D
ie wichtigsten Aufgaben der AK
Tirol sind der Einsatz für mehr
Gerechtigkeit für die Beschäftigten und
die konkrete Hilfe in ihrer Arbeits- und
Lebenswelt. Und gerade in diesem
Bereich konnten die AK Experten im
letzten Jahr tausenden ratsuchenden
Menschen helfen. Nicht eingerechnet
sind weitere hunderte Millionen Euro,
die sich die AK Mitglieder
durch die vorbeugende
Beratung, rechtzeitige
Intervention sowie
wichtige rechtliche
und steuerliche
Hinweise der
AK Profis erspart
haben. 324.850
Beratungen wurden
durchgeführt und
mehr als 15,1
Millionen Euro für
die Mitglieder erkämpft. Die AK
hat mit den Beiträgen ihrer Mitglieder
äußerst umsichtig gewirtschaftet. Die
Gesamteinnahmen betrugen 2014
knapp 38 Millionen Euro. Der größte
Teil der Mittel wurde vor allem für die
direkte und umfassende Betreuung der
Mitglieder in den Bereichen Arbeits- und
Sozialrechtsberatung, Konsumentenbe-
ratung, Bildungs- und Jugendmaßnah-
men aufgewendet. Ein Schwerpunkt der
Tätigkeit gilt der Generation Jugend. Von
diesen Maßnahmen der AK Tirol profi-
tierten vor allem Kinder, Jugendliche,
Lehrlinge, Schüler und Studenten und
auch deren Eltern.
Ältere brauchen Chancen
P
OSITIONEN: ZUR ARBEIT
10
Nr. 75, Juni 2015
Ä
ltere Arbeitnehmer
brauchen wieder die
Wertschätzung, die sie
verdienen. Es sind nicht
nur die körperlichen
Tätigkeiten, auch Druck
und Arbeitsklima wirken
sich auf die Gesundheit
aus. Studien belegen, dass das
Risiko, unter einer psychischen Arbeitsbelastung zu
leiden, mit Alter, Arbeitsausmaß und bei Nacht- bzw.
Schichtarbeit zunimmt. Dabei wäre es so wichtig,
gesund zu altern. Die Wirtschaft fordert ja eine
immer längere Erwerbstätigkeit. Aber dazu müssten
Arbeitgeber für gesunderhaltende Jobs sorgen.
Die Lebensrealität sieht für viele in den „Besten
Jahren“ leider meist anders aus: Kündigungen
schon mit Ende 40 sind keine Seltenheit. Die Betrof-
fenen sind dann „zu jung“ für die Pension, aber „zu
alt“ für eine Arbeit. Und dann werden sie von man-
chen Kreisen als „Sozialschmarotzer“ abqualifiziert.
Dabei gäbe es eine Lösung: Das Bonus-Malus-
System, das von 1996 bis 2006 galt. Betriebe,
die Über-50Jährigen eine Chance gaben, sparten
sich den Arbeitslosenversicherungsbeitrag. Fürs
Kündigen treuer Mitarbeiter gab es einen Malus. So
könnten Ältere wieder die Wertschätzung erfahren,
die ihnen zusteht. ZumWohle aller.
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ie Arbeitslosigkeit bei
Tirolerinnen und Ti-
rolern, die über 50 Jahre
alt sind, nimmt seit
Jahren rapide zu. Einem
steigenden Anteil von
älteren Arbeitnehmern
steht ein rückläufiger Anteil
an jüngeren Arbeitnehmern
gegenüber, und dies hat große Auswirkungen auf
fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens.
Älteren Arbeitnehmern muss jedoch der Respekt
entgegengebracht werden, den sie verdienen. Die
Ablehnung älterer Arbeitskräfte auf Grund von Vor-
urteilen (zu teuer, unmotiviert, körperlich zu wenig
belastbar) muss aufhören. Denn für uns sind Ältere
das „verborgene Gold“ in Unternehmen, in die sie
langjährige Berufserfahrung und hohes Pflichtbe-
wusstsein einbringen.
Daher ist die Einführung eines Bonus-Malus-Sys-
tems unbedingt notwendig: Betriebe, die mehr äl-
tere Arbeitnehmer beschäftigen, gehören belohnt!
Diese praktikable Maßnahme wäre ein Anfang, um
das Problem der überaus hohen Altersarbeitslosig-
keit besser in den Griff zu bekommen. Denn jeder
und jede Beschäftigte hat sich ein ansprechendes
Arbeitsleben ein Leben lang verdient, und genau
das müssen wir gewährleisten.
D
ie Arbeitslosigkeit
steigt und steigt und
ganz dramatisch davon
betroffen sind ältere
Personen. Die Gründe
dafür sind vielfältig.
Einen großen Anteil
haben die Verschärfungen
im Pensionsrecht, mit denen ei-
gentlich das Pensionsantrittsalter erhöht werden soll.
Ältere Beschäftigte sind in der Regel teurer und es
wird ihnen oft weniger Leistungsfähigkeit, mangeln-
de Belastbarkeit und Flexibilität unterstellt. Die Politik
muss gegensteuern. Es muss für Unternehmen fi-
nanziell interessant sein, die Fähigkeiten von älteren
Beschäftigten zu nutzen, aber auch – wenn notwen-
dig – unangenehm, sollten sie dies nicht tun. Zudem
sollten auch Aufträge und Förderungen der öffent-
lichen Hand an eine altersmäßig gut durchmischte
Belegschaft gekoppelt werden. Durch eine schon
längst fällige generelle Arbeitszeitverkürzung, die
faire Verteilung der Arbeit und die Eindämmung der
ausufernden Überstundenarbeit würden neue Jobs
geschaffen. Außerdem wird es gesunde Arbeitsplätze
und mehr flexible Modelle für den Pensionsantritt
brauchen. Denn in einer immer älter werdenden
Gesellschaft werden wir alle länger arbeiten müssen,
damit am Ende nicht die Altersarmut winkt.
V
on den verschie-
densten Seiten
wird immer wieder
eindringlich auf den
Facharbeitermangel
hingewiesen und es
wird die Forderung nach
Arbeitskräften aus dem
Ausland hinzugefügt. Dabei
hätten wir eine große Anzahl an gut ausgebil-
deten Arbeitskräften hier im Lande. Das einzige
Handicap, das diese Arbeitskräfte haben, ist ihr
Alter. Denn hat man die 50 überschritten, ist es
trotz guter Ausbildung und demWillen zur Arbeit
kaum mehr möglich, eine entsprechende Arbeits-
stelle in unserem Land zu bekommen. Mit einem
Bonus-Malus-System, wie es von der Regierung
angedacht wird, könnte man Verbesserungen
für diese vorhandene und nicht genützte große
Gruppe an Arbeitskräften erreichen. Die Schwierig-
keit dabei ist allerdings das richtige Augenmaß zu
finden, um Mitnahmeeffekte zu verhindern und
anderseits Betriebe nicht zum „Ausflaggen“ zu
animieren. Aber auch Gemeinden, Städte, und das
Land können einen wichtigen Beitrag dazu leisten,
indem sie Menschen mit 50+ beschäftigen. Sicher
ist: Dieses Thema wird auch in nächster Zeit auf der
Tagesordnung bleiben.
Bonus-Malus für
die „Besten Jahre“
Arbeitslosigkeit
endlich bekämpfen
Gegensteuern und
neue Jobs schaffen
Das richtige
Augenmaß finden
Sozialdemokratische
GewerkschafterInnen
Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG
Grüne in der AK
Freiheitliche
Arbeitnehmer in der AK
Erwin Zangerl,
AK Präsident
Günter Mayr,
Fraktionsvorsitzender
Helmut Deutinger,
Fraktionsvorsitzender
Franz Ebster,
Fraktionsobmann
AK FRAKTIONEN ZUM THEMA:
ARBEITSLOSIGKEIT IM ALTER
Starke Bilanz
derAK Tirol
SCHUTZHAUS
A
rbeiterkammer-Präsident
Erwin Zangerl: „Die He-
rausforderung wird sein,
die Chancen der älteren
Menschen in der Arbeitswelt zu
erhöhen. Sie sollen die Möglich-
keit haben, gesund, gut ausge-
bildet und motiviert ihrer Arbeit
nachzugehen. Dazu braucht es
eine alternsgerechte Arbeitswelt,
die den Bedürfnissen und Stärken
dieser Gruppe entgegenkommt.“
Doch die aktuellen Zahlen
zeigen, dass die Arbeits-
organisation in vielen
Betrieben immer noch
allzu sehr auf Beschäf-
tigte unter 50 Jahren
zugeschnitten ist. Für
Ältere oder gesund-
heitlich Beeinträch-
tigte ist kein Platz
mehr, sie werden
häufig
gekündigt
und arbeitslos.
Die Zahlen bele-
gen dies eindeutig. In
Tirol nahm die Zahl
der Arbeitslosen imAl-
ter 50+ zwischen 2010
und 2014 um 61,6 % zu
und machte mehr als die
Hälfte der Gesamtzunah-
me der Arbeitslosigkeit
aus.
Neue Arbeitsmodelle.
Wer es
schafft, als älterer Arbeitnehmer
in Beschäftigung zu bleiben, muss
dies oft mit erhöhtem Einsatz wett-
machen. Vermehrte Gesundheits-
probleme bei den Beschäftigten
sind häufig die Folge ständiger
Arbeitsverdichtung und langer
Arbeitszeiten: Die durchschnitt-
liche Wochenarbeitszeit für Voll-
zeitbeschäftigte in Österreich ist
die höchste in der ganzen EU.
Knapp 800.000 Beschäf-
tigte leisten mehr
als sieben Millio-
nen Überstunden
in der Woche, also
gut neun pro Wo-
che und Person.
Faktum ist, dass
in vielen Betrie-
ben oft bis zum
Umfallen gear-
beitet wird. Wer
krank wird, wer
mit dem Tempo
nicht mehr mit-
halten kann, wird
häufig arbeitslos
oder arbeitet, bis
nichts mehr geht.
Ein solches Beschäftigungssystem
ist unmenschlich und verursacht
unnötigen Druck und Leid. Es ist
angesichts des steigenden Durch-
schnittsalters der Beschäftigten
nicht zukunftsfähig, höchst ver-
schwenderisch und unwirtschaft-
lich, denn Invalidität verur-
sacht Jahr für Jahr Kosten
in Milliardenhöhe.
Aus diesem Grund for-
dert die AK Tirol auch
die Umsetzung des
Bonus-Malus-Systems
für die Beschäftigung
älterer Dienstnehmer,
wie dies auch im Regie-
rungsprogramm vereinbart
wurde.
Bonus-Malus-System.
Einer-
seits soll eine verbindliche Min-
destbeschäftigungsquote für Ältere
über 50 Jahren in den Betrieben
festgelegt werden. Unternehmen,
die die Fürsorgepflicht gegenüber
den Arbeitnehmern nicht wahrneh-
men und die Beschäftigungsquote
nicht einhalten, müssen spüren, dass
sie eine wichtige gesellschaftliche
Pflicht nicht erfüllen. Das muss
dann auch Geld kosten. Wer sich
andererseits vorbildlich verhält, hat
nichts zu befürchten und kann sogar
mit einem Bonus rechnen.
Perspektiven.
Die Zahl der älteren Menschen steigt stetig an. Schon bald werden
Beschäftigte über 45 Jahren die größte Gruppe in den Betrieben repräsentieren.
Ohne Arbeit.
Den Über-
50Jährigen droht die größte
Gefahr, arbeitslos zu werden.
Foto: pathdoc/Fotolia.com
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