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N

ach 17 Jahren gibt es in der Tiroler

ÖGB-Landesorganisation einen

Wechsel an der Spitze des Landessekre-

tariats: Peter Hofer verabschiedet sich

nach mehr als 30 Jahren in den wohlver-

dienten Ruhestand.

Peter Hofer blickt auf eine 35jährige

Zeit beimÖGB Tirol zurück. Er hatte in

dieser Zeit die verschiedensten gewerk-

schaftlichen

Funktionen

inne. Zuletzt war

er 17 Jahre lang

ÖGB Landes-

sekretär. Sein

unermüdlicher

Einsatz für faire

Rahmenbe-

dingungen im

Arbeitsalltag

war geprägt von

Respekt und

solidarischem

Miteinander.

Dabei setzte er

im Zuge seiner

Tätigkeit auf intensive Vernetzung und

sozialpolitische Interessenvertretung.

Sein Nachfolger ist Mag. Benjamin

Praxmarer. Seine Aufgaben umfassen

künftig die geschäftsführende Tätigkeit in

der Tiroler Landesorganisation des ÖGB.

Die Tiroler Arbeiterzeitung wünscht

Kollegen Peter Hofer alles Gute im Ru-

hestand und dem neuen Landessekretär

eine erfolgreiche gemeinsame Arbeit zum

Wohle der Tiroler Arbeitnehmerinnen und

Arbeitnehmer .

Auch Sie sind

einmal 50+

Ältere sind Verlierer

amArbeitsmarkt

Es braucht mehr

flexible Modelle

Die Regierenden

versagen kläglich

Sozialdemokratische

GewerkschafterInnen

Liste Erwin Zangerl, AAB-FCG

Grüne in der AK

Freiheitliche

Arbeitnehmer in der AK

Erwin Zangerl,

AK Präsident

Günter Mayr,

Fraktionsvorsitzender

Helmut Deutinger,

Fraktionsvorsitzender

Franz Ebster,

Fraktionsobmann

Zu wenig Ältere im Beruf

Bonus-Malus-System für Arbeitsmarkt.

Arbeitnehmer über 55 Jahre brauchen mehr

Beschäftigungsmöglichkeiten. Betriebe haben hohe gesellschaftliche Verpflichtung.

ARBEITSLOS IM ALTER. UND NUN?

AK FRAKTIONEN ZUM THEMA:

POSITIONEN: ZUR ARBEIT

NEUER LANDESSEKRETÄR

Wechsel im

ÖGB Tirol

10

Nr. 78, Oktober 2015

D

ie Zahlen für

September 2015

sprechen eine deutliche

Sprache: 5.542 von

20.782 Arbeitslosen in

Tirol waren älter als 50

Jahre. Und heuer waren

gegenüber September

2014 um 457 mehr Ältere

beimAMS arbeitslos gemeldet (+ 9 %). Auf diesen

besorgniserregenden Trend hat die AK Tirol schon

früh hingewiesen und ein Bonus-Malus-System für

die Betriebe gefordert. Jetzt drängt die Zeit. Denn

heute 50jährige Männer müssen noch 8,9 Jahre

arbeiten, bis sie das durchschnittliche Pensionsan-

trittsalter erreichen. Und im Regierungsprogramm ist

ein Ansteigen des faktischen Pensionsalters auf 60,1

Jahre schon festgelegt. Aber leider bekommen viele

ältere Beschäftigte, die gerne arbeiten und ihr Wissen

weitergeben würden, erst gar nicht die Chance dazu.

Sie werden in die Arbeitslosigkeit gedrängt, weil sich

Unternehmen zunehmend aus ihrer Verantwortung

stehlen. Deshalb führt kein Weg vorbei an einem

quotenbezogenen Bonus-Malus-System, das sich

daran orientiert, wie viele Ältere Betriebe mit mehr

als 25 Mitarbeitern beschäftigen. Und den Mana-

gern, die Ältere als Kostenfaktor wegrationalisieren,

sei gesagt: Auch sie sind einmal 50+...

Ä

ltere Arbeitnehmer

sind die Verlierer am

Tiroler Arbeitsmarkt. Um

ihnen eine Perspek-

tive zu ermöglichen,

braucht es unbedingt

die Einführung des im

Regierungsprogramm ver-

ankerten Bonus-Malus-Systems,

das in Unternehmen einen Mindestanteil an älteren

Beschäftigten vorschreibt. Neben demAnreiz, Ältere

einzustellen, umMalus-Zahlungen zu vermeiden,

stiege auch die Bereitschaft der Firmen, in die Quali-

fizierung von Mitarbeitern und die Gesundheitsför-

derung zu investieren. Eine notwendige Maßnahme

ist auch die Umsetzung des Bestbieterprinzips:

Förderungen und Aufträge der öffentlichen Hand

müssen an Qualitätskriterien gebunden werden, um

sicherzustellen, dass Unternehmen fair mit ihren

Beschäftigten umgehen. Auch entstehen stabile und

langfristige Arbeitsplätze für ältere Arbeitnehmer nur

dann, wenn das Land die 170 Millionen Wirtschafts-

förderung zielgerichtet einsetzt. Nur durch den rich-

tigen Einsatz der Mittel und der Strukturmaßnahmen

kann der Ausbau einer aktiven Arbeitsmarktpolitik

gewährleistet werden. Denn es ist egal, welches Alter

der Arbeitnehmer erreicht hat: Jeder verdient sich ein

ansprechendes Arbeitsleben, ein Leben lang.

D

ie Altersarbeitslosig-

keit steigt und steigt!

Die an und für sich posi-

tiv gesehene Anpassung

an das gesetzliche Pen-

sionsantrittsalter zeigt

nun ihre Schattenseiten.

Schon immer war es für

ältere Arbeitnehmer schwierig,

nach Ende einer Beschäftigung eine neue Stelle

zu finden. Für viele war oft die Pensionierung die

einzige Lösung. Manche Unternehmen entledigten

sich sogar mit dem Verweis auf die mögliche Pensio-

nierung von älteren Beschäftigten und entzogen sich

damit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung.

Es muss für Unternehmen finanziell interessant

und, wenn notwendig, auch unangenehm sein, die

Fähigkeiten der älteren Beschäftigten zu nutzen. Es

sollen Aufträge und Förderungen der öffentlichen

Hand an eine auch altersmäßig gut durchmischte

Belegschaft gekoppelt werden. Durch eine schon

längst fällige generelle Arbeitszeitverkürzung, eine

faire Verteilung der Arbeit und die Eindämmung

der ausufernden Überstundenarbeit werden neue

Jobs geschaffen.Mit einer ökosozialen Steuerreform

müssen die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Und

es wird gesunde Arbeitsplätze und mehr flexible

Modelle für den Pensionsantritt brauchen.

S

icher ist, dieses

Thema wird auch in

nächster Zeit auf der

Tagesordnung bleiben

– mit dieser Behaup-

tung beendete ich

meinen Beitrag in der

Juni-Ausgabe der Tiroler

Arbeiterzeitung zum selben

Thema. Die Arbeitslosigkeit steigt allgemein und

bei älteren Arbeitnehmern in einemMaße, die sich

keiner vorstellen wollte. Von 2009 bis 2014 stieg in

Tirol die Gruppe der Arbeitslosen im Alter von 50+

um 63,4 % auf 5.717 Personen. Tendenz steigend.

Diese Zahlen sollten eigentlich bei Bundes- und

Landesregierung die Alarmglocken schrillen las-

sen. Außer Andenken eines Bonus-Malus-Systems

und beschwichtigender Worthülsen ist jedoch

bisher nicht viel geschehen. Zwar ist es begrü-

ßenswert, dass die Sozialpartnerschaft ständig von

Politikern aufgefordert wird, Lösungen vorzuschla-

gen und mitzuarbeiten, weshalb von Seiten der

Arbeitnehmervertretung auch alles getan wird,

um Lösungen anzubieten: Für die Umsetzung

der zahlreichen Vorschläge, um die Situation am

Arbeitsmarkt zu entschärfen, sind aber immer

noch die Regierenden verantwortlich, und diese

versagen kläglich.

Der neue ÖGB Landes-

sekretär Benjamin

Praxmarer mit Vorgän-

ger Peter Hofer und

ÖGB-Vorsitzendem

Otto Leist (von links).

V

or allem zwei Gründe sind

es, die für die rasche Ein-

führung des lange gefor-

derten Bonus-Malus-Sys-

tems sprechen“, sagt AK Präsident

Erwin Zangerl: „Es ist die Lage

auf dem Arbeitsmarkt und das Be-

schäftigungsverhalten vieler Unter-

nehmen in Österreich. Wir müssen

diesen Entwicklungen gegensteu-

ern. Es ist auch klar, was ein Bo-

nus-Malus-System bewirken muss:

Es soll älteren Arbeitnehmerin-

nen und Arbeitnehmern wie-

der mehr Chancen auf

einen Arbeitsplatz

bringen.“

Im Regierungs-

programm ist das

Ansteigen

des

faktischen Pen-

sionsalters auf

60,1 Jahre fest-

gelegt. Das be-

deutet, dass der

Anteil der über

55Jährigen

an

den Beschäftigten

in den Unterneh-

men von 11 auf 14

Prozent steigen muss.

„Wer solche Quotenziele

erreichen will, braucht

ein System, das neben

allen Förderungen für

Unternehmen auch einen wirk-

samen Anreiz schafft, mehr Ältere

zu beschäftigen. Nur Kündigungen

mit einem Malus zu bestrafen, ist

zu wenig. Mehr Beschäftigte über

55 Jahren im Betrieb muss das Ziel

sein, dafür haben alle

Betriebe

etwas

beizutragen. Klar

muss sein: Wer-

den die Beschäfti-

gungsquoten Äl-

terer im Sinne des

Regierungspro-

gramms nicht

umgesetzt,

ist auch

das Ziel

der Erreichung einer Anhebung des

faktischen Pensionsantrittsalters

äußerst gefährdet.“

Arbeitslosigkeit hoch.

Zwar

steigt bei den über 55Jährigen die

Beschäftigung, aber die Arbeits-

losigkeit steigt noch viel schnel-

ler. Laut Sozialministerium stieg

die Beschäftigungsquote bei den

55Jährigen 2014 um knapp 8 Pro-

zent gegenüber dem Jahr 2013. Die

Arbeitslosenquote bei den 55- bis

59Jährigen lag aber bei rund 10 und

bei den über 60Jährigen sogar bei

rund 13 Prozent. Zum Vergleich:

Über alle Altersgruppen gerechnet,

lag die Arbeitslosenquote 2014 bei

etwas mehr als acht Prozent.

Beschäftigungsverhalten.

Das

Beschäftigungsverhalten vieler

Unternehmen muss sich des-

halb ändern. Aus heutiger

Sicht müssen zur Erfüllung

der Beschäftigtenquote in

den Betrieben insgesamt

80.000 ältere Arbeitneh-

merinnen und Arbeitnehmer

mehr beschäftigt werden.

In Österreich gibt es rund

15.500 Unternehmen, die 25 oder

mehr Arbeitnehmer beschäftigen.

Hinsichtlich der Beschäftigung

Älterer (55 plus) zeigt sich hier ein

sehr unterschiedliches Bild:

• Nur rund 5.000 Unternehmen er-

füllen die Quote

• Bei 9.000 fehlen zwi-

schen einem und zehn

Ältere (in Summe

rund 30.000)

• In rund 1.400 Unter-

nehmen fehlen zwi-

schen zehn und 50

Ältere (in Summe

25.000)

• In etwas mehr als 110

fehlen zwischen 50 und 100 ältere

Arbeitnehmer (in Summe 7.500)

• In 85 Großunternehmen fehlen

mehr als 100 Ältere (in Summe

19.000)

Klare Forderung.

Diese Fakten

zeigen für die AK Tirol, wie drin-

gend ein quotenbezogenes Bonus-

Malus-System erforderlich ist.

Ein Modell, das nur Kündigungen

straft, greift in jedem Fall zu kurz.

Die Unternehmen brauchen neben

allen Förderungen offensichtlich

auch einen Anreiz, um ihrer gesell-

schaftlichen Verpflichtung zur Be-

schäftigung Älterer endlich nach-

zukommen.

AK Forderung.

Ein Bonus-Malus-

System muss kommen, um die

Arbeitslosigkeit einzudämmen.

Foto: Wiestner

Foto: Ljupco Smokovski