Qualitative Analyse
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Verkürzung der minimalen Kinderbetreuungsgeld-Bezugsdauer. Die Effekte beider Einflussgrößen
werden jedoch weitestgehend von zwei weiteren Faktoren dominiert.
Zum einen ist dies die grundsätzliche Einstellung des potenziell Kinderbetreuungsgeld
beziehenden Vaters. Zum anderen ist dies die Einstellung des Arbeitgebers gegenüber einer etwaigen
Inanspruchnahme der Karenz durch den Vater. Beide Gründe spielen letzten Endes auf die
gesellschaftspolitische Sichtweise der jeweiligen Person an. Solange diese nicht mit den Zielen einer
Erhöhung der Väterbeteiligung kompatibel ist, kann von den neu eingeführten Varianten lediglich ein
geringer Effekt auf die Väterbeteiligung erwartet werden.
Ein vorerst von der Einstellung des Arbeitgebers losgelöstes Argument gegenüber einer
etwaigen Inanspruchnahme der Karenz durch den Vater liegt in der Ausfüllung betriebsnotwendiger
Funktionen durch den Arbeitnehmer. Damit ist gemeint, dass es für bestimmte Funktionen für den
Arbeitgeber besonders schwierig, wenn nicht unmöglich ist, diese für eine kurze Zeit alternativ ohne
signifikante Reibungsverluste zu besetzen. Diese funktionale Sichtweise bringt es mit sich, dass die
Einstellung des Arbeitgebers gegenüber der Inanspruchnahme der Karenz nicht vom Geschlecht der
Person, sondern vom Ausmaß der Störung des betrieblichen Ablaufs abhängt. Jedoch hat sich seitens
der Studienautoren über sämtliche Interviews hinweg der Eindruck verfestigt, dass dieses Argument
von Seiten des Arbeitgebers deutlich öfter gegenüber Vätern als gegenüber Müttern vorgebracht
wird, was darauf hindeutet, dass selbst hinter diesem Argument zumindest teilweise eine
gesellschaftspolitische Sichtweise verborgen ist.
4.2.2. Zuverdienstgrenze
Hinsichtlich der Frage, welche Rolle Zuverdienstgrenzen beispielsweise bezüglich der Wahl der
Kinderbetreuungsgeld-Variante spielen, sei zunächst erwähnt, dass sich die Kinderbetreuungsgeld-
Varianten hinsichtlich der Zuverdienstgrenzen in zwei Gruppen einteilen lassen.
Auf der einen Seite stehen die Pauschalvarianten 12+2, 15+3, 20+4 und 30+6, die
Zuverdienstgrenzen in der Höhe von € 16.200 pro Kalenderjahr bzw. 60% des maßgeblichen
Gesamtbetrages der Einkünfte im Kalenderjahr vor der Geburt des jüngsten Kindes vorsehen, in dem
kein Kinderbetreuungsgeld bezogen wurde. Dergestalt kann davon gesprochen werden, dass sich die
Pauschalvarianten durch individualisierte Zuverdienstgrenzen auszeichnen. Demgegenüber steht die
einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld-Variante, deren Zuverdienstgrenze generell bei
Geringfügigkeit liegt und damit nicht auf die persönliche Einkommenssituation der
Kinderbetreuungsgeld beziehenden Person abstellt. Vor diesem Hintergrund ist die Frage der
Relevanz zu sehen.
Wie schon die Ergebnisse der online-Befragung zeigen, spielen die Zuverdienstgrenzen für die
Wahl der Kinderbetreuungsgeld-Variante eine vergleichsweise untergeordnete Rolle, wobei beachtet
werden muss, dass in Abbildung 15 bzw. Abbildung 16 die Darstellung getrennt für die
Pauschalvarianten 15+3, 20+4 bzw. 30+6 sowie die neu eingeführten Kurzvarianten 12+2 pauschal
bzw. 12+2 einkommensabhängig vorgenommen wurde und damit in Abbildung 16 eine Darstellung
der Gründe für die Wahl der Kinderbetreuungsgeld-Variante über unterschiedliche
Zuverdienstgrenzen vorgenommen wurde. Eine Darstellung der Gründe für die Wahl der jeweiligen
Kinderbetreuungsgeld-Variante getrennt nach der Zuverdienstgrenze erlaubt daher neue Einblicke.