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ECHT
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Nr. 96, Mai 2017
Zahnlose Regelung.
Arbeitgeber müssen offensichtlich keine Sanktionen befürchten. Der Anteil der Stellenanzeigen ohne Gehaltsangabe steigt seit 2013 jedenfalls stetig.
S
eit 2011 müssen Arbeitge-
ber und Arbeitsvermittler
in Stellenanzeigen ein Min-
destentgelt angeben, seit
2012 sind für Verstöße auch Stra-
fen vorgesehen. Das soll für Trans-
parenz sorgen und eine Einkom-
mensdiskriminierung insbesondere
bei Frauen vermeiden helfen. Der
gewünschte Erfolg bleibt jedoch
vielfach aus, wie Erhebungen der
AK Tirol seit 2013 zeigen.
Zuletzt wurden im Februar und
März 2017 insgesamt 6.466 Stel-
lenanzeigen ausgewertet, die in
den Samstagausgaben der TT so-
wie in den Bezirksblättern und im
Basics erschienen sind. 3.802 der
6.466 Stellenanzeigen, also 58,8 %,
enthielten keine Gehaltsangaben.
Damit ist der Anteil von ursprüng-
lich 48,7 % (2013) sogar stetig
angestiegen – auf 54,2 % (2014),
58,3 % (2015) und 58,5 % (2016).
Nach Betriebsformen ergibt sich
folgendes Bild:
• Säumig waren vor allem
Klein-
und Mittelbetriebe
: Von 5.044
Stellenanzeigen enthielten 3.490
(69,2 %) keine Gehaltsangaben.
• Von den 267 Anzeigen von
Per-
sonalvermittlern
waren hingegen
in 247 (92,5 %) Gehaltsangaben
angeführt.
•
Großbetriebe ab 500 Mitarbei-
tern
schalteten 963 Anzeigen,
741 (77 %) davon inklusive Ge-
haltsangaben.
Auch wenn bei der öffentlichen
Hand Verbesserungen registriert
werden, gehen deren Einrich-
tungen noch längst nicht mit gutem
Beispiel voran:
•
Land, Gemeinden und Tirol Kli-
niken
(vormals Tilak) hielten sich
bei 103 der 161 Stellenanzeigen
an die vorgeschriebene Transpa-
renz (64 %),
•
Bund und Universitäten
führten
bei 19 von insgesamt 31 Stellen-
anzeigen die Gehaltsangaben an
(61,3 %).
Eigene Disziplin.
Kaum Verbes-
serungen zeigten sich beim
Hotel-
und Gastgewerbe
: Enthielten im
Mai 2016 noch 73,7 % der Stellen-
anzeigen keine Gehaltsangaben, so
war dies heuer bei 68,4 % der Fall.
„Für die AK ist es absolut unver-
ständlich, dass sich Arbeitgeber
ohne weiteres über gesetzliche Be-
stimmungen hinwegsetzen können,
Sanktionen müssen sie ja offen-
sichtlich nicht befürchten“, betont
AK Präsident Erwin Zangerl. Des-
halb fordert die AK Vollversamm-
lung einen Gesetzesvorschlag zur
effektiveren Durchsetzung.
AK Forderungen
• Verstöße sollen auch von den
Interessenvertretungen der Ar-
beitnehmer angezeigt werden
können. Derzeit ist dies nur Stel-
lenbewerbern,
Gleichbehand-
lungs- und Regionalanwälten
möglich.
• Es braucht bessere Ressourcen
für die Gleichbehandlungsan-
waltschaften,
• Verwaltungsstrafen sollen bereits
beim erstmaligen Verstoß ver-
hängt
• und die Strafe von bisher höch-
stens 360 Euro auf mindestens
500 Euro erhöht werden.
AKWEB-TIPPS
INFOS
Einfach zum
Nachrechnen
I
nformation und Transparenz sind
Schlüssel zu fairen Einkommen. Im
Internet finden Beschäftigte dazu viel
Wissenswertes.
Gehaltskompass
mit 1.800 Berufen
Wer sich für die verschiedenen durch-
schnittlichen Brutto-Einstiegsgehälter
interessiert, findet beim Gehaltskom-
pass des AMS Vergleichswerte von
fast 1.800 Berufen. Grundlage dafür
sind die jeweiligen Kollektivverträge,
Daten der Statistik Austria etc. Beim
Gehaltskompass lässt sich nachlesen,
welche Brutto-Einstiegsgehälter
je nach Qualifikation und Können
bezahlt werden und wie hoch das
durchschnittliche Einkommen in
den einzelnen Bundesländern ist.
Neben der Berufsliste enthält er auch
eine Aufstellung, geordnet nach den
einzelnen Berufsbereichen.
Mehr auf
www.gehaltskompass.atGehaltsrechner
für Frauen
„Damit die Rechnung aufgeht!“ –
Unter diesem Motto steht auf der
Homepage des Frauenministeriums
der Gehaltsrechner bereit, der im
Vorjahr aktualisiert wurde. In vier
einfachen Schritten können alle
Männer und Frauen überprüfen, ob
sie wirklich auch das verdienen, was
ihnen zusteht: Erst wird das Arbeits-
verhältnis gewählt, und dann heißt es
noch ein paar Menüpunkte ausfüllen.
Die Ergebnisse liegen nach wenigen
Minuten vor: Durchschnittlicher
Brutto-Monatsverdienst, die Spanne,
in der das Einkommen mit 95-pro-
zentiger Sicherheit liegt, und der
durchschnittliche Einkommensnachteil
von Frauen gegenüber Männern. Mit
diesemWissen haben Sie vielleicht
auch schon die richtigen Argumente
für die nächste Gehaltsverhandlung!
Mehr auf
www.gehaltsrechner.gv.atKein Auskommen.
Immer mehr Tiroler Familien sind trotz Arbeit von Armut betroffen.
Deshalb fordert die AK 1.300 Euro netto Mindestlohn, das entspricht 1.700 Euro brutto.
AK für 1.700 Euro Mindestlohn
Das Wichtigste
zur Teilzeitarbeit
I
n Tirol waren laut Arbeitsmarktstatistik
2016 rund 100.000 der insgesamt
325.600 Arbeitnehmer in Teilzeit
beschäftigt, 84.300 von ihnen waren
Frauen. Das hat mehrere Ursachen: Ei-
nerseits werden in einigen Branchen, wie
etwa im Handel, fast nur noch Teilzeit-
stellen angeboten. Andererseits müssen
viele Frauen mangels ausreichender
Kinderbetreuungsplätze einer Teilzeitar-
beit nachgehen. Das hat Auswirkungen
auf Einkommen, Aufstiegschancen und
Pension.
Teilzeitarbeit liegt immer dann vor,
wenn die gesetzliche Normalarbeitszeit
von 40 Stunden oder eine kürzere
kollektivvertragliche Normalarbeitszeit
(z. B. 38,5 Wochenstunden im Handel)
unterschritten wird. Die wichtigsten
Bestimmungen rund um Teilzeit- und
geringfügige Beschäftigung finden Sie in
der AK Broschüre
„Teilzeitarbeit – wichtige
arbeits- und sozialrechtliche Informati-
onen“
. Sie ist kostenlos erhältlich unter
Tel. 0800/22 55 22 – 1432 und steht auf
www.ak-tirol.comals Download bereit.
BROSCHÜRE
Foto: fovito/Fotolia.com
F
ast 30.000 Personen verdie-
nen in Tirol trotz ganzjäh-
riger Vollzeitbeschäftigung
weniger als 1.700 Euro brut-
to im Monat. Das sind 16,1 % aller
ganzjährigen Vollzeitbeschäftigten in
Tirol. AK Präsident Erwin Zangerl
schlägtAlarm: „Verschärfend kommt
hinzu, dass gerade in unserem Bun-
desland neben Vorarlberg Le-
ben und Wohnen überdurch-
schnittlich teurer sind als vor
allem in den östlichen Bundes-
ländern. Mit der Folge, dass
eine Vollzeitbeschäftigung
im Hochpreisland Tirol lei-
der schon lange kein Garant
mehr für ein würdiges fi-
nanzielles Auskommen ist.
Trotz Erwerbstätigkeit sind
immer mehr Tiroler Haus-
halte von Armut betroffen,
und das Phänomen der ,Wor-
king Poor’ wird für viele zusehends
zur Realität.“ Zangerl: „AK und Ge-
werkschaften haben schon viel für
die Arbeitnehmerfamilien erreicht,
etwa mit der Lohnsteuerreform und
den KV-Verhandlungen. Für eine
nachhaltige Anhebung von Niedrig-
einkommen ist aber ein ganzes Maß-
nahmenbündel notwendig.“
Deshalb fordern Gewerkschaften
und Arbeiterkammern einen Min-
destlohn von 1.300 Euro netto für
alle Beschäftigten, das entspricht
einem Bruttolohn von 1.700 Euro.
Durch eine schrittweise Anhebung
der kollektivvertraglichen Mindest-
löhne soll es in allen Branchen eine
faire Entlohnung geben.
Außerdem fordert die AK
• gleichen Lohn für gleiche bzw.
gleichwertige Arbeit von Frauen
und Männern,
• korrekte Einstufungen laut Kollek-
tivvertrag,
• korrekte Bezahlung der Über- und
Mehrarbeitsstunden,
• Abschaffung kurzer Verfallsfristen
von Entgeltansprüchen,
• wirksame Umsetzung des Lohn-
und Sozialdumping-Bekämp-
fungsgesetzes durch verstärkte
Kontrollen mit entsprechender
Personalausstattung und
• eine Modernisierung des
Arbeitsrechts durch Erwei-
terung des Arbeitnehmerbe-
griffs: Für dienstnehmerähn-
liche freie Dienstnehmer
und abhängige Selbständige
muss der kollektivvertrag-
liche Schutz gelten.
Foto: Yvonne Weis
/Fotolia.comGehaltsangabe? Fehlanzeige!
AK Erhebung.
Trotz gesetzlicher Verpflichtung fehlten zuletzt in 58,8 % der Stellenanzeigen
die Gehaltsangaben. Tendenz steigend. Die AK Tirol fordert eine effektivere Regelung.