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OFFEN GESAGT

Nr. 100, Oktober 2017

D

ie Arbeitnehmer verdienen einen

gerechten Teil amAufschwung,

schließlich sind die mehr als 3,6

Millionen Beschäftigten entschei-

dend für das Funktionieren der

Wirtschaft. Deshalb muss auf

Arbeitsbedingungen, Einkom-

men und Schutz vor Risiken

geachtet werden. Dafür steht

die AK und kämpft gegen eine

Aufweichung der bestehenden

Schutzbestimmungen und für

eine höhere Steuergerechtigkeit.

Ohne Arbeiterkammer und

eine funktionierende So-

zialpartnerschaft werden

Österreichs Beschäftigte

zum Spielball vonWillkür

und neoliberalenWirt-

schaftsexperimenten,

die den sozialen

Frieden gefährden.

B

eispiel USA: Auch wenn die Arbeitslo-

senquote derzeit verhältnismäßig nied-

rig ist, gibt es dafür einen Grund: Verant-

wortlich dafür sind u. a. die zahlreichen

meist kurzfristigen Jobs imNiedrig-

lohnsektor und eine große Zahl an

Amerikanern, die nicht in der Statistik

berücksichtig werden, da sie sich aus

Mangel an Möglichkeiten um keine

Arbeit mehr bemühen.Zudem

erfolgt die Absicherung der

Arbeitnehmer meist über

den Arbeitgeber: Job-

verlust heißt oft Verlust der Krankenversicherung. Die

Altersvorsorge wird nur von größeren Unternehmen

übernommen, bei kleinen und mittleren Betrieben

ist der Arbeitnehmer selbst verantwortlich. Gearbeitet

wird nach der Hire-&-Fire-Methode: schnell einstel-

len, schnell feuern. Auch das nötigt Arbeitnehmer oft

zu mehreren Jobs. Bei Problemen sind Arbeitnehmer

auf sich allein gestellt. Möglich macht dies ein Fehlen

von Sozialpartnern, die über die Rechte der Beschäf-

tigten wachen.Wer es sich leisten kann, kauft sich

Sozialleistungen, Zugang zu Bildung oder sorgt für

eine Altersvorsorge, der große Rest fällt durch den

Rost.Wollen wir solche Verhältnisse?

Wir brauchen

Gerechtigkeit!

Beschäftigte dürfen nicht überrollt werden

1983

1981

1980

1986

1988

1990

Etappenweise

Verlängerung

der Mindest-

urlaubs von 4

auf 5Wochen

Verbesse-

rungen im

Nachtschicht-

Schwerarbei-

tergesetz

Die Mitbestim-

mung der Arbeit-

nehmervertreter

imAufsichtsrat

wird neu geregelt

Erste Kollek-

tivverträge

mit kürzerer

Arbeitszeit als

40 Stunden

Fünf

Wochen

Mindest-

urlaub

für alle

Arbeits-

kräfte-

überlas-

sungs-

gesetz

Karenz

für

Väter

1985

Der Einsatz

der AK für

Österreichs

Beschäftigte

Arbeitnehmer,

seid wachsam!

L

iberal denkend – so präsen-

tieren sich Polit-Vertreter

und gießen diesen „Libera-

lismus“ auch in (Wahl)Pro-

grammen. Bei genauerem Hinse-

hen erkennt man jedoch rasch, was

wirklich hinter diesem liberalen

Gedankengut steckt: ein Angriff

auf die 3,6 Millionen Arbeitnehmer

in Österreich sowie auf die sozi-

al Schwächsten der Gesellschaft.

Denn das Mantra von der Senkung

der Steuern wird auch dieses Mal

unaufhörlich wiederholt: Bis zu 14

Milliarden Euro (je nach Parteipro-

gramm) soll die Entlastung brin-

gen – über die Finanzierung dieser

Vorhaben erfährt man wenig Kon-

kretes. KeinWunder, sind die Mög-

lichkeiten einer Gegenfinanzierung

doch begrenzt. Der größte Brocken

werden Einsparungen beim Sozial-

staat sein, im Gesundheitsbereich

und bei den Arbeitnehmern. Kein

Wunder also, dass gerade die Ar-

beiterkammer in das Schussfeld

der „Einsparer“ geraten ist, da sie

sich seit fast 100 Jahren erfolgreich

für die Beschäftigten einsetzt

(sie-

he dazu auch Leiste oben)

.

Einschnitte.

Die Sozialpartner-

schaft und die Arbeiterkammer

stehen den Plänen eines liberalen

Marktes im Weg. Ohne Kammer

wäre der Weg frei, um die Rechte

der Arbeitnehmer zu beschneiden.

Weitere Arbeitszeitausdehnungen,

Aushöhlung der Schutzbestim-

mungen oder Kollektivvertrags-

verhandlungen zwischen Tür und

Angel wären die Folge. Eingespart

wird dabei auf dem Rücken der

Arbeitnehmer. Was letztlich droht,

sind amerikanische Verhältnisse

(siehe unten) mit einem drasti-

schen Sozialabbau, der auch den

Wirtschaftsstandort und den sozia-

len Zusammenhalt gefährdet. Und

dieser ist in Wirklichkeit zerbrech-

licher, als es nach außen den An-

schein haben mag: Nicht nur, dass

die Kluft zwischen Arm und Reich

immer größer wird, gelten in Ös-

terreich immer mehr als „Working

Poor“: Menschen, die trotz Arbeit

kaum über die Runden kommen.

Allein in Tirol, wo derzeit rund

17.800 Personen als „Working

Poor“ gelten, wäre die Zahl ohne

Eingreifen des Staates weit hö-

her: 85.000 Tirolerinnen und

Tiroler sind auf Hil-

fe angewiesen.

Unsauber.

Mit Programmen, die sich klar gegen die Arbeitnehmer wenden, versuchen vor

allem FPÖ und neos die Wähler zu täuschen. Anstelle den Beschäftigten einen gerechten

Teil am Aufschwung zu garantieren, geht es um die Aufweichung von Schutzbestimmungen,

den Abbau des Sozialstaates und die Beseitigung der AK. Deshalb heißt es am 15. Oktober:

Ohne AK

gibt es …

...

keinen

Rechtsschutz und

keine

Hilfe bei allen Fragen

des Arbeits- und Sozialrechts

...

keine

Rechtsberatung und

keine

Hilfe vor Gericht

...

keine

Unterstützung bei allen

Fragen rund um Lehrlinge und

Jugend, Pflege und Pensionen,

Kranken- und Arbeitslosengeld

...

keine

Hilfe bei allen Konsumen-

tenschutzfragen

...

keine

Beratung und keine Hilfe

beimWohn- und Mietrecht sowie

in Steuer- undWirtschaftsfragen

...

keine

Hilfe bei Problemen mit

Betriebskostenabrechnungen

oder dem Steuerausgleich

...

keine

Beratung zur

Weiterbildung sowie keine

Weiterbildungsbeihilfen

...

keine

starke Arbeitnehmervertre-

tung, die gegen kalte Progression,

Lohn- und Sozialdumping oder

Ausweitung der Arbeitszeit kämpft

... keine Hilfe für in Not geratene

Beschäftigte und deren

Familien im Rahmen des

Unterstützungsfonds

...

keine

Ausbildungsbeihilfen

und Beratungen für Schüler,

Lehrlinge und Studenten

...

keine

Ferienaktion für Kinder

...

keine

Gratis-Nachhilfe

für Lehrlinge

...

keine

kostengünstigen Nachhilfe-

kurse wie z. B. die Sommerschule

Hilfe, die bei Einschnitten ins So-

zialsystem weniger bzw. überhaupt

wegfallen würde. Die Folgen davon

wären dramatisch.

Großverdiener.

Mit der Aufhe-

bung der Pflichtmitgliedschaft zur

AK würde ein gewichtiger Gegen-

pol wegfallen, der sich gegen die

Kräfte stemmt, die eine Aufsto-

ckung des Kapitals zu Lasten der

Mittel- und Unterschicht anstreben.

Denn damit wäre auch die flächen-

deckende Tarifbindung aufgehoben

und Kollektivverträge nicht mehr

verbindlich. Die Folge wäre ein

weiteres Ansteigen des Niedrig-

lohnsektors. Auch von der finanzi-

ellen Gleichstellung von Männern

und Frauen würde Österreich weiter

abrücken.

Um ihre Strategien durchzusetzen,

schrecken die liberalen „Vordenker“

auch vor Diffamierungen nicht zu-

rück. So werden die Sozialpartner

und im Speziellen die Arbeiterkam-

mer als „Verhinderer“ dargestellt.

Anstelle wirrer Wahlprogramme

und halbherziger Antworten hat die

AK jedoch schon vor langem ein

tragfähiges Bildungsprogramm vor-

gelegt. Auch hat sie mit konkreten

Plänen eine Regionalisierungs-, Be-

triebsansiedlungs- und Wohnbauof-

fensive gefordert, ebenso wie eine

Mietrechtsreform. Sie hat neben vie-

len anderen Maßnahmen und ihrem

Tagesgeschäft

(siehe Spalte links)

vor dem Verkauf von Familiensilber

(etwa in Form der BUWOG) ge-

warnt und war eine der treibenden

Kräfte für die Lohnsteuerreform.

Verhinderer sehen anders aus.

Wo die wirklichen Bremser sit-

zen, zeigt der von der AK schon

lange geforderte Angleich von Ar-

beitern und Angestellten. Während

des Wahlkampfs wurde diese For-

derung laut ausposaunt, um dann

auf Zuruf im Parlament wieder ei-

nen Rückzieher zu machen. Nicht

nur deshalb heißt es am 15. Oktober

für Österreichs Arbeitnehmer: Seid

wachsam!

„Sozialpartnerschaft

und Arbeiterkammer

stehen den

Plänen eines liberalen

Marktes imWeg.“

Erwin Zangerl, AK Präsident