Absprachen bei Lebensmitteln
26 Mio. Euro!
So viel wurde 2013 in Summe an Geldbußen wegen Preisabsprachen
verhängt, der Großteil davon bei Lebensmitteln. Draufzahler sind die Konsumenten.
Teurer Einkauf
AK Preistest.
Um bis zu 170 % waren idente Marken-Produkte in München günstiger
als in Tirol. Doch die EU-Kommission argumentiert mit schlechten Ausreden.
G
erade einmal 1 Prozent
beträgt der Unterschied
bei der Mehrwertsteuer
zwischen
Deutschland
(19 %) und Österreich (20 %). Wa-
rum aber Konsumenten für diesel-
ben Pommesfrites in Innsbruck 3
statt wie in München 1,11 Euro zah-
len müssen, also um 170,27 Prozent
mehr, das konnte noch niemand
nachvollziehbar erklären!
Und dieser Wert ist nur der Spit-
zenreiter des aktuellenAKPreistests
bei Lebensmitteln, der einmal mehr
einen unverschämten Österreich-
Aufschlag belegt. Es gab bei der
gesamten Erhebung kein einziges
Produkt, das in Innsbruck günstiger
als in München gewesen wäre!
Der haarsträubende Drogerie-
artikel-Test vom Herbst 2014 war
Anlass für die AK Konsumenten-
schützer, auch bei Lebensmitteln
einen grenzübergreifenden Preis-
vergleich durchzuführen. Und so
wurden MitteApril die Preise für 37
ausgewählte Markenlebensmittel
erhoben. Und zwar in jeweils 5 Su-
permärkten in Wien, Innsbruck und
München. Das Ergebnis war leider
wenig überraschend: Auch bei Le-
bensmitteln müssen Konsumenten
in Tirol viel mehr bezahlen, als in
Deutschland.
Teures Tirol.
Wieder war der
teuerste Markt in München immer
noch günstiger als der billigste
Markt in Innsbruck. Während der
Lebensmittel-Warenkorb in Mün-
chen zwischen 71,56 und 79,59
Euro kostete, lag die Preisspanne
in Innsbruck zwischen 93,83 und
96,75 Euro.
Schlechter Witz.
„Derart dra-
stische Österreich-Aufschläge sind
durch nichts zu rechtfertigen und
gehören abgestellt. Deshalb bin
ich entsetzt, dass die von der AK
eingeschaltete
EU-Kommission
bisher untätig geblieben ist. Ja, sie
versucht offenbar sogar, diese Zu-
stände noch zu verteidigen! Die Ar-
gumente, wie etwa angeblich ‚un-
terschiedliche Marktbedingungen‘
bzw. ‚Unterschiede bei der Mehr-
wertsteuer‘ – bei gerade einmal
einem Prozentpunkt – können nur
ein schlechter Witz sein! Es glaubt
wohl niemand, dass Preisunter-
schiede von bis zu 170 Prozent bei
identen Produkten damit zu recht-
fertigen wären. Die Interessen der
Wirtschaft in Europa dürfen nicht
deutlich höher bewertet werden,
als jene der Konsumentinnen und
Konsumenten. Die EU-Kommissi-
on muss daher endlich aktiv wer-
den“, so AK Präsident Zangerl.
Kaum zu glauben, aber wahr:
Der Einkaufstest beweist einen unverschämten Österreich-Aufschlag!
DRAUFZAHLER
FACTS
Gleichbehandlung
bei den Preisen
D
ie AK Tirol hat bereits im Herbst
2014 und im Frühjahr 2015
Preistests bei Drogerieartikeln durchge-
führt und dabei festgestellt, dass idente
Produkte in Tirol um ein Vielfaches
teurer sind als in München (siehe
Bericht auf der rechten Seite). Dieser
Umstand wurde leider auch durch den
AK Test bei Lebensmitteln eindrucksvoll
bestätigt (siehe links). Der Umstand,
dass gleiche Produkte in Innsbruck
teilweise so viel mehr kosten, als in
München, ist für niemanden nachvoll-
ziehbar und kann auch nicht mit einer
unterschiedlichen Steuer, die bei Le-
bensmitteln gerade ein Prozent beträgt,
oder anders gelagerten Marktbedin-
gungen gerechtfertigt werden.
Die festgestellten Ergebnisse müssen
daher Anlass genug sein, dass die
EU-Kommission diesen eklatanten Preis-
unterschieden auf den Grund geht bzw.
entsprechende Maßnahmen ergreift,
um diese augenscheinliche Ungleich-
behandlung abzustellen. Daher war
die AK Tirol auch bereits aktiv und hat
die Europäische Kommission direkt mit
den Ergebnissen der Untersuchungen
konfrontiert und verlangt, dass endlich
gehandelt wird.
Es besteht eine offenkundige Un-
gleichbehandlung in Abhängigkeit vom
Wohnort der Konsumenten, für die kei-
ne sachliche Rechtfertigung ersichtlich
ist. Seitens der EU-Kommission wären
daher entsprechende Maßnahmen zu
treffen, um einer möglichen diskrimi-
nierenden Preisgestaltung europaweit
tätiger Handelskonzerne einen Riegel
vorzuschieben. Dass die EU-Kommission
bisher noch nicht tätig wurde, ist be-
fremdlich, für die AK Tirol jedoch Grund
genug, bei diesem wichtigen Themen-
bereich nicht locker zu lassen.
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Nr. 75, Juni 2015
Foto: Robert Kneschke/Fotolia.com
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D
ie österreichischen Wett-
bewerbsbehörden hatten
2013 alle Hände voll zu
tun: An Geldbußen wur-
de die Rekordsumme von 26,331
Millionen Euro verhängt, 23 Milli-
onen Euro davon betrafen den Le-
bensmittelbereich. Zum Vergleich:
Im Jahr zuvor wurden „nur“ 1,1
Millionen Euro an Strafen ver-
hängt. Nur einmal wurde diese
Summe bisher übertroffen: 2008
bei der Verurteilung des Aufzugs-
kartells.
Das zeigt der Wettbewerbsbe-
richt der Arbeiterkammer: „Hier
wird den Konsumenten über un-
gerecht hohe Preise erheblich
geschadet. Es braucht schärfere
Maßnahmen gegen Preisabspra-
chen“, fordert Arbeiterkammer-
Präsident Erwin Zangerl.
Intransparente
Verfahren.
Alle bislang abgeschlossenen Ver-
fahren wurden im Rahmen von so-
genannten „Settlements“ beendet.
Das sind vorzeitig beendete Ver-
fahren zwischen Bundeswettbe-
werbsbehörde und Kartellamt mit
anschließendem gerichtlichem
Beschluss vor dem Kartellge-
richt. Gerechtfertigt wird dieses
verkürzte Verfahren seitens der
Behörde mit der Notwendig-
keit der effizienten Nutzung der
Ressourcen. Die Kritik derAK: Die
Verfahren sind intransparent. Darü-
ber hinaus profitieren die Kartel-
lanten durch geringere Geldbußen,
schnelleren Verfahrensabschluss
und damit Kostenersparnis.
Umkehr der Beweislast.
Der
Wettbewerbsbericht der AK zeigt,
dass vor allem Konsumenten von
Kartellabsprachen betroffen sind.
AK Präsident Zangerl fordert da-
her, dass die Geldbußen für den
Konsumentenschutz zweckgewid-
met werden. Die AK verlangt auch
mehr Transparenz bei den „Settle-
ments“: „Die Konsumenten müssen
wissen, was genau die Preisabspra-
che war und wer aller daran betei-
ligt war. Damit künftig Anbieter
beweisen müssen, dass ihre Preise
gerechtfertigt sind, fordert die AK
eine Umkehr der Beweislast für
hochkonzentrierte Märkte
– wie im Regierungspro-
gramm vereinbart“, so
Zangerl.
Die AK verlangt:
Geldbußen wegen
Preisabsprachen sollen dem Konsu-
mentenschutz zugute kommen.