Tiroler Arbeiterzeitung - page 5

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THEMA:
Handel & Advent
Nr. 68, November 2014
„Morgen muss ich
länger im Geschäft stehen!“
Gut zu wissen.
Kann Sie Ihr Chef dazu zwingen, länger als sonst im Geschäft zu bleiben? Wann ist es
gefährlich, abzulehnen? Welche Rechte haben Eltern, die ihre Kinder beaufsichtigen müssen?
F
ür alle Branchen gibt es absolute
Höchstgrenzen bei der Arbeits-
zeit, die keinesfalls überschritten
werden dürfen. Wenn Sie dieses Maxi-
mum bereits geleistet haben, darf Ihnen
Ihre Chefin oder Ihr Chef nicht noch
mehr Arbeit aufbrummen. Sie haben
das Recht, sich dagegen zu wehren.
Arbeitszeit-Höchstgrenzen
Diese absoluten Höchstgrenzen vari-
ieren je nach Kollektivvertrag oder Be-
triebsvereinbarung und liegen meist bei
maximal zehn Stunden pro Tag und 50
Stunden pro Woche. In manchen Fällen
kann die Maximalarbeitszeit sogar bis zu
60 Stunden proWoche betragen. Fragen
Sie im Zweifelsfall bei den AK Arbeits-
rechtsexperten nach, was bei Ihnen gilt.
Dringend zu empfehlen ist, täglich Ar-
beitszeiten und Pausen zu notieren, um
im Streitfall gewappnet zu sein.
Mehrarbeit oder
Überstunden
Wenn die gesetzlichen Höchstgrenzen
nicht überschritten werden, kann es
allerdings heikel sein, Mehrarbeit (bei
Teilzeitbeschäftigten) oder Überstunden
(bei Vollzeitbeschäftigten) abzulehnen.
Es muss schon einen guten Grund ge-
ben, Nein zu sagen, wenn Sie in der Fir-
ma dringend gebraucht werden.
Zum Beispiel: Sie finden kurzfristig
keine Betreuung für Ihre Kinder au-
ßerhalb der sonst üblichen Dienstzeit.
Oder: Ein unverschiebbarer Arzttermin
steht an. Ihre berücksichtigungswür-
Für alle Fragen zu Arbeitszeit,
Überstunden, Entlohnung und Zeit-
ausgleich stehen die AK Arbeits-
rechtsprofis unter der kostenlosen
Hotline 0800/22 55 22 – 1414 zur
Verfügung.
Stress.
Die Weihnachtszeit bedeutet für die Tausenden Beschäftigten lange Samstage, Arbeiten am Feiertag und viele
Überstunden. Damit Handelsangestellte zu ihrem Recht kommen, sollten sie über die Spielregeln genau Bescheid wissen.
Arbeiten bis zum
Umfallen
Advent-Samstage
• An den vier Samstagen vor dem 24. Dezember
dürfen die Geschäfte bis 18 Uhr offen halten.
Das sind heuer der 29. November, der 6., 13. und
20. Dezember.
• Die Regelung, dass
jeder zweite Samstag frei
sein
muss,
gilt nicht
für diese Einkaufssamstage vor
Weihnachten. Mitarbeiter können an allen vier
Samstagen eingesetzt werden.
So viel ist die Arbeit „wert“
• Wie viel Sie für die Arbeit an den Adventsams-
tagen bekommen müssen, hängt von Ihrer Ar-
beitszeiteinteilung an den übrigen Samstagen
im Jahr ab. Wenn Sie von Jänner bis November
im Monat öfter als einen Samstag nach 13 Uhr
gearbeitet haben, dann bekommen Sie an den
vier Adventsamstagen ab 13 Uhr Überstunden
mit 100 Prozent Zuschlag – egal, ob Sie voll-
zeit-, teilzeit- oder geringfügig beschäftigt sind,
oder ob sie grundsätzlich nur samstags arbeiten.
• In allen anderen Fällen haben Sie Anspruch auf
Überstunden-Zuschläge nur dann, wenn Sie
entweder die für den Tag vereinbarte Normalar-
beitszeit oder die wöchentliche Normalarbeits-
zeit überschritten haben.
Zeitausgleich statt Geld?
• Wollen Sie für Ihre Überstunden lieber Zeitaus-
gleich, müssen Sie dies mit Ihrem Arbeitgeber so
vereinbaren. Zwei Varianten stehen zur Auswahl:
• Entweder Sie nehmen für jede gearbeitete Stunde
frei und lassen sich nur den Zuschlag auszahlen
oder Sie nehmen sich für jede gearbeitete Stunde
im entsprechenden Verhältnis frei. Beispiel: Für
eine 100prozentige Überstunde erhalten Sie zwei
Stunden Freizeit.
Arbeiten am 8. Dezember
• Die Arbeit am 8. Dezember ist freiwillig, der
Chef darf Sie dazu nicht zwingen! Wenn Sie
freihaben wollen, brauchen Sie keinen Grund
dafür anzugeben.
• Ihr Arbeitgeber musste bis 10. November Be-
scheid geben, ob das Geschäft am 8. Dezember
geöffnet sein wird. Sie haben das Recht, dem
Arbeitgeber binnen einer Woche nach erfolgter
Mitteilung zu sagen, ob Sie an diesemTag arbei-
ten wollen oder nicht.
• Angestellte und Lehrlinge dürfen an diesem Tag
zwischen 10 Uhr und 18 Uhr folgende Arbeiten
leisten: Warenverkauf, Kundenberatung bzw.
Kundenbedienung und Tätigkeiten, die damit
in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Vor
10 Uhr und nach 18 Uhr sind nur unbedingt
notwendige Vor- und Abschlussarbeiten erlaubt.
Erledigt.
Beschäftigte im Handel haben zur Weihnachtszeit den Mega-Stress. Ein bisschen mehr
Rücksicht könnte nicht schaden.
Immer freundlich.
Das heißt es für Verkäuferinnen und Verkäufer vor allem in
der Vorweihnachtszeit.
M
ehr
als
57.000 Tiro-
lerinnen und Tiroler
arbeiten imHandel,
zwei Drittel davon
sind Frauen. Für
sie ist Weihnach-
ten wohl die stressigste Zeit im
Jahr. Und das bei einem Mindest-
KV-Verdienst von 1.450 Euro brut-
to pro Monat im 1. Berufsjahr und
1.638 Euro brutto im zehnten Jahr.
Dennoch sind die Verkäuferinnen
und Verkäufer freundlich und kom-
petent, sorgen für gute Stimmung
beim Einkauf, auch wenn es ihnen
nicht immer leicht fällt.
E
in Extra im Bör-
sel kann jetzt
jeder
brauchen,
für Weihnachtsge-
schenke oder fürs
Heizen. Der An-
spruch auf Weih-
nachtsgeld ist grundsätzlich im
Kollektivvertrag (KV) geregelt. Falls
kein KV gilt, kann es im Arbeitsver-
trag vereinbart werden. Der KV legt
fest, wann das Weihnachtsgeld aus-
gezahlt werden muss, meist im No-
vember oder Dezember. Die Höhe
entspricht meist einem Monatsge-
halt. Der für Sie geltende KV muss
in der Firma aufliegen.
A
m 24. Dezem-
ber endet die
Normalarbeitszeit
im Handel um 14
Uhr, am 31. De-
zember um 17 Uhr
(Ausnahmen
gel-
ten für den Verkauf von Süßwaren,
Naturblumen und Christbäumen
und am 31. Dezember zusätzlich
für Verkauf von Feuerwerkskör-
pern und Silvesterartikeln). Für bei-
de Tage ist der Lohn auf Basis der
vollen Normalarbeitszeit zu bezah-
len. Arbeiten Sie am 24.12. auch
nach 14 Uhr oder am 31.12. nach
17 Uhr, sind dies Überstunden.
W
enn die Kas-
sa
nicht
stimmt, wird oft
von
Mitarbeitern
verlangt, fehlendes
Geld zu ersetzen.
Aber zuerst muss
der Arbeitgeber nachweisen, dass
Geld fehlt, und wer den Fehlbetrag
verursacht hat. Arbeiten mehrere
an der Kassa, und kann dieser Nach-
weis nicht erbracht werden, darf die
Summe nicht von allen anteilig gefor-
dert werden. Selbst wenn das Man-
ko zugeordnet werden kann, gibt es
nach Dienstnehmerhaftpflichtgesetz
Mäßigungsmöglichkeiten.
D
ie AK rät Ar-
beitnehmern,
alle
Leistungen
und Arbeitszeiten
– am besten samt
Beginn- und End-
zeiten sowie den
Pausen – schriftlich festzuhalten
und sich diese idealerweise vom
Vorgesetzten bestätigen zu las-
sen. Auch um die monatlichen
Lohn- oder Gehaltsabrechnungen
samt den Überstunden besser
nachkontrollieren zu können. Auf
der AK Homepage gibts unter
Arbeitszeitfor-
mulare als Download.
Das gilt beim
Weihnachtsgeld
Am 24. 12. und
31. 12. im Dienst
Wenn die Kassa
nicht stimmt
57.000 Beschäftigte
im Handel
Arbeitszeiten
immer notieren!
!
digen Interessen müssen schwerer wie-
gen als die der Firma. Die AK berät im
Zweifelsfall, ob Ihr Nein berechtigt ist
oder zum „Bumerang“ werden kann.
Recht auf Information
Die Anordnung von Überstunden sollte
die Ausnahme sein, nicht die Regel! Au-
ßerdem sollte Sie der Arbeitgeber umge-
hend darüber informieren, sobald klar
ist, dass Überstunden geleistet werden
müssen.
<<
Achtung:
Bei Zeitausgleich statt Geld für
geleistete Überstunden werden diese bei anderen
Entgeltansprüchen (Krankheit, Urlaub, Abferti-
gung ALT) sowie bei der Sozialversicherung nicht
berücksichtigt. Empfehlenswert ist deshalb die
Auszahlung!
Feiertag und Geld
• Ihr Arbeitgeber muss Ihnen für den Feiertag das
laufende Entgelt (Grundgehalt, Zulagen etc.) be-
zahlen – egal, ob Sie arbeiten oder nicht. Fällt der
Feiertag, an dem Sie arbeiten, auf einen Wochen-
tag, an dem Sie auch sonst im Geschäft wären (also
innerhalb Ihrer normalen Arbeitszeiteinteilung), so
wird diese Arbeit zusätzlich zum Feiertagsentgelt
mit Normalstunden abgegolten.
• Arbeiten Sie Vollzeit und fällt der Feiertag, an dem
Sie arbeiten, auf einen Wochentag, an dem Sie sonst
frei hätten (somit außerhalb Ihrer normalen Arbeits-
zeiteinteilung), dann erhalten Sie zusätzlich zum Fei-
ertagsentgelt Überstundenentlohnung mit 100 Pro-
zent Zuschlag.
• Bei Lehrlingen gilt: Allfällige Überstunden am Fei-
ertag sind auf Basis des niedrigsten Angestelltenge-
haltes (BG 2/1. Berufsjahr) zu berechnen.
„Verlorener“ freier Tag
• Für die Arbeit am 8. Dezember steht zusätzlich zur
Bezahlung des Feiertagsentgelts und der tatsächlich
geleisteten Stunden auch noch Ersatzfreizeit zu: Ar-
beiten Sie bis zu vier Stunden, bekommen Sie vier
Stunden Zeitguthaben. Arbeiten Sie mehr als vier
Stunden, erhalten Sie acht Stunden Zeitguthaben.
• Wann Sie dafür Zeitausgleich nehmen, müssen Sie
mit dem Vorgesetzten vereinbaren.
• Der Zeitausgleich muss bis spätestens 31. März
2015 verbraucht werden können.
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