POSITIONEN
Das Zauberwort
heißt Investieren
W
aren bislang freiwillige Unfall-,
Kranken- und Lebensversiche-
rungen sowie Ausgaben für Wohnraum-
beschaffung und -sanierung steuerlich
absetzbar, soll sich dies im Rahmen der
Steuerreform ändern. Eine Ungerechtig-
keit, die es zu verhindern gilt, wie auch
die AK Tirol in ihrer Vollversammlung
feststellt, noch dazu, da die Absetzpos-
ten vor allem für niedrige bis mittlere
Einkommensbezieher konzipiert sind.
Damit würde die Abschaffung der wich-
tigsten Topf-Sonderausgaben gerade
jene Einkommen treffen, die im Zuge der
Steuerreform entlastet werden sollen.
Gleichzeitig bleiben jedoch steuerscho-
nende Privilegien anderer Gruppen
bestehen. „Steuergerechtigkeit sieht
anders aus“, sagt AK Präsident Erwin
Zangerl. Die AK Vollversammlung fordert
daher die Bundesregierung auf, die steu-
erliche Absetzbarkeit der Ausgaben für
Wohnraumbeschaffung und -sanierung
sowie Personenversicherungsverträge im
Rahmen der Topf-Sonderausgaben bei-
zubehalten. Zumindest ist es gelungen,
für laufende und noch heuer abgeschlos-
sene Verträge eine Übergangsfrist bis
Ende 2020 zu erreichen. Gelungen ist
weiters, dass die freiwillige Weiterver-
sicherung in der Pensionsversicherung
und der Nachkauf von Schul- und Studi-
enzeiten auch weiterhin von der Steuer
abgesetzt werden können.
S
peziell Beschäftigte mit niedrigeren
Einkommen sollen mit der Lohn-
steuerreform entlastet werden. Doch die
Erfahrungen zeigen, dass bei sogenann-
ten Nettolohnvereinbarungen – wie
oft in Hotel- und Gastgewerbe, Trans-
port- und Baugewerbe vereinbart – die
Steuervorteile an die Arbeitnehmer nicht
weitergegeben werden.
Deshalb fordert AK Präsident Erwin
Zangerl bei der AK Vollversammlung von
den zuständigen Ministern umgehend
einen Gesetzesvorschlag, mit dem
sichergestellt ist, dass von der Lohnsteu-
ersenkung 2015 auch Arbeitnehmer mit
sogenannten Nettolohnvereinbarungen
profitieren.
„Topf-Sonderausgaben“ müssen absetzbar bleiben
Arbeiter gehören spürbar entlastet
FORDERUNG IV
FORDERUNG III
7
Nr. 75, Juni 2015
Foto: Sergey Nivens/Fotolia.com
Foto: Sergey Nivens/Fotolia.com
MMEN
LITIK
WOHNEN
D
en Beschäftigten geht es
hierzulande besser als in
den meisten anderen Län-
dern. Die Arbeitnehmer-
vertretungen haben in den vergan-
genen Jahrzehnten viel Positives
erreicht. Die Standards bei Arbeits-
bedingungen und bei den Arbeit-
nehmerrechten sind hoch.
WOHLSTAND
Der jüngste Erfolg ist die endlich
umgesetzte echte Lohnsteuer-Re-
form, die mehr Netto vom Brutto
bringt und die arbeitende Bevölke-
rung um fünf Milliarden entlastet.
Wie wichtig diese Maßnahme ist,
wird sich schon in wenigen Mona-
ten zeigen. Die Lohnsteuer-Reform
wird allein Tirol mehr als 300 Mil-
lionen Euro mehr Kaufkraft brin-
gen, wovon die Menschen genau-
so profitieren wie die Wirtschaft.
Denn die Beschäftigten sind der
Motor der Wirtschaft, ohne ihre
Leistungen und ohne ihre Investiti-
onen steht alles still.
KURSWECHSEL
Was jetzt noch zur Trendwende
fehlt, ist ein deutlicher Kurswech-
sel in Österreich und Europa. Der
Irrweg des Kaputtsparens am fal-
schen Platz gehört endlich ver-
lassen. Dieser Weg ist mit seinen
politischen Fürsprechern in Eu-
ropa, Deutschland und Österreich
sichtlich gescheitert. Denn so wer-
den mehr Arbeitsplätze vernichtet,
als je an Ersparnis herauskommt.
Der Privatisierungswahn – ver-
bunden mit dem Glauben an reine
Gewinnmaximierung – hat sich als
trügerische Maßnahme entpuppt,
bei der nur einige wenige profitiert
haben und die Mehrheit verloren
hat.
SOZIALE SICHERHEIT
Für die Errungenschaften im So-
zial- und im Arbeitnehmerschutz-
bereich in unserem Land musste
jahrzehntelang gekämpft werden.
Manche Kreise in der Politik wol-
len diese wichtigen Leistungen mit
einem Federstrich ändern. Sie reden
von fehlender Flexibilität und man-
gelndem Reformwillen und meinen
Sozialabbau in großem Stil. Die
Arbeitnehmervertretungen werden
sich diesem Kosten- und Spardruck
nicht beugen. Denn das würde eine
massive Verschlechterung für die
arbeitende Bevölkerung bedeuten.
Auch die permanente Verunsiche-
rung bei den Pensionen – Stichwort
Pensionsautomatik,
Frauenpen-
sionsalter – oder bei den Kosten
unseres Gesundheitssystems muss
eine Ende finden. Hier wird mit Un-
wahrheiten argumentiert, Jung soll
gegen Alt, Frauen gegen Männer
ausgespielt werden. Und diejeni-
gen, die am lautesten Reformen bei
den Beschäftigten einmahnen, sind
oft die größten Blockierer, wenn es
um ihre eigenen Sicherheiten geht.
VOLLBESCHÄFTIGUNG
Auch die Kosten von Arbeitslosig-
keit werden oft als nebensächlich
abgetan. Es geht um Schicksale,
um die Existenz ganzer Familien.
Ganz zu schweigen von den psy-
chischen und körperlichen Folgen.
Arbeitslosigkeit macht arm. Und
sie macht krank. Es gilt, wieder
Richtung Vollbeschäftigung zu
gehen. Diese trägt mehr zur Bud-
getsanierung bei als jeder noch so
brutale Kürzungskurs. Denn mehr
Menschen in Beschäftigung bedeu-
tet auch mehr Beitragszahler – da-
von profitieren auch unser Sozial-,
Pensions- und Gesundheitssystem.
KLUG INVESTIEREN
Geld in die Zukunft zu stecken,
bringt mehr als blindes Kürzen. Ein
Pfeiler auf demWeg zu mehr Arbeit
und Vollbeschäftigung sind Inve-
stitionen. Am Bau rechnet sich das
zum Beispiel siebenfach. (Miet-)
Wohnbau und Infrastrukturausbau
müssen also Vorrang haben. Auch
wer mehr Geld in die Betreuung
von Kindern und die Pflege steckt,
wird belohnt. Für 100 Millionen an
Zukunftsinvestitionen wächst das
Bruttoinlandsprodukt im Schnitt
um 158 Millionen Euro.
Vorrang für Qualität.
Es braucht gute Arbeit, die gerecht
entlohnt wird, die Respekt gegenüber Arbeitnehmern zeigt und die
nicht krank macht. Möglich wir dies mit den richtigen Investitionen.
Illustrationen: jr_casas/Fotolia.com