Alarmierende Zahlen:
Tirol braucht dringend
Konjunktur-Programm
Neue Arbeitsplätze schaffen, die
Beschäftigungsqualität
verbes-
sern, Einkommen erhöhen und eine
Wohnbau-Offensive starten sind
die vorrangigen Forderungen der
Tiroler AK. Tirol braucht rasch ein
umfangreiches Konjunkturpaket,
denn die Entwicklungen am Ar-
beitsmarkt sind dramatisch.
ARBEITSLOSIGKEIT
Die Zahlen lassen sich nicht be-
schönigen: Im Jahr 2014 waren in
Tirol 314.986 Personen beschäftigt,
um 6,2 %mehr als vier Jahre zuvor.
Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl
der Arbeitslosen in Tirol jedoch um
21,3 %! Am meisten betroffen von
der Ausweitung waren der Arbeits-
marktbezirk Innsbruck/Innsbruck-
Land (+ 36,4 %) sowie der Bezirk
Kufstein (+ 23,2 %). Zusammen
machen beide Regionen mehr als
zwei Drittel (72 %) der Gesamtzu-
nahme an Arbeitslosigkeit in Tirol
aus: Tendenz steigend.
Besonders negativ entwickelte
sich die Lage für Ältere. Die Zahl
derArbeitslosen imAlter 50+ nahm
von 2010 bis 2014 um 61,6 % zu!
Insgesamt war die Gruppe der ar-
beitslosen Über-50Jährigen für
mehr als die Hälfte der Gesamtzu-
nahme der Arbeitslosigkeit in Tirol
verantwortlich. In vier Bezirken
(Imst, Landeck, Lienz und Reutte)
war sogar die gesamte Zunahme
der Arbeitslosigkeit ausschließlich
auf die Personen im Alter 50+ zu-
rückzuführen.
INTERN
AK PROGRAMM
D
ie schleichende jährliche Steuererhö-
hung – die „kalte Progression“ – trifft
die arbeitende Bevölkerung automatisch,
ohne dass eine Steuererhöhung be-
schlossen werden muss. Da die einzelnen
Steuertarif-Stufen in Österreich nicht an
die jährliche Inflation angepasst werden,
kann der Staat dadurch beträchtliche
Mehreinnahmen verbuchen, während
Arbeitnehmer gleichzeitig Reallohn-
verluste erleiden. Damit muss endlich
Schluss sein, deshalb fordert die AK Tirol
in ihrer Vollversammlung umgehend
eine gesetzliche Regelung, wonach der
Steuertarif und die Steuerabsatzbeträge
regelmäßig an die Preis- bzw. Lohnent-
wicklung angepasst werden.
D
ringenden Handlungsbedarf ortet
AK Präsident Erwin Zangerl beim
zuständigen Wohnbaulandesrat Jo-
hannes Tratter. „Es ist höchste Zeit für
eine Trendumkehr. Wohnen muss in Tirol
endlich den Stellenwert bekommen, den
es als Grundrecht verdient“, so Zangerl.
Mindestens 2.000 neue Wohnungen pro
Jahr seien notwendig, um Spekulationen
einzudämmen und die Preise zu senken.
Ebenso fordert Zangerl eine rigorose
Zweckbindung der Wohnbauförderung,
sowohl der Zu- als auch der Rückflüsse,
zudem sei eine Erhöhung der Förderung
dringend geboten. Der AK Präsident defi-
nierte auch einen Forderungskatalog an
das Land: „Die künstliche Verknappung
von Bauland bringt es mit sich, dass die
Preise für Grundstücke und Wohnungen
in Tirol in den letzten Jahren explodiert
sind. Deshalb ist auch eine Spekulations-
bzw. Baulandabgabe anzudenken.“
Ein weiterer Punkt, den Zangerl neben
der Zweckwidmung der Wohnbauför-
derung anspricht, ist die Einführung
einer Mietpreisbremse nach deutschem
Vorbild. Zudem sollen Änderungen in der
Immobilienmaklerverordnung vorgenom-
men werden, mit Senkung der Provisi-
onshöchstsätze und der Einführung eines
Auftragsprinzips
(siehe Seite 12)
.
„Die zuständigen Politiker müssen sich
endlich bewegen, damit Wohnen wieder
leistbar wird“, so Zangerl.
Kalte Progression endlich abgelten Handeln statt zaudern: Tirol braucht Wohnoffensive
FORDERUNG I
FORDERUNG II
Aus diesem Grund fordert die AK
Tirol keine Kürzung von AMS-Mit-
teln und die Umsetzung des Bonus-
Malus-Systems für ältere Dienst-
nehmer (siehe Seite 10).
EINKOMMEN
Tirol ist seit Jahren konstant
Schlusslicht bei den Einkommen in
Österreich und einAufholprozess ist
weiter nicht in Sicht. Bei ganzjäh-
riger Vollzeitarbeit verdienen Tiroler
Beschäftigte um 5,7 % weniger als
im österreichischen Durchschnitt.
Auf ein Jahr gerechnet bedeutet
das 1.684 Euro netto weniger! Fünf
Tiroler Bezirke liegen sogar 10 %
hinter dem österreichischen Durch-
schnittseinkommen zurück. Die AK
Tirol fordert deshalb eine regional
fokussierte Standortentwicklung:
Vor allem touristisch geprägten Re-
gionen fehlen ganzjährige Beschäf-
tigungsalternativen. Ebenso muss
das Netz sozialer Dienstleistungen
dichter werden, vor allem im länd-
lichen Raum. Zudem soll ein Quali-
tätssiegel für Arbeitsplätze geschaf-
fen werden.
BESCHÄFTIGUNG
Nachdem die AK ihr „Konjunktur-
paket Tirol“ vorgelegt hatte, folgte
die Ankündigung des Landes, eine
dreistellige Millionensumme zur
Stärkung der Beschäftigungssituati-
on zu investieren. Höchste Zeit, denn
in keinem anderen österreichischen
Bundesland liegt der Anteil ganzjäh-
rig Vollzeitbeschäftigter niedriger
als in Tirol. So befanden sich 2013
weniger als die Hälfte (47,7 %) der
Tiroler in dieser Beschäftigungs-
form! Auch die Teilzeit steigt stark
und macht rund zwei Drittel der ge-
samten Beschäftigungszunahme in
Tirol aus. Besonders bedenklich: Zu
80 % ist die Zunahme der Teilzeitbe-
schäftigung, mit all ihren negativen
Langzeitfolgen, weiblich.
Um die Situation zu entschärfen,
fordert die AK Tirol, dass Förde-
rungen und Aufträge der öffentli-
chen Hand an Qualitätskriterien für
die Beschäftigung der ausführenden
Unternehmen gebunden sind. Un-
ternehmen, die stabile Ganzjahres-
arbeitsplätze bieten, sind zu bevor-
zugen. Ebenso muss die leistbare
Kinderbetreuung vor Ort weiter aus-
gebaut und die Öffnungszeiten den
Erfordernissen des Erwerbslebens
angepasst werden. Ebenso gehören
Pflegedienste ausgebaut. Zudem
fordert die AK verstärkt Kontrollen,
um sicherzustellen, dass bei auslän-
dischen Arbeitnehmern die arbeits-
und sozialrechtlichen Standards ein-
gehalten werden.
STANDORTPOLITIK
Gerade jetzt ist es wichtig, neue und
attraktive Betriebe nach Tirol zu
bringen, die längerfristig gesicherte
und qualitativ hochwertige Arbeits-
plätze bieten. In diesem Sinne ist
die Standortagentur Tirol kritisch zu
prüfen, ebenso müssen die 170 Mil-
lionen Euro anWirtschaftsförderung
des Landes (Wirtschaft, Landwirt-
schaft, Tourismus) transparenter ge-
staltet und zielgerichteter eingesetzt
werden. Die AK fordert, mit diesen
Mitteln in erster Linie Betriebe zu
unterstützen, die zusätzliche (Voll-
zeit-)Arbeitsplätze schaffen.
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Nr. 75, Juni 2015
Foto: Sergey Nivens/Fotolia.com
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AK Resolution.
Seit Jahren ist Tirol Schlusslicht bei Einkommen
und Vollzeitbeschäftigung, während die Arbeitslosigkeit steigt und
die Wohnkosten explodieren. Die AK fordert nun Gegenmaßnahmen.
POSITIONEN
ARBEITSLOSIGKEIT
EINK
STANDORTP
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Zahlen & Fakten
Daten und Hintergrundinformationen
zur Situation in Tirol finden Sie auf
ak-tirol.com/service/studien