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de. Bei diesen 21 Milliarden soll es allerdings nicht
bleiben, denn das Juncker-Konzept geht davon aus,
dass mit dieser Summe ein Multiplikatoreffekt von
1:15 erreicht werden kann, was eine Mobilisierung
von 315 Milliarden Euro über den Zeitraum von drei
Jahren bedeuten würde.
17
Um diese Hebelung zu
erreichen würde mit öffentlichen Geldern Garantien
übernommen, um private Investitionen anzuziehen.
Konkret bedeutet das, dass die Europäische Uni-
on für die Verluste privater Investoren haften würde
(„substanzielle Risikoabsicherung“). Das Konzept-
papier verweist in diesem Zusammenhang auf eine
Kapitalerhöhung der EIB im Jahr 2012, welche einen
geschätzten Multiplikatoreffekt von 1:18 erreichte.
Das heißt, für jeden eingesetzten Euro öffentlicher
Gelder wurden private Investitionen von 18 Euro
ausgelöst.
18
Juncker hofft, dass die Mitgliedsstaa-
ten auch Gelder für den Investitionsfonds beisteuern
werden, um den Effekt weiter zu erhöhen. Er stell-
te auch in Aussicht, dass Gelder, welche in diesem
Zusammenhang verwendet werden, nicht in die „Be-
wertung der öffentlichen Finanzen im Rahmen des
Stabilitäts- und Wachstumspakts“ einfließen würden,
d.h. nicht defizitwirksam würden.
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Mit der Investitionsoffensive, so sie denn die Zustim-
mung des Europäischen Rates findet, soll gezielt die
Realwirtschaft in der Europäischen Union angekur-
belt werden. Juncker nennt vor allem Infrastruktur-
maßnahmen als Projektziele (Breitband- und Ener-
gienetze, Verkehrsinfrastruktur in Industriegebieten),
aber auch Bildung, Forschung und Innovation, Er-
neuerbare Energien und Energieeffizienz werden
genannt.
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Angesprochen werden sollen kleine und
mittlere Unternehmen und sogenannte Mid-Cap-
Unternehmen, das sind Unternehmen mit einem
Börsenwert zwischen 500 Millionen Euro bis zu zwei
Milliarden Euro. Das Ziel ist es, das Bruttoinlands-
produkt der EU innerhalb von drei Jahren um 330 bis
410 Milliarden Euro zu steigern und bis zu 1,3 Millio-
nen neue Arbeitsplätze zu schaffen.
21
Kritikerinnen und Kritiker wenden ein, dass Junckers
Investitionsoffensive, selbst wenn es gelingt, die vol-
len 315 Milliarden Investitionspotenzial zu erreichen,
viel zu wenig ist. Das britische Wirtschaftsblatt „The
Economist“ bezeichnete Junckers Vorschlag sogar
als „lachhaft inadäquat“ und schätzte die Chancen,
dass die Investitionen tatsächlich einen Impuls für
Europa auslösen könnten, als „minimal.“
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Dieser Ar-
gumentation ist einiges abzugewinnen, denn immer-
hin macht der Stimulus auf ein einzelnes Jahr umge-
rechnet nur 0,8% des EU-BIPs aus.
Eine Reduktion der Arbeitslosigkeit um 1,3 Millionen
Menschen – dies nur unter der Voraussetzung, dass
neu geschaffene Arbeitsplätze ausschließlich von
Menschen besetzt werden, die zuvor arbeitslos wa-
ren – ist angesichts einer Anzahl von ca. 25 Millionen
Arbeitslosen in der EU viel zu wenig. Auch die Nati-
onalstaaten sind aufgefordert, ihren fiskalpolitischen
Spielraum, soweit es irgend möglich ist, zu nutzen,
um Konjunktur und vor allem auch den Arbeitsmarkt
zu beleben. In diese Richtung argumentierte auch
EZB-Präsident Mario Draghi und ließ offen, welchen
Mitgliedsstaat er damit im Besonderen meinte. Klar
war es allerdings trotzdem: Deutschland.
23
17
vgl. European Commission (26. November 2014), S. 9
18
vgl. ebda., S. 9
19
ebda., S. 7
20
vgl. ebda., S. 3
21
vgl. Euractiv.de (26. November 2014)
22
vgl. The Economist (29. November), S. 13
23
vgl. ebda., S. 14
Juncker möchte im Investitionspaket einen Schwerpunkt
auf erneuerbare Energien legen, allerdings dürften wohl
auch viele „klassische“ Infrastrukturmaßnahmen finanziert
werden.
cc m.prinke