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A

RBEIT

&

R

ECHT

5

Nr. 96, Mai 2017

Kluge Köpfe rechnen nach

Durchblick.

Abrechnungen von Mehrarbeit sind für Beschäftigte oft nicht verständlich.

Wie Sie Ihren Überstundengrundlohn selbst ganz leicht errechnen können, erfahren Sie hier.

M

anfred hat letzten Monat

in Absprache mit sei-

nem Chef so einiges an

Überstunden geleistet.

Jetzt möchte er wissen, wie sich das

auf seinem Lohnzettel auswirken

wird. Unsere Arbeitsrechtsexperten

haben ein paar Infos und Tipps, wie

Sie Ihren Überstundengrundlohn

samt Zuschlag selbst ganz leicht er-

rechnen können.

Wie viel bekomme ich?

Beschäftigte müssen für ihre Über-

stunden grundsätzlich bezahlt wer-

den (siehe Beitrag oben). Nur auf

Basis einer entsprechenden Verein-

barung kann der Arbeitgeber diese

mit einem Zeitausgleich in Freizeit

abgelten oder mit einer Kombina-

tion. Es kann beispielsweise die

Grundstunde bezahlt werden und

für den Zuschlag bekommen Sie

Zeitausgleich. Der Entlohnungsan-

spruch bei geleisteten Überstunden

setzt sich aus zwei Komponenten

zusammen: Dem Überstunden-

grundlohn und dem Überstunden-

zuschlag. Als Überstundengrund-

lohn gebührt aus gesetzlicher Sicht

der Normalstundenlohn.

Überstundengrundlohn

Sie können sich Ihren Überstun-

dengrundlohn ganz leicht selber

errechnen. Über den Monatslohn

bzw. Gehalt (brutto) kommt man

mittels Teilung (dem sogenannten

Teiler) zum Überstundengrundlohn.

Der Teiler bei einer 40-Stunden-

Woche ist 173. Das berechnet sich

wie folgt: 40Wochenstunden x 4,33

Wochen = 173 Stunden pro Monat.

Beispiel: Monatslohn 2.000 € : 173

(Teiler) = 11,56 € als Überstunden-

grundlohn.

4,33 Wochen für einen Monat ist

eine Schnitt-Berechnung über das

gesamte Jahr, weil einige Monate

kürzer und andere länger sind. Es

vereinfacht die Abrechnung.

Der Teiler bei einer 38,5-Stun-

den-Woche ist 167 (das berechnet

sich wie folgt: 38,5 Stunden x 4,33

Wochen = 167 Stunden pro Monat).

Beispiel: Monatslohn 2.000 € : 167

(Teiler) = 11,98 € als Überstunden-

grundlohn.

Kollektivverträge können beim

Überstunden-Teiler günstigere Va-

rianten vorsehen. Ausgehend vom

Beispiel ist etwa im Kollektivver-

trag für das Metallgewerbe der Tei-

ler 143, das bedeutet bei einemMo-

natslohn von 2.000 € : 143 (Teiler)

ergibt das einen Überstundengrund-

lohn von 13,99 €.

Zuschlag

Jetzt geht es noch um den Zuschlag.

Dieser beträgt mindestens 50 % und

wird vom Überstundengrundlohn

berechnet. Wenn Zeitausgleich ver-

einbart wurde, erhalten die Beschäf-

tigten pro Überstunde 1,5 Stunden

Zeitausgleich.

Achtung:

Für Nacht-, Feiertags-

und Sonntagsarbeit sind in vielen

Kollektivverträgen höhere Zuschlä-

ge vorgesehen!

Überstunden sind was wert!

wenn dies so vereinbart

wurde. Dann ist auch eine

Kombination erlaubt: Es

kann beispielsweise die

Grundstunde bezahlt wer-

den und für den Zuschlag

bekommen Sie Zeitausgleich.

Die Vereinbarung, ob Geld

oder Freizeit, kann schriftlich

oder mündlich fixiert sein. Oder

„schlüssig“, durch die gelebte Pra-

xis: Wenn Sie z.B. ein Jahr lang

Zeitausgleich für Ihre Überstunden

bekommen haben, können Sie nicht

plötzlich eine Bezahlung verlangen,

sondern müssen das zuvor mit Ih-

rem Arbeitgeber besprechen und

vereinbaren.

Wie viel bekomme ich?

Für jede

geleistete Überstunde steht ein min-

destens 50-prozentiger Zuschlag

zu. Wenn Zeitausgleich vereinbart

wurde, erhalten die Beschäftigten

pro Überstunde 1,5 Stunden Zeit-

ausgleich.

Achtung:

Für Nacht-, Feiertags-

und Sonntagsarbeit sind in vielen

Kollektivverträgen höhere Zu-

schläge vorgesehen!

Vereinbarungen, nach denen

Überstunden im Verhältnis

1 : 1 abgegolten würden,

sind verboten! Selbst wenn

eine solche Vereinbarung

getroffen wurde, muss

der Arbeitgeber den Zu-

schlag bezahlen bzw.

mehr Zeitausgleich ge-

ben. Wurde dies vorent-

halten, können Zuschläge

nachgefordert werden, so-

fern die Forderung noch nicht

verfallen oder verjährt ist.

Apropos

Verjährung.

Wenn Ansprüche auf das Ab-

gelten von Überstunden beste-

hen, sollten Sie die oft kurzen

U

nglaublich, aber wahr: 250

Millionen Überstunden

haben dieArbeitnehmerin-

nen und Arbeitnehmer im

Jahr 2016 in Österreich geleistet.

In Tirol waren es immerhin 22,2

Millionen Überstunden. Noch un-

glaublicher: Laut Statistik Austria

wurden rund 22,2 Prozent davon in

Tirol nicht bezahlt, also stolze 4,9

Millionen Überstunden! „Mehr

als jede 5. Überstunde in Tirol

wird nicht bezahlt. Das sind mil-

lionenschwere Geschenke der

Beschäftigten an die Unterneh-

men“, ärgert sich AK Präsident

Erwin Zangerl. Wenn schon

Überstunden, dann gehören sie

auch fair abgegolten.

Bei Überstunden gibt es

wichtige Regeln und leider

auch viele Ausnahmen. Hier die

wichtigsten Bestimmungen. Wann

spricht man überhaupt von Über-

stunden? – Sie werden geleistet,

wenn die gesetzliche Arbeitszeit

von 40 Stunden oder die (geringere)

wöchentliche

Normalarbeitszeit

laut Kollektivvertrag (etwa 38,5

Stunden) überschritten wird. Und

sie fallen dann an, wenn länger als

die tägliche Normalarbeitszeit von

8 bis 10 Stunden, je nach Arbeits-

zeitmodell, gearbeitet wird.

Bezahlung.

Prinzipiell gilt: Der

Arbeitgeber muss für Überstun-

den Geld bezahlen. Sie stattdessen

mit einem Zeitausgleich in Freizeit

abzugelten, ist nur dann möglich,

Regelungen.

Mehrarbeit gehört für viele Beschäftigte zum Alltag. Deshalb sollte man die wichtigsten

Bestimmungen dazu kennen. So steht etwa pro Überstunde ein mindestens 50-prozentiger Zuschlag zu.

Geld oder Freizeit.

Wenn man viel

arbeitet, muss es sich auch lohnen.

Auskünfte zumThema Überstunden er-

halten AKMitglieder unter 0800/22 55

22 – 1414 bzw. auf

www.ak-tirol.com

AK Infos

Verfallsfristen (z.B. drei Monate)

beachten! Sie können im Dienst-

vertrag oder im Kollektivvertrag

geregelt sein. Offene Überstunden

sollten Sie möglichst rasch schrift-

lich geltend machen, sonst droht der

Verlust Ihrer Ansprüche.

Gleitzeitguthaben.

Wenn Arbeit-

nehmer Gleitzeit vereinbart und da-

raus ein Gleitzeit-Guthaben haben,

erhalten sie in einem aufrechten

Arbeitsverhältnis dafür keine Zu-

schläge. Denn Gleitstunden zählen

nicht als Überstunden, sondern als

Normalarbeitszeit. Aber jene Gut-

stunden, die nicht in die nächste

Gleitzeitperiode übertragen werden

können, sind als Überstunden zu be-

handeln – diese dürfen nicht einfach

gestrichen werden.

Dokumentieren.

Generell ist es

ratsam, selbst minutengenaue Auf-

zeichnungen zu führen, wann und

wie lange gearbeitet wurde. Am

besten samt Arbeitspausen und Be-

gründung der jeweiligenMehr- oder

Überstunden. Solche Aufzeich-

nungen sind vor Gericht ein wich-

tiges Beweismittel. Ein Formular

dazu finden Sie auf

www.ak

-tirol.

com unter „Musterbriefe“.

Das gilt bei

Pauschalen

Für Mehrarbeit

gibt es Grenzen

M

it Überstundenpauschalen sollen

die durchschnittlich anfallenden

Überstunden abgedeckt werden. Wenn

Beschäftigte über einen längeren Zeit-

raum (im Zweifel binnen eines Jahres)

mehr Überstunden leisten, als durch

die Pauschale abgedeckt sind, müssen

sie dafür zusätzlich Geld oder Freizeit

erhalten. Aber leisten sie im Durchschnitt

weniger Überstunden, darf ihnen die

Pauschale deshalb nicht gekürzt werden!

Sie gilt als Bestandteil des Entgelts und

darf vom Arbeitgeber weder einseitig

gekürzt, noch aufgehoben werden, falls

nichts anderes vereinbart wurde.

A

uch für Überstunden gibt es Grenzen.

Die Limits für die Arbeitszeit liegen bei

zehn Stunden pro Tag bzw. 50 Stunden

proWoche inklusive Überstunden. Aber

dabei gibt es viele Ausnahmen. Und Sie

dürfen auch einmal Nein zu Überstunden

sagen. Die Gründe müssen schwerer wie-

gen, als das Interesse der Fima, beispiels-

weise Kinderbetreuung. Bei Fragen helfen

die Arbeitsrechtsexperten der AK Tirol, der

Betriebsrat oder die Gewerkschaft.

DETAILFRAGEN

INFOS

Einfache Formel.

Es ist ganz leicht, sich denWert der eigenen Überstunden zu errechnen.

Foto: Gina Sanders

/Fotolia.com

Foto: Elnur

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