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THEMA:
STEUER & GELD
Nr. 53, Juli | August 2013
S
teuerzahler ist eben nicht gleich
Steuerzahler. Das wird den Be
schäftigten schon beim Blick auf
den Gehaltszettel schmerzhaft bewusst,
wenn sie sehen, wie wenig ihnen netto
vom Brutto übrigbleibt. Zum Ansparen
für Notfälle sind das bis zumMonatsen
de in den meisten Fällen nur noch weni
ge Euro, wenn überhaupt. Deshalb setzt
sich die AK auch weiter mit Nachdruck
dafür ein, dass Arbeit weniger stark be
steuert wird.
In Summe lieferten die Arbeitneh
mer 2012 24 Milliarden Euro an Lohn
steuer und 25 Milliarden an Umsatz
steuer ab. Das sind 800 Millionen Euro
mehr als geplant. Die Beschäftigten
sind damit Hauptzahler und Drauf
zahler bei den Steuerleistungen. Denn
die Unternehmen zahlten weit unter
den Erwartungen in die Staatskasse ein:
170 Millionen Euro an Gewinnsteu
ern blieben allein im Vorjahr von den
Aktiengesellschaften und GmbH aus,
weitere 260 Millionen Euro an Ein
kommenssteuern der Selbstständigen.
1,4-Milliarden-Loch.
Ins
gesamt summieren sich die Außen
stände im Budget der Finanzministerin
auf 1,4 Milliarden Euro, weil viele Un
ternehmen ihre Steuern nicht zahlen.
„Leider wird nur sehr wenig getan, um
dieses Geld einzutreiben“, ärgert sich
AK Präsident Erwin Zangerl. „Denn
die Steuereinbringungsstellen sind
chronisch unterbesetzt.“
Nur: Während die Beiträge der Be
schäftigten zur sozialen Stabilität in
Österreich Monat für Monat ganz au
tomatisch von Löhnen und Gehältern
abgezogen werden, kommen immer
unverschämtere Praktiken ans Licht,
mit denen Superreiche und Konzern
multis die unvorstellbarsten Steuer
schlupflöcher nutzen.
Geldwäsche.
Die gibt es ganz
legal innerhalb Europas, vor allem
aber in eher exotischen Staaten, zu
meist auf Inseln, die als Hochburgen
für Steuerbetrüger bekannt sind. Dort
Budgetloch durch Steuerflucht.
49 Milliarden Euro an Steuern lieferten die Arbeitnehmer 2012
ab, während viele reiche Unternehmer ihre Schäfchen in Steueroasen ins Trockene brachten.
E
s war ein erster wichtiger
Schritt: Das Gesetz über die
Einkommenstransparenz, das
auf Initiative von AK und Gewerk
schaft umgesetzt wurde. Seit März
2011 müssen Privatunternehmen und
Bund in Stellenanzeigen das Mindest
entgelt anführen und auch auf eine
Überzahlung hinweisen, falls sie dazu
bereit sind.Wie viel ein Bewerber aber
tatsächlich verdient, wird in vielen In
seraten nicht verraten.
Was Tirol anlangt, so waren die
Unternehmen schon bei den Gehalts
angaben (zumindest Anfang 2013)
höchst säumig – trotz angedrohter
Strafen von bis zu 360 Euro: Von
6.331 Inseraten, die im Februar und
März 2013 in Tiroler Medien erschie
nen, enthielten mit 3.085 Anzeigen
stolze 48,7 % keinerlei Hinweise.
Falls Lohn bzw. Gehalt angeführt
sind, ist oft nur vom Mindestverdienst
die Rede, aber längst nicht davon, was
ein Interessent tatsächlich verdienen
könnte.
Mehr Transparenz.
Deshalb for
dert die AK eine Nachbesserung des
Gesetzes. Künftig sollen in Stelleninse
raten Ist-Löhne und –Gehälter stehen
bzw. eine Bandbreite der möglichen
Bezahlung, mit der ein Mitarbeiter je
nach Vordienstzeiten und Qualifikati
onen rechnen kann. „Denn nur diese
Angaben sind wirklich aussagekräftig“,
betont AK Präsident Erwin Zangerl.
Außerdem sollte bei Teilzeitstellen das
Arbeitsausmaß angegeben werden und
bei All-in-Verträgen und Überstunden
pauschalen auch der grundlegende Ver
dienst.
Dass dies möglich ist, zeigt eine De
tailauswertung der AK in Wien in ös
terreichweiten Tagesmedien: Während
dort Inserate von Personalvermittlern zu
zwei Dritteln Angaben zu Ist-Gehältern
enthielten, waren jene von Klein- und
Mittelbetrieben am wenigsten auf
schlussreich. Zudem wäre eine Nach
besserung ein wesentlicher Beitrag dazu,
die Einkommensschere zwischen Män
nern und Frauen zu verringern.
<<
Mehr
Transparenz
bei Lohnangaben
Gesetz.
Für die AK sind die Gehaltsangaben in Stelleninseraten noch zu unklar. Sie fordert
Nachbesserung: Künftig sollen Ist-Entgelt und mögliche Verdienst-Bandbreite anzuführen sein.
Der Mindestlohn
im Stelleninserat ist meist wenig aussagekräftig.
Schluss.
Die Beschäftigten stöhnen unter der enormen Steuerlast. Die AK setzt sich für eine Entlastung der Arbeitnehmer
ein, die bei den Familien auch ankommen muss.
AK FORDERUNGEN
Kampf dem
Steuerbetrug
Die AK fordert
•
mehr Personal in den Finanzbe-
hörden, um jenen Firmen auf die
Schliche zu kommen, die in groß-
em Stil Steuern hinterziehen.
•
auf EU-Ebene bessere Amtshilfe-
abkommen und mehr Informa-
tionsaustausch zwischen den
Finanzverwaltungen der Staaten.
•
bei Steuerprüfungen multinatio-
naler Konzerne mehr internatio-
nale Vernetzung.
•
ein Ansetzen bei den Banken,
wenn Vermögens- und Kapital-
transfers in „Steuerparadiese“
gemeldet werden.
•
mehr Möglichkeiten für die Fi-
nanz in Sachen Bankgeheimnis,
um gegen große Steuerhinterzie-
her gewappnet zu sein.
•
einheitlichere Unternehmensbe-
steuerung in der EU, um Gewinn-
verlagerungen in Niedrigsteuer-
länder zu verhindern.
•
Verlängerung der zehnjährigen
Verjährungsfrist bei Steuerhin-
terziehung.
AK MAGAZIN
WISO online
nachlesen
V
om Machtübergang in China
über die Euro-Krise bis hin zu
den Landtagswahlen in mehreren
Bundesländern: Für WISO, das
Wirtschaftsmagazin der AK Tirol,
wurden wieder aktuelle Ereignisse
kompakt zusammengefasst.
Ein Kapitel ist der Entwicklung des
Tiroler Arbeitsmarktes im ersten
Quartal 2013 gewidmet, die zeigt,
dass Beschäftigung, aber auch Ar-
beitslosigkeit zunehmen.
Interessantes gibt es auch zu
EU-Förderungen, dem Begriff „New
Deal“ oder der Reform der Pend-
lerpauschale – nachzulesen unter
unter Studien.
Erklärt
Was ist „kalte
Progression“?
K
ommt es bei den Einkommen
zu einem Inflationsausgleich,
werden die Zahlen auf dem Ge-
haltszettel größer. Bei den Steu-
erklassen passiert das aber nicht,
diese bleiben gleich. Durch die Ein-
kommenserhöhungen rutschen
also mehr Einkommensanteile in
eine höhere Steuerklasse. Exper-
ten nennen dieses Phänomen
„kalte Progression“. Der Staat ver-
dient dadurch an der Inflation mit.
Foto:Flydragonfly/fotolia.com
Wir
Hauptzahler
sind die
Draufzahler
werden Schwarzgelder aus kriminellen
Geschäften gewaschen, Geld vor der
Steuer versteckt oder dubiose Geld
flüsse über ebensolche Briefkastenfir
men verschleiert.
Laut Schätzungen der EU geht den
Mitgliedsstaaten dadurch jedes Jahr al
lein eine Billion Euro verloren – das ist
mehr als die dreifache Jahreswirtschafts
leistung von ganz Österreich. Hinzu
kommen noch die verschiedensten
Steuer-„Zuckerl“ für große Firmen: So
gibt es in Österreich seit 2005 für inter
national aufgestellte Unternehmen die
„Gruppenbesteuerung“, mit der sie ihre
steuerpflichtigen Gewinne im Inland
gegen Verluste im Ausland aufrechnen
können. Allein damit entgehen dem
Staat Jahr für Jahr mehr als 400 Milli
onen Euro an Steuereinnahmen, die an
anderen wichtigen Stellen, etwa bei den
Sozialausgaben, fehlen.
Ungerecht.
Dass es sich die
wirklich Reichen und auch manche
Unternehmer ganz offensichtlich bes
ser richten können, diese Ungerech
tigkeit ärgert die Tiroler ganz beson
ders. Denn während einerseits riesige
Vermögen in Monaco oder auf den
Seychellen „steuerschonend arbeiten“,
stöhnen die Arbeitnehmer andererseits
daheim unter der enormen Steuerlast.
„Vergleicht man die Brutto- und Net
to-Löhne der vergangenen Jahre, blieb
auch von guten Lohnerhöhungen je
des Jahr im Schnitt netto fast immer
deutlich weniger übrig“, rechnen die
AK Steuerexperten vor.
Kalte Progression.
Was
aber ist der Grund dafür? „Aufgrund
der Inflation haben wir eine einge
baute schleichende Steuererhöhung
bei unseren Lohnsteuertarifen. Und
die muss weg“, erklärt Zangerl. „Die
Beschäftigten wünschen sich ja schon
lange eine steuerliche Entlastung, die
auch für mehr Gerechtigkeit sorgen
soll“, weiß der AK Präsident. Diese
steuerliche Entlastung muss bei den
Arbeitnehmerfamilien aber auch an
kommen.
Deshalb fordert die AK eine auto
matische Anpassung der Lohnsteuer
tarife an die Inflation. Diese würde
zumindest die „kalte Progression“
(siehe links) abmildern und so etwas
mehr Steuergerechtigkeit schaffen.
Im Gegenzug sollte es auch eine faire
Besteuerung sehr großer Vermögen
geben. „Steuern müssen sein, etwa um
wichtige Infrastruktur, wie Schulen,
Straßen, Öffis und Spitäler zu finan
zieren. Aber die Steuerzahler müssen
das Gefühl haben, dass es gerecht zu
geht“, betont Zangerl.
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