kündige“, „Ich will Urlaub“, „Recht auf
Pflegefreistellung“, „Überstunden“,
„Krankenstand“,
„Elternteilzeit“,
„Troubles in der Lehre“ sowie „Steu-
erausgleich leicht gemacht“. Einfach
anklicken und reinschauen in die
informativen Filme auf
com unter Service/Videos.
O
b
Arbeitsver-
trag, Dienstzet-
tel,
Urlaubsrecht,
Krankenstand, Ab-
fertigung, Pflegefrei-
stellung, Kündigung
oder
Entlassung:
Das Arbeitsrecht ist nicht immer
leicht zu verstehen. Damit Beschäf-
tigte Bescheid wissen und nachle-
sen können, was erlaubt ist, und wo
Sie aufpassen müssen, gibt es die
handliche AK Broschüre „Arbeits-
recht griffbereit“. Anzufordern unter
0800/22 55 22 - 1432 oder als
Download auf
P
apiere,
wie
Dienstzettel, Ar-
beitsbescheinigung,
Lohnzettel, Entgelt-
bestätigung
oder
Arbeitszeugnis sind
wichtig. Aber es ist
nicht leicht, bei dieser Fülle den Über-
blick zu behalten. Im neuen AK Falter
„Arbeitspapiere“ wird erklärt, welche
Dokumente Beschäftigten zustehen,
wenn sie sich in einem aufrechten
Arbeitsverhältnis befinden bzw.
wenn dieses beendet wurde. Anfor-
dern unter 0800/22 55 22 - 1432
oder auf
A
rbeitszeitauf-
ze i chnungen
sind die Grundlage,
um die Auszah-
lungen für Mehr-
und Überstunden
zu
kontrollieren.
Arbeitnehmer sollten ihre Arbeits-
zeiten immer dokumentieren. Des-
halb hat die AK den kostenlosen Zeit-
speicher entwickelt. Einfach www.
ak-zeitspeicher.at mit Ihrem Smart-
phone aufrufen. Oder auf
rol.com unter Service/Musterbriefe
Arbeitszeitaufzeichnungen zum sel-
ber Ausfüllen herunterladen.
B
ei der Einstel-
lung ist meist
vom
Bruttolohn
die Rede. Mit dem
B r u t t o - N e t t o -
Rechner auf www.
ak-tirol.com wissen
Sie in ein paar Sekunden ihr exaktes
Nettogehalt. Sie brauchen nur ein
paar persönliche Daten, wie Arbeits-
verhältnis, Bruttogehalt, Geburts-
tag oder Pendlerpauschale, und mit
einem Klick auf „Berechnen“ wissen
Sie, wie hoch Ihre Abzüge monatlich
sind, und ob sie korrekt ermittelt
werden. Also reinklicken.
Kleines Einmaleins
griffbereit
Arbeitspapiere
stehen zu
AK Zeitspeicher
auch per Handy
Gute Tipps in
witzigen Job-Clips
Gehalt: So viel
bleibt netto
faire Verträge, weil sie die Stelle drin-
gend benötigen, ohne Chance, die
unfairen Klauseln „herauszuverhan-
deln“. Denn sie gelten und begleiten
den Beschäftigten durch das ganze Ar-
beitsverhältnis. Lassen Sie daher Ihren
Arbeitsvertrag – am besten noch vor
der Unterschrift – von der Arbeiter-
kammer kontrollieren.
„Ich kann auch ohne vorherige
Abmahnung entlassen werden.“
Das ist richtig.
Der Chef muss nur bei
bestimmten Entlassungsgründen vorher
abmahnen, etwa wenn Sie zu spät zur
Arbeit kommen.
„Ansprüche, die mir zustehen,
kann ich nicht verlieren.“
Das ist leider falsch.
In vielen Kol-
lektivverträgen oder Einzelverträgen
sind sogenannte Verfallsklauseln ent-
halten (z. B. drei Monate). Offene
Ansprüche wie etwa Überstunden
müssen innerhalb dieser Fristen gel-
tend gemacht werden, ansonsten sind
sie verloren.
„Über meinen Urlaub kann der
Chef nicht allein bestimmen.“
Das stimmt.
Der Urlaub muss mit
dem Beschäftigten einvernehmlich
vereinbart werden. Lediglich Lehrlin-
gen steht im Juli bzw. August ein zwei-
wöchiger durchgehender Urlaub zu.
Infos zu arbeitsrechtlichen
Fragen erhalten AK Mitglieder
unter der kostenlosen Hotline
0800/22 55 22 -1414 oder
auf
!
reduziert 20 statt bisher 40 Wochen-
stunden arbeiten und verdient in die-
ser Zeit statt bisher rund 1.460 Euro
netto nur noch rund 890 Euro pro
Monat. Für diese Zeit stellt sie beim
AMS einen Antrag auf Bildungsteil-
zeitgeld. Sie kann mit rund 450 Euro
im Monat rechnen und so ihren Ein-
kommensverlust fast ausgleichen.
Bildungskarenz
oder
Bildungs-
teilzeit
müssen Sie schriftlich mit
der Firma vereinbaren, und Sie
müssen vorher sechs Monate unun-
terbrochen dort gearbeitet haben.
Eine
Bildungskarenz
können Sie
für mindestens zwei Monate bis
maximal ein Jahr vereinbaren. Sie
können die Bildungskarenz auch in
Teilen antreten.
Die
Bildungsteilzeit
kann für
die Dauer von vier Monaten bis
zu zwei Jahren vereinbart werden.
Sie müssen aber mindestens 10
Wochenstunden arbeiten.
Die
Arbeitszeit
müssen Sie min-
destens um ein Viertel Ihrer Wo-
chenstunden verringern; maximal
ist eine Verringerung der Arbeits-
zeit um die Hälfte möglich.
Wenn Sie beim Arbeitsmarkt-
service
Bildungsteilzeitgeld
beantragen, muss die unmittel-
bar davorliegende Arbeitszeit für
mindestens sechs Monate unver-
ändert gewesen sein. Das AMS
verlangt einen Nachweis für die
Teilnahme an der Weiterbil-
dungsmaßnahme.
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