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Seite 18 WISO

und Metallwarenindustrie. Dieser Lohnabschluss gilt

traditionellerweise als richtungsweisend für die Ab-

schlüsse in anderen Branchen. Für die rund 120.000

Beschäftigten in den Betrieben dieser Branche gilt

ab November 2014 ein Mindestlohn von EUR 1.724

brutto.

Vorangegangen war den zähen Verhandlungen eine

Auseinandersetzung darüber, welche Inflationsra-

te als Verhandlungsbasis heranzuziehen wäre. Die

Vertreter der Arbeitgeber argumentierten, dass die

gesamteuropäische Inflationsrate heranzuziehen sei,

da diese diejenige sei, welche für das Wettbewerbs-

umfeld relevant sei. Letztlich konnten sie sich mit die-

ser Position jedoch nicht durchsetzen. Die Vertreter

der Belegschaften argumentierten erfolgreich, dass

für die Beschäftigten in Österreich die österreichi-

sche Inflationsrate ausschlaggebend sei. Mit dem

Abschluss von 2,1% liegen die Zuwächse um rund

0,4 Prozentpunkte über der österreichischen Inflati-

onsrate.

Steuerreformmodelle liegen vor

Mitte Dezember 2014 lagen die Modelle zur Steu-

erreform von SPÖ (AK/ ÖGB-Modell), ÖVP und der

Steuerreformkommission vor. Beide Modelle, SPÖ

und ÖVP, sehen eine Senkung des Eingangsteuer-

satzes auf 25% vor. Im ÖVP-Modell würde dieser

Steuersatz bis EUR 16.000 reichen, im AK/ÖGB-

Modell bis zu einem Jahreseinkommen von EUR

20.000. Der Höchststeuersatz von 50% bliebe in bei-

den Vorschlägen erhalten. Im SPÖ-Modell würde er

ab einem Betrag von EUR 80.000 (statt bisher EUR

60.000) greifen, im ÖVP-Modell ab EUR 100.000.

Eine Einführung einer Negativsteuer bis zu EUR 110

für Pensionistinnen und Pensionisten sehen auch

beide Modelle vor. Bislang haben Personen im Ru-

hestand keine Möglichkeit auf Negativsteuer. Nicht

angetastet von beiden Vorschlägen werden die steu-

erlichen Begünstigungen von Urlaubs- und Weih-

nachtsgeld.

Das ÖVP-Modell sieht einen etwas „steileren“ An-

stieg des Steuersatzes vor, sieht aber eine Verringe-

rung der SV-Beiträge bei Geringverdienerinnen und

–verdienern vor. Im Gegenzug soll die Höchstbei-

tragsgrundlage ausgeweitet werden. Der Vorschlag

der SPÖ sieht eine automatische jährliche Abgeltung

der „kalten Progression“ vor, im ÖVP-Modell wird

dies nicht erwähnt.

Hinsichtlich der Gegenfinanzierung setzen beide

Modelle auf den Effekt der Selbstfinanzierung: durch

die Steuererleichterungen würde der Konsum an-

gekurbelt und dadurch steuerliche Mehreinnahmen

generiert. Beide Modelle rechnen mit Zusatzeinnah-

men von etwa einer Milliarde Euro. Streichungen von

Steuerausnahmen sollen zwischen 0,8 Milliarden

(SPÖ) und 0,9 Milliarden (ÖVP) bringen. Sehr viel

weiter auseinander liegen die Annahmen, wenn es

um mögliche Einsparungen bei der Verwaltung, beim

Finanzausgleich und den Förderungen geht. Wäh-

rend die SPÖ hier mit Einsparungen von rund einer

Milliarde Euro rechnet, sieht die ÖVP ein Potenzial

von bis zu zwei Milliarden Euro. Einigkeit herrscht da-

gegen wieder bei der Verstärkung der Steuerbetrugs-

bekämpfung, die in beiden Modellen eine Milliarde

Euro bringen soll. Wenig überraschend zeigten sich

große Unterschiede bei den vermögensbezogenen

Steuern. Das AK/ ÖGB-Modell rechnet mit Einnah-

men aus einer „Millionärsabgabe“ in Höhe von 1,5 Mil-

liarden Euro und zusätzlichen 0,5 Milliarden, die mit-

tels einer Erbschafts- und Schenkungssteuer lukriert

werden sollen.

Das ÖVP-Modell

enthält keine Ge-

genfinanzierung

mittels vermö-

gensbezogenen

Steuern.

Kurz nach Veröffentlichung der Modelle von SPÖ

und ÖVP präsentierte auch die ebenfalls von SPÖ

und ÖVP eingesetzte Steuerreformkommission ihre

Ergebnisse. Auf mehr als 200 Seiten wurden Hand-

lungsoptionen präsentiert. Keine Einigung konnte

zum Thema vermögensbezogener Steuern getroffen

werden. Die Frage, ob an den reduzierten Mehrwerts-

steuersätzen etwas geändert werden sollte, wurde

an die politische Ebene delegiert.

25

Die Kommissi-

on schlug darüber hinaus vor, die Besteuerung von

Dienstwägen zu erhöhen (mit Ausnahme von Autos

mit sehr wenig CO2-Ausstoß), die Abzugsfähigkeit

von Spenden sollte überprüft werden und eine er-

neute Reform der Pendlerförderung wurde angeregt.

Durch eine Steuerreform soll mehr Netto vom Brutto bleiben.

Eine Einigung der Regierungsparteien steht noch aus.

25

vgl. derstandard.at (12. Dezember 2014)

cc Ángel Apellido