Armutszeugnis.
Eine Erhebung der AK hat ergeben: Bei immerhin 58 Prozent der
Stellenanzeigen in Tiroler Medien fehlen die Gehaltsangaben. Das Gesetz ist zahnlos!
GUT VORBEREITET
BERUF
Mit dem Chef ums
Geld verhandeln
Ü
ber Geld zu reden, ist vielen unan
genehm. Aber bei Gehaltsverhand
lungen heißt es, keine Scheu zu haben
und sich bestens vorzubereiten.
Informieren Sie sich beim Betriebsrat
oder der Gewerkschaft, was speziell im
Betrieb oder in der Branche für Ihre Tä
tigkeit bezahlt wird. Oder nutzen Sie den
Gehaltskompass und den Gehaltsrechner
(siehe links oben). So erhalten Sie einen
Überblick.
Zufällige Treffen amGang oder in der
Kantine sind kein guter Anlass, um übers
Geld zu reden. Also vereinbaren Sie einen
Termin und achten Sie darauf, dass genü
gend Zeit für ein ausführliches Gespräch
besteht. Und dann heißt es, den Nutzen,
den Sie für das Unternehmen einbringen,
ins rechte Licht zu rücken. Listen Sie alle
Aufgaben auf, die Sie neu übernom
men haben, alle Tätigkeiten, die Sie gut
machen, alle Verbesserungen, die Sie
angeregt oder eingeführt haben, und alle
Fortbildungen, die Sie gemacht haben.
Gut ist auch, wenn Sie Ideen haben,
wie Sie sich im nächsten Jahr noch besser
einbringen können. Dabei gilt: Nicht zu
bescheiden sein. Nur wer von sich selbst
überzeugt ist, kann auch sein Gegenüber
von sich begeistern.
Meiden Sie persönliche Argumente,
wie etwa „Mein Gehalt reicht hinten und
vorne nicht zum Leben“. Am besten ist,
man legt sich einen Plan B zurecht, falls
die Chefin oder der Chef mit den Forde
rungen nicht gleich mitgehen können.
Überlegen Sie sich, mit welcher gerin
geren Variante Sie leben können oder
vereinbaren Sie einen neuen Gesprächs
termin in einem halben Jahr. Fassen Sie
am Ende des Gesprächs die Ergebnisse
zusammen, damit es keine Missverständ
nisse gibt. Und wenn es nicht gleich
geklappt hat, war das schon eine gute
Vorbereitung auf den nächsten Termin.
W
ollten Sie immer schon wissen, ob Sie entsprechend Ihrer Qualifikation und
Ihres Könnens bezahlt werden? Beim Gehaltskompass des AMS finden Sie
Vergleichswerte zu den Gehältern von fast 1.800 Berufen, die den durchschnitt
lichen Brutto-Einstiegs-Gehältern entsprechen. Außerdem erfahren Sie, wie hoch das
durchschnittliche Einkommen in Ihrem Bundesland ist. Wer sich beruflich verändern
will, findet zudem ein Lexikon aller gängigen Berufe inklusive der durchschnittlichen
Einstiegsgehälter sowie der Ausbildungserfordernisse.
Alles unter gehaltskompass.at
W
er weiß, was in seiner Branche im Schnitt bezahlt wird, hat bei Gehaltsverhand
lungen die besseren Argumente. Für mehr Transparenz bei den Einkommen
sorgt der Gehaltsrechner auf der Homepage des Frauenministeriums. Mit ihm erfah
ren Sie, ob Ihr Entgelt dem entspricht, was männliche Kollegen verdienen. Ergebnisse
sind der Brutto-Monatsverdienst im Schnitt, die Spanne, in der das Einkommen mit
95-prozentiger Sicherheit liegt und der durchschnittliche Einkommensnachteil von
Frauen gegenüber Männern.
Mehr unter gehaltsrechner.gv.at
Vergleichen zahlt sich aus
Einkommens-Rechner für Frauen
A
RBEIT
&
R
ECHT
4
Nr. 86, Juni 2016
Foto: vege/Fotolia.com
S
eit März 2011 muss in
Stellenanzeigen von Pri-
vatunternehmen
ange-
führt sein, wie viel man
im Beruf mindestens verdient, und
zwar in der betragsmäßigen Höhe.
Auch das Land hat sich bereit er-
klärt, Stellen gehaltstransparent
auszuschreiben.
Die AK Tirol hat im Februar und
März 2016 in der Samstagsausgabe
der Tiroler Tageszeitung, in basics
und den Tiroler Bezirksblättern
die Stellenanzeigen auf Gehalts-
angaben durchforstet. Das erschre-
ckende Ergebnis: Die Melde-
moral der Betriebe sinkt
immer weiter. Insgesamt
6.481 Stellenanzeigen
wurden kontrolliert,
davon
enthielten
2.688 Inserate eine
Gehaltsangabe, bei
immerhin 3.793 fehlte
diese. Das ergibt heu-
er eine „Kriminalitäts-
quote“ von 58,5 %!
Großbetriebe.
Je nach
„Betriebsart“ betrachtet
ergibt sich ein differen-
ziertes Bild: Mit der Ver-
pflichtung zur Gehaltsangabe
in Stellenanzeigen können of-
fenbar nur Personalberatungs-
und Arbeitskräfteüberlassungs-
firmen professionell
umgehen. Erschre-
ckend ist, dass auch
bei Großbetrieben
mit mehr als 500
Beschäftigten der-
art oft das Gesetz
verletzt wird. Bei
diesen, die ja meist
über eigene Personal-
abteilungen verfügen,
geht die Tendenz sogar
stark nach oben. Denn
im Jahr 2013 wiesen
immerhin 91,16 % der
Stellenanzeigen von Groß-
betrieben eine Gehaltsanga-
be auf, 2015 nur noch 71 %
und 2016 überhaupt nur noch
66 %. Die Klein- und mittleren
Unternehmen haben sogar ge-
schafft, die ohnehin schlechten
Ausgangswerte der letzten Jahre
(2014: 61,44 %, 2015: 64,94 %)
nochmals zu unterbieten: Heu-
er sind es 65,6 % ihrer Inse-
rate, die keine Gehaltsanga-
ben aufweisen.
Aber darf das tatsäch-
lich verwundern? Der
öffentliche Dienst bietet
ein denkbar schlechtes Vor-
bild (71 % der Stellenanzeigen
von Bund und Universitäten und
52 % von Land und Gemeinden wa-
ren ohne Gehaltsangabe).
Es zeigt sich deutlich, dass, aus-
gehend von einem ohnehin schon
erschreckend hohen Niveau im
Jahr 2013, immer mehr Arbeitgeber
die gesetzliche Verpflichtung zur
Gehaltsangabe in Stellenanzeigen
nicht einhalten. Die Hoffnung, dass
im Verlauf der Zeit durch Bewusst-
seinsbildung und Aufklärung fast
alle Stelleninserate Gehaltsangaben
aufweisen, hat sich daher völlig zer-
schlagen.
Anzeigen.
Das Gesetz selbst ist
völlig zahnlos. Denn anders als bei
sonstigen Verwaltungsstrafdelikten
kann nicht jeder Staatsbürger über
seine Anzeige hin ein Verwaltungs-
strafverfahren einleiten, sondern das
Gesetz verlangt ausdrücklich einen
Strafantrag entweder des Stellen-
bewerbers oder der Anwältin bzw.
Regionalanwältin für die Gleichbe-
handlung von Männern und Frauen
in der Arbeitswelt.
AK Präsident Erwin Zangerl:
„Was ist ein Gesetz wert, wenn Ver-
stöße nicht geahndet werden? Da
wundert es nicht, dass viele Arbeit-
geber diese Bestimmungen bewusst
verletzen. Wir verlangen, dass auch
AK und ÖGB das Recht eingeräumt
wird, Übertretungen anzuzeigen.“
Foto: kues1/Fotolia.com
Kaum zu glauben:
Gehaltsangaben
in Stelleninserate fehlen oft.
TIPPS
Wichtiges für
Leiharbeiter
GUT INFORMIERT
D
ie Leiharbeit, genauer gesagt die
Arbeitskräfteüberlassung, hat in den
letzten Jahren stetig zugenommen. Der
Schutz von überlassenen Arbeitskräf
ten wird dadurch gewährleistet, dass
die Überlassung ohne ausdrückliche
Zustimmung der Arbeitnehmer ausge
schlossen ist. Der Verleiher (Überlasser)
muss über die Arbeitsbedingungen eine
schriftliche Grundvereinbarung (Dienst
zettel) und eine Überlassungsmitteilung
ausstellen.
Welche Regeln sonst noch einzuhalten
sind, steht in der neu aufgelegten AK
Broschüre
„Leiharbeit“
. Am besten gleich
anfordern unter 0800/22 55 22 – 1432
oder herunterladen auf ak-tirol.com
AK
iNFO
B
eim Anblick von Konkur-
renzklauseln im Arbeits-
vertrag ist die Freude über
den neuen Job auch gleich
wieder getrübt. Denn was pas-
siert, wenn man den Arbeitsplatz
wieder wechseln möchte? Was
bedeutet das für die Zukunft des
Arbeitnehmers? Eine enorme Ein-
schränkung auf jeden Fall!
Immer mehr Arbeitnehmer ha-
ben Konkurrenzklauseln im Ver-
trag stehen. Sie müssen sich damit
verpflichten, nach Beendigung
des Arbeitsverhältnisses nicht in
der Branche des ehemaligen Ar-
beitgebers tätig zu werden, und
zwar bis zu ein Jahr lang. Wer
sich nicht daran hält, hat mit emp-
findlich hohen Konventionalstra-
fen zu rechnen.
Das erschwert den Arbeitsplatz-
wechsel erheblich. Arbeitnehmer
werden gezwungen, bis zu ein Jahr
lang mit anderen Beschäftigungen
weniger zu verdienen und auf ihren
bisherigen Lebensstandard für sich
und ihre Familie zu verzichten.
Außerdem liegt ihr Know-how in
diesem Bereich dann ein Jahr lang
brach. „Das ist reine Schikane und
gleicht Knebelverträgen. Konkur-
renzklauseln schränken Beschäf-
tigte in ihrem Berufsleben massiv
ein, und kosten oft zig tausende
Euro“, fordert AK Präsident Erwin
Zangerl deren gänzliche Abschaf-
fung.
Zwar gelten seit heuer über Druck
der AK für neu abgeschlossene Ver-
träge Verbesserungen bei Konkur-
renzklauseln. Dennoch stammen
diese ursprünglich aus dem Ange-
stelltengesetz von 1921. Seit damals
hat sich in anderen Rechtsbereichen
viel verändert, wodurch die Unter-
nehmen gegen unzulässige Konkur-
renz ausreichend geschützt sind: Der
Verrat von Betriebsgeheimnissen
wird strafrechtlich belangt, es gibt
das Gesetz gegen unlauteren Wett-
bewerb und teure Ausbildungen
können durch Vereinbarungen von
Ausbildungskostenrückersatz abge-
sichert werden. Also spricht nichts
gegen ein gesetzliches Verbot von
Konkurrenzklausen.
Konkurrenzklauseln abschaffen
Knebelverträge.
Beschäftigungsverbots-Klauseln schränken Betroffene in ihrem
Berufsleben massiv ein, sind längst überholt und gehören endlich verboten!
E
ine Konkurrenzklausel gilt höchs
tens bis zu einem Jahr und zwar
für den Geschäftszweig des ehe
maligen Arbeitgebers. Eine solche
Klausel darf seit Ende des letzten
Jahres bei neuen Arbeitsverträgen
nur noch bei Monatseinkommen ab
3.240 Euro brutto zum Tragen kom
men und nur bei Kündigung durch
den Arbeitnehmer, bei einvernehm
licher Auflösung, bei berechtigter
Entlassung sowie unberechtigtem
vorzeitigem Austritt.
Das gilt derzeit
Wenig Transparenz bei Gehalt