L
aut aktueller Umfrage sehen 72 % der
Österreicher die Mindestsicherung als
wichtige Vorsorge gegen das Abrutschen
in die Armut. Die Mindestsicherung hält
nicht von der Arbeit ab, im Gegenteil:
Wenn, dann sind es die niedrigen Löhne.
Fast 30.000 Tiroler verdienen trotz ganz-
jähriger Vollzeitbeschäftigung weniger als
1.300 Euro im Monat. Es geht nicht um
eine zu hohe Mindestsicherung, sondern
um zu niedrige Löhne. Deshalb muss
hier angesetzt werden. In Tirol sind drei
Viertel der Bezieher nur „Aufstocker“. Das
heißt, sie arbeiten, verdienen dabei aber
so wenig, dass sie kleine Teilbeträge aus
der Mindestsicherung erhalten, um ihre
Existenz zu sichern. 50 % der Betroffenen
suchen in Tirol gar nicht um die Mindest-
sicherung an, obwohl sie ihnen zustünde.
Die Bezugsdauer der Mindestsicherung
in Tirol beträgt rund sechs Monate! Und
die Hälfte der Bezieher hat Kinder.
Mit Verschärfungen löst man keine
sozialen Probleme. Es geht um die
Tatsache, dass immer mehr Menschen
am Existenzminimum leben müssen. Die
Lösung liegt woanders. Denn hilflose,
kranke und in Not befindliche Mitbür-
ger brauchen Unterstützung. Und die
Beschäftigten müssen so viel verdienen,
dass sie nicht auf die Mindestsicherung
angewiesen sind.
AK Präsident
Erwin Zangerl
Foto:AndreyKiselev/Fotolia.com
T
rotz Vollzeitbeschäftigung kön-
nen sich immer weniger Tiroler
das Leben leisten. Ohne Erhö-
hung der Mindestlöhne droht
vielen der soziale Abstieg. „Fast
30.000 Personen verdienen in Tirol
trotz ganzjähriger Vollzeitbeschäfti-
gung weniger als 1.300 Euro netto im
Monat“, schlägt AK Präsident Erwin
Zangerl Alarm. Verschärft wird die
Situation durch die enormen Lebens-
haltungs- und Wohnkosten. So liegt
Tirol bei der Kaufkraft 4,5 % unter
dem österreichischen Durchschnitt,
und damit an letzter Stelle. Bei den
Löhnen sind es sogar 8 %, drei der
zehn einkommensschwächsten Be-
zirke Österreichs liegen in Tirol.
„Eine Vollzeitbeschäftigung ist in
Tirol leider schon lange kein Garant
mehr für ein würdiges finanzielles
Auskommen“, so der AK Präsident.
Dazu kommt noch die angespannte
Arbeitsmarktsituation. Deshalb for-
dert Zangerl Taten, um die Situation
Tausender Tiroler Arbeitnehmer zu
entschärfen. „AK und ÖGB haben
schon viel erreicht, etwa bei der
Lohnsteuerreform und den laufenden
KV-Verhandlungen. Für eine nach-
haltige Anhebung von Niedrigein-
kommen ist aber ein Maßnahmen-
bündel notwendig“, stellt Zangerl
wichtige AK Forderungen auf.
Das AK Maßnahmenpaket
Faire Entlohnung durch
schrittwei-
se Anhebung der kollektivvertrag-
lichen Mindestlöhne und -gehälter
auf monatlich 1.700 Euro brutto in
allen Branchen.
Gleicher Lohn für
gleichwertige Arbeit
von Frauen und
Männern.
Richtige Einstufungen
laut KV.
Korrekte Bezahlung
der
Über- und Mehrarbeitsstunden.
Ab-
schaffung kurzer Verfallsfristen
von Entgeltansprüchen.
Umsetzung
des Lohn- und Sozialdumping-Be-
kämpfungsgesetzes
durch verstärkte
Kontrollen mit entsprechender Per-
sonalausstattung.
Modernisierung
des Arbeitsrechts
durch Erweiterung
des Arbeitnehmerbegriffs: Für soge-
nannte Scheinselbständige muss der
kollektivvertragliche Schutz gelten.
Lesen Sie die dazu die Seiten 3 und 4
Vollzeitarbeit
schützt nicht
vor Armut
Dramatisch.
30.000 Tiroler verdienen trotz
Vollzeitarbeit weniger als 1.300 Euro netto im
Monat! Es braucht höhere Mindestlöhne.
Höhere Löhne
statt Sozialabbau
AK INNSBRUCK
AK KITZBÜHEL
KOMMENTIERT
ZEITUNG FÜR ARBEIT UND KONSUMENTENSCHUTZ DER KAMMER FÜR ARBEITER UND ANGESTELLTE FÜR TIROL
8. JG. , MAI 2016 | NR. 85
Österreichische Post AG | Postentgelt bar bezahlt | Verlagsort 6020 Innsbruck | RM 12A039146 K
TIROLER
ARBEITERZEITUNG
Foto:DmitryLobanov/Fotolia.com Foto:JeanetteDietl/Fotolia.comS
chlankheitsprodukte und „Wunderdi-
äten“ sind Dauerbrenner, besonders im
Frühling. Andererseits leiden immer mehr
Menschen an Ess-Störungen und Krank-
heiten, wie Fettsucht und Magersucht.
Warum das so ist, und welche scheinbar
gesunden Lebensmittel besonders
problematisch sind, erklärt Apothekerin
und Nährstoffspezialistin Mag. Karin
Hofinger beim AK Infoabend
„Zwi-
schen Fastfood und Diätwahnsinn“
am
Dienstag, 10. Mai, ab 19 Uhr in der
AK Tirol in Innsbruck
. Die Expertin spricht auch
über zweifelhafte Schönheitsideale, Gesundheit,
Verbraucherschutz und den schleichenden Verlust
an Esskultur. Gleich anmelden unter 0800/22 55
22 – 1833 oder
konsument@ak-tirol.comM
ögliche Anzeichen für ein Burnout
müssen ernst genommen werden.
Wie Sie rechtzeitig Gegenmaßnahmen
setzen und auch andere unterstützen
können, erfahren Sie beim kostenlosen
Infoabend
„Feuer und Flamme – oder
ausgebrannt?“
am
Dienstag, 7. Juni,
um 19 Uhr in der AK Kitzbühel
von
MR Dr. med. Richard Lanner. Betroffene
beschreiben ihren Zustand oft mit Dau-
erstress, „Vollgas im Leerlauf“ oder dem
Gefühl, sinnentleert wie eine Marionette
zu funktionieren. Was es wirklich bedeutet,
ausgebrannt zu sein, wird vielen oft zu spät
bewusst. Gleich anmelden unter 0800/22
55 22 – 3252 oder
kitzbuehel@ak-tirol.comWeitere Infos finden Sie auch auf Seite 9.
Zwischen Fastfood
und Diätwahn
Burnout nicht
unterschätzen
Gerecht?
Fast 30.000 Tiroler verdienen Vollzeit weniger als 1.300 Euro im Monat.
Abschlussprüfer
dringend gesucht
D
ie AK Tirol sucht für folgende Lehr-
berufe Arbeitnehmerbeisitzer
für Lehrabschlussprüfungen:
Augenoptiker, Bäcker, Berufs-
fotograf, Blumenbinder,
Bodenleger, Einzelhan-
delskaufmann – Eisen-
und Hartwaren, Fußpfleger, Hafner,
Kälteanlagentechniker, Kosmetiker,
Maler, Medienfachmann-Mediendesign,
Rauchfangkehrer, Zimmerer. Die Prüfer
müssen über eine fachliche Qualifikation
verfügen, die zumindest demNiveau einer
Lehrabschlussprüfung aus dem Berufsbe-
reich der Ausbildung entspricht und müs-
sen den Beruf aktiv ausüben. Bei Interesse
setzen Sie sich mit der Jugendabteilung
der AK Tirol, 0800/22 55 22 – 1566 oder
jugend@ak-tirol.comin Verbindung.