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K
lauseln über Klauseln verste-
cken sich in Arbeitsverträgen
verschiedenster Branchen und
haben vor allem eines gemein: Sie sind
unfair und wirken sich nachteilig auf
Dienstzeiten und Geldbörsel der Be-
schäftigten aus. Dennoch werden sie
von den meisten aus Angst um den Job
in Kauf genommen.
Auch Franz stürzte sich als Sales
Consultant für seine neue Firma in
die Arbeit. 2.000 Euro brutto wurden
ihm per All-In-Vertrag zugesichert
(also samt Überstunden) – und mit
dem mündlichen Versprechen, dass der
Vertrag nach drei Monaten angepasst
würde.
Doch auch nach sieben Monaten
mit 12- und 13-Stunden-Arbeitstagen
wollte der Chef von der vereinbarten
Anpassung nichts wissen. „Dazu musste
ich auch noch alle Spesen für Dienstrei-
sen und Kundentermine vorstrecken“,
schilderte Franz den AK Experten.
Umfrage.
Knapp neun von zehn
Beschäftigten haben zumindest eine
unfaire Klausel im Dienstvertrag, ergab
eine Internet-Umfrage von AK und Ge-
werkschaft unter 2.600 Teilnehmern.
Plätze 1 bis 4.
Auch ein
wenig erfreuliches „Ranking“ der un-
fairen Klauseln ist daraus ableitbar:
Mit den umstrittenen All-In-Verträ-
gen auf Platz 1, mit denen Mitarbei-
ter zu (inkludierten)
Überstunden
verpflichtet werden, gefolgt von
Ver-
setzungsklauseln
, mit denen sie quer
durch Österreich versetzt werden kön-
nen. An dritter Stelle liegen die
Kon-
kurrenzklauseln
, die für viele einem
Berufsverbot gleichkommen, weil
ein Jobwechsel praktisch unmöglich
wird. Gleich danach finden sich mit
27 % Klauseln, die zu
pauschalem
Erholung wichtig
Feiertage
verschieben?
W
e n n
Fe i er
tage auf einen
Donnerstag
fallen, sollen
sie verscho
ben werden,
damit keine Fenstertage am Frei
tag genommen werden können,
sagt die Industriellenvereinigung.
Die AK meint: Die Beschäftigten
in Österreich arbeiten sehr pro
duktiv – und mit 42 Wochenar
beitsstunden im Schnitt – auch
sehr lange. Dazu kommt der
steigende Arbeitsdruck. Die Er
holungsphasen sind nötig, um ge
sund zu bleiben.
Windige
Vertragsklauseln
Krank
– und tschüss!
AK fordert Kündigungsschutz.
Radikal gehen manche Arbeitgeber
bei Krankenständen vor: Sie sprechen einfach die Kündigung aus.
M
oralisch mehr als unanstän-
dig, ist sie rechtlich leider
möglich: Die Kündigung
im Krankenstand. Doch zuletzt regis-
trierten die AK Arbeitsrechtsexperten
eine auffällige Häufung von Fällen, in
denen Kranke ihre Jobs verloren. Und
zwar auf unverschämte und rechtswid-
rige Weise: „Die Firmen wollen sich so
oft die Entgeltfortzahlung im Kran-
kenstand oder die sogenannten Been-
digungsansprüche sparen.“
Damit derart dreiste Vorgangswei-
sen gar nicht erst Schule machen,
fordert die AK einen Kündigungs-
schutz im Krankenstand – nach dem
Schweizer Modell.
So hatte sich ein Fahrverkäufer an
einem Sonntag krank gemeldet – und
vier Tage später die Kündigung erhal-
ten. Diese war jedoch rückdatiert auf
Freitag der Vorwoche, also auf zwei
Tage
vor
der Krankmeldung. Zudem
passte die Abrechnung nicht.
Schadenersatz.
Erst nach
Intervention der AK zahlte die Firma:
Und zwar Schadenersatz wegen frist-
widriger Kündigung und den offenen
Urlaubsanspruch, insgesamt mehr als
3.800 Euro. An einem Montag wur-
de ein Schleifer für vorerst vier Tage
krank geschrieben und meldete dies
umgehend. Eine Woche später kam
die fristlose Entlassung, weil er der Ar-
beit unentschuldigt ferngeblieben sei.
Als Endtermin war ebenfalls der Frei-
tag vor dem Krankenstand angegeben,
obwohl eine Rückdatierung rechtlich
nicht möglich ist.
Hier wollte sich der Betrieb wohl
die Entgeltfortzahlung sparen. Dank
AK erhielt der Schleifer diese aber
ebenso, wie Sonderzahlungen, Ersatz-
leistung für Resturlaub und Entschä-
digungsansprüche, in Summe knapp
4.000 Euro.
„Die Wirtschaft fordert häufig das
Schweizer Modell des Krankenstandes
mit einer Teil-Arbeitsfähigkeit“, sagt
AK Präsident Erwin Zangerl. „Wenn
es um den Kündigungsschutz geht, der
ebenso enthalten ist, können wir gerne
darüber reden!“ – Denn in der Schweiz
ist ein Kündigungsschutz bis zu 180
Tagen rechtlich verankert.
<<
Hiobsbotschaft.
Beschäftigte können auch – übrigens ganz legal – im
Krankenstand gekündigt werden. Einzuhalten sind nur die üblichen Fristen.
Faires Geld für
gute Arbeit
Transparenz.
Mit dem Gehaltsrechner erfahren
Sie, ob Ihre Leistung gerecht abgegolten wird.
J
eder verdient es, gerecht bezahlt
zu werden. Mit dem im Frühjahr
2013 aktualisierten Gehaltsrech-
ner auf der Homepage des Frauenmini-
steriums wissen Sie nach wenigen Mi-
nuten, ob Ihr Entgelt dem entspricht,
was Kollegen verdienen.
Der Gehaltsrechner wurde imHerbst
2011 installiert, um mehr Transparenz
bei den Einkommen zu schaffen. Denn
wer weiß, was in seiner Branche im
Schnitt bezahlt wird, hat bei Gehaltsver-
handlungen die besseren Argumente.
Mit rund einer Million Abfragen wur-
de die Initiative zum Erfolg. Auf Basis
von gut 77.000 anonymisierten Daten
werden für Männer und Frauen durch-
schnittliche Richtwerte für Löhne und
Gehälter berechnet – bezogen auf Be-
rufsgruppe, Branche und – jetzt neu –
auf Unterbereiche.
Ergebnisse sind der durchschnittliche
Bruttomonatsverdienst, die Spanne, in
der das Einkommen mit 95-prozentiger
Sicherheit liegt, und der durchschnitt-
liche Einkommensnachteil von Frauen
gegenüber Männern. Mehr unter www.
gehaltsrechner.gv.at
<<
Nr. 53, Juli | August 2013
Unter Druck.
Die Arbeitswelt wird immer härter. Mit vielen Verträgen werden Beschäftigten
unfaire Klauseln regelrecht aufgezwungen. Knapp neun von zehn Arbeitnehmern sind betroffen.
Haben Sie Fragen zu Ihrem
Dienstvertrag?
Die AK Arbeits
rechtsexperten helfen unter
0800/22 55 22 – 1414.
!
THEMA:
ARBEIT & RECHT
abgehobener vergleich
Eigenartiger
Humor!
R
und 15
Millionen
Euro erkämpft
die AK pro
Jahr für die
Beschäftigten
in Tirol: Offene Löhne und Gehäl
ter, Überstunden etc. Das belu
stigt den Herrn Wirtschaftskam
mer-Präsidenten, weil das ja „nur
0,12 Prozent der Bruttolohnsum
me“ sind. Ein eigenartiger und ab
gehobener Vergleich, wenn man
bedenkt, was es für Betroffene
heißt, monatelang auf zustehen
des Geld warten zu müssen und
sich meist erst nach Job-Ende zu
trauen, diese Ansprüche über
haupt geltend zu machen. Die AK
meint: Was den Herrn WK Präsi
denten daran so belustigt, möge
verstehen, wer will . . .
Im Regen.
All-In-Vereinbarungen zählen zu den häufigsten unfairen Klauseln in Dienstverträgen.
DAS IST AMTLICH
Kilometergeld fürs Radeln
W
ussten Sie, dass es auch für berufliche
Fahrten mit dem Fahrrad ein amtliches Kilo
metergeld gibt? Und dass sich das auch bezahlt ma
chen kann? – 38 Cent werden pro Rad-Kilometer
vergütet, also kaumweniger als für Autofahrten (42
Cent pro km). Weil mit dem Drahtesel aber so gut
wie keine Kosten anfallen, sind solche Dienstfahrten
besonders lukrativ. Einzige Einschränkungen: Verre
chenbar ist das Radler-Kilometergeld erst ab 2 km.
Außerdem muss das Fahrrad privat mehr genutzt werden als beruflich. Die
Jahreshöchstgrenze liegt bei 570 Euro (entspricht 1.500 km).
Foto:K.-P.Adler/Fotolia.com
Schadenersatz
verpflichten. Tritt eine
solche Strafe in Kraft, kann es für
den Betroffenen richtig teuer wer-
den. Hinzu kommen Zahlungen, die
bei behaupteten Verletzungen des Ar-
beitsvertrags fällig würden, oder kurze
Verfallsbestimmungen für offene An-
sprüche
Vergleich.
9.500 Euro sollte Bar-
bara aus einer Konkurrenzklausel zah-
len, weil sie bei einem IT-Dienstleister
gekündigt hatte und zu einer anderen
Firma wechselte. Sie hofft, die dro-
hende Strafzahlung mit Hilfe der AK
abwenden zu können. Franz erzielte
dank AK Experten einen Vergleich.
Für AK Präsident Erwin Zangerl
stehen diese Beispiele für viele Betrof-
fene: „Es braucht wieder mehr Respekt
vor den Leistungen der Arbeitneh-
mer“, fordert er Änderungen. Konkur-
renzklauseln müssen verboten werden.
Strafzahlungen dürfen nur im Ausmaß
des Schadens möglich sein, Verset-
zungen nur bei zumutbarer Wegzeit
und All-In-Verträge nur dann, wenn
das Entgelt für die Normalarbeitszeit
genau beziffert wird.
AK Tipps.
Versuchen Sie, un-
günstige Regelungen aus ihrem Vertrag
„hinaus“ zu verhandeln. Konkurrenz-
klauseln sind erst ab einem Monatsge-
halt bzw. -lohn von mehr als 2.156,57
Euro brutto gültig, bei Leiharbeit sind
sie in jedem Fall verboten. Bei Ausbil-
dungskosten kann ein kontinuierlich
sinkender Rückersatz für längstens fünf
Jahre vereinbart werden, in besonderen
Fällen für bis zu acht Jahre (Kosten für
eine Einschulung müssen Sie jedoch
nicht zurückzahlen!).
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