

WISO Seite 43
erfassen, die in einer örtlichen Beziehung zu einem
bestimmten Gebiet stehen. Zum Wesen einer Ge-
bietskörperschaft gehört die Herrschaftsunterworfen-
heit sämtlicher Personen, die sich auf ihrem Gebiet
aufhalten. Der Gebietskörperschaft kommt also in
diesem Umfang behördliche Funktion zu.“
3
Somit stellt sich eine Frage: Was macht eine Ge-
meinde? Welche Aufgaben hat sie? In vielen Ange-
legenheiten, wie u.a. in Bereichen des Baurechts,
des Straßenrechts, etc. treffen die Gemeinden (Bür-
germeister, Gemeinderat, Gemeindevorstand)
4
Ent-
scheidungen als Behörde und schreiben Steuern/
Gebühren (z.B. Hundesteuer) vor. Sie betreiben aber
auch wirtschaftliche Unternehmen und öffentliche
Einrichtungen, v.a. um den Bedürfnissen der Ge-
meindebürgerinnen und -bürgern zu entsprechen.
Im Privatrechtsverkehr, z.B. beim Kauf eines Grund-
stückes, ist die Gemeinde keine Behörde, handelt
nicht hoheitlich, sondern hat die gleichen Rechte und
Pflichten wie jede andere natürliche oder juristische
Person. Sie haftet also auch, wenn sie den Kaufpreis
nicht bezahlt und kann sogar exekutiert werden.
Im Mittelpunkt der von der Gemeinde zu besorgen-
den Aufgaben stehen die Angelegenheiten des eige-
nen Wirkungsbereichs. Der eigene Wirkungsbereich
umfasst dabei alle Angelegenheiten, die im örtlichen
Interesse sind und die innerhalb ihrer örtlichen Gren-
zen besorgt werden können.
Die Österreichische Bundesverfassung nennt in ei-
ner demonstrativen, also einer beispielhaften und
nicht abschließenden Aufzählung, welche behördli-
chen Aufgaben von der Gemeinde im Rahmen des
eigenen Wirkungsbereichs zu erledigen sind: Die
Bestellung der Gemeindeorgane und Regelung der
inneren Einrichtungen zur Besorgung der Gemein-
deaufgaben (das sind organisatorische Maßnahmen,
wie z.B. die Gliederung in verschiedene Abteilun-
gen); Bestellung der Gemeindebediensteten und
Ausübung der Diensthoheit; örtliche Sicherheitspoli-
zei (dazu zählen Maßnahmen, die der Abwehr von
allgemeinen Gefahren für die öffentliche Sicherheit,
Ruhe und Ordnung dienen und keiner bestimmten
Verwaltungsmaterie zuzuordnen sind
5
, z.B. Maßnah-
men gegen die Erregung von störendem Lärm oder
störendem Geruch
6
, Maßnahmen betreffend den
Schutz vor Gefährdung und Belästigung durch Tiere
7
, etc.), örtliche Veranstaltungspolizei (gemeint sind
Regelungen betreffend örtliche Veranstaltungen, z.B.
Bewilligung von Tanzveranstaltungen, Faschingsum-
zügen, etc.
8
); Verwaltung der Verkehrsflächen der
Gemeinde (diese kann öffentlich oder privatrechtlich
erfolgen; in diesem Sinn gehören zu den behördli-
chen Aufgaben ua. die Widmung von Grundstücken
als Gemeindestraßen), örtliche Straßenpolizei (z.B.
Festlegung von Geschwindigkeitsbegrenzungen);
Flurschutzpolizei (umfasst Maßnahmen zum Schutz
des Feldgutes vor Beschädigung oder unbefugter
Entfernung, z.B. Anordnung der Leinenpflicht für
Hunde); örtliche Marktpolizei (umfasst Maßnahmen
zum Marktgeschehen in der Gemeinde, z.B. Gemein-
de kann Entgelte einheben für die Benützung eines
Marktplatzes); örtliche Gesundheitspolizei (umfasst
Maßnahmen zu lokalen Gesundheitsgefahren), Sitt-
lichkeitspolizei (umfasst Maßnahmen wie die Über-
wachung der Prostitution); örtliche Baupolizei (um-
fasst ua. Maßnahmen wie Baubewilligungsverfahren,
Ortsbildschutz, Bauaufsicht, örtlicher Landschafts-
und Naturschutz); örtliche Feuerpolizei (umfasst z.B.
die Bildung örtlicher bzw. freiwilliger Feuerwehren);
örtliche Raumplanung (erfasst sind hier z.B. Erstel-
3
7Ob537/92
4
Zwischenbemerkung: Der Begriff Behörde ist eine Teilmenge des Begriffs „Organ“: Unter Behörde sind jene Organe zu verstehen, denen
hoheitliche Aufgaben übertragen sind, insb. wenn sie zur Erlassung von Bescheiden oder Verordnungen berufen sind. Es gibt also keine
Behörde im organisatorischen Sinn, sondern ausschließlich Behörden im funktionellen Sinn; siehe dazu Raschauer, Allgemeines Verwal-
tungsrecht, 4. Auflage, RZ 138, Verlag Österreich
5
Neuhofer, Gemeinderecht, insbesondere 246ff, Springer Verlag
6
VfSlg 3201/1957
7
Siehe § 6ff Tiroler Landespolizeigesetz ua.
8
Siehe dazu Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003 ua.
cc holding graz