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Ortskerne, durch welche Gemeinde- oder Bundes-
straßen verlaufen. Gerade für den Regionalverkehr
wäre die Bereitschaft, für jede Fahrt auf der Autobahn
zahlen zu müssen, gering. Eine kilometerabhängige
Maut würde dadurch eine Verkehrsverlagerung von
den Autobahnen auf Ortschaften durchquerende
Straßen bedeuten. Damit würden belebte Ortskerne
mit einer massiven Verkehrszunahme konfrontiert.
Mehr Lärm, Abgase und Staus wären die Folge. Die
Gefahr für Unfälle würde steigen und die Lebensqua-
lität in den betroffenen Orten sinken. All diese Ent-
wicklungen können nicht im Sinne der Kommission
sein. Außerdem wäre es auch keiner pendelnden
Person zu begründen, warum sie, die auf der Auto-
bahn pendeln muss, zu zahlen hätte, während eine
andere auf einer Strecke, auf der keine Autobahn
vorhanden ist, weiterhin mautfrei pendeln könnte.
Somit würden auch innerhalb eines Staates Pendle-
rInnen unterschiedlich belastet, auch wenn sie eine
gleich lange Strecke pendeln.
Zu guter Letzt besteht ein Zusammenhang zwischen
den PKW- und LKW-Maut, der in der Diskussion bis-
lang vergessen wurde: Gemäß Eurovignettenrichtli-
nie dürfen die Mauteinnahmen nicht die Kosten für
die Infrastruktur, Instandhaltung sowie den laufen-
den Betrieb übersteigen. Dieser Grundsatz bleibt
auch im vorliegenden Entwurf zur Eurovignetten-
richtlinie unverändert. Mit Aufnahme der PKW in den
Anwendungsbereich der Verordnung würden diese
Einnahmen plötzlich auch für die Gegenrechnung
der Kosten relevant. Nicht nur in Österreich, sondern
beispielsweise auch in Deutschland sind die Maut-
sätze für LKW so hoch, dass Erhöhungen in Hinblick
auf die Gegenfinanzierung nicht mehr gerechtfertigt
werden könnten. Würden somit durch Einheben ei-
ner kilometerabhängigen Maut für PKW mehr Ein-
nahmen lukriert – was in Anbetracht der Mauthöhen
unvermeidlich ist – so bedeutet dies, dass im Gegen-
zug die Maut für LKW gesenkt werden müsste, um
den Grundsatz nicht übersteigender Einnahmen ge-
recht zu werden. Dem Szenario, dass also Autofah-
rerInnen mehr zu zahlen haben und gleichzeitig der
Schwerverkehr entlastet wird, ist eine ganz klare und
nachdrückliche Absage zu erteilen.
Somit bleibt das ernüchternde Resümee, dass im
Vorschlag zur Eurovignettenrichtlinie keine Ansätze
zu finden sind, die dem Problem der Umwegverkeh-
re entgegenwirken und den Mitgliedstaaten die Mög-
lichkeit geben würden, anhand des Instrumentes der
Maut verkehrslenkende Maßnahmen zu ergreifen.
Das Ziel, den europäischen Straßenverkehr umwelt-
freundlicher zu machen, wird mit einem Verbot von
Vignetten jedenfalls nicht erreicht. Es fehlen auch
gänzlich Maßnahmen, die eine Verlagerung des
Verkehrs von der Straße auf umweltfreundliche Ver-
kehrsträger bewirken würden. Gerade in Hinblick auf
die Fertigstellung des Brennerbasistunnels, die mit
2026 geplant ist, stellt sich nämlich immer stärker die
Frage, welche Maßnahmen Mitgliedstaaten ergreifen
können, damit die neu geschaffene Eisenbahninfra-
struktur für den Güterverkehr auch tatsächlich ge-
nutzt wird. Der vorliegende Vorschlag der Kommissi-
on gibt auf diese Frage jedenfalls keine Antwort.
1
https://ec.europa.eu/transport/modes/road/news/2017-05-31-europe-on-the-move_en2
Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Verkehrsplanung: Verkehr in Tirol – Bericht 2011, Innsbruck 2012
3
AK Wien: Grenzenlose Mobilität – Grenzenlose Ausbeutung. Wien 2016
4
Deutsches Verkehrsministerium: Infopapier zur Infrastrukturabgabe vom 25.01.2017
http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage/G/infopapier-infrastrukturabgabe.pdf?__blob=publicationFile