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der Gleichbehandlung vor, was bedeutet, dass aus-
ländische Investoren aus dem anderen Vertragsstaat
inländischen Investoren bzw. Unternehmen gleichge-
stellt werden und daher keine Diskriminierung erfah-
ren dürfen.
Zum Schutz vor staatlichen Eingriffen garantiert ein
solches Abkommen einem ausländischen Investor
einen Entschädigungsanspruch bei Enteignungen
und enteignungsähnlichen Maßnahmen, für Eigen-
tumstitelentwertungen sowie für entgangene zukünf-
tige Gewinne. Im Gegensatz zu nationalen Unter-
nehmen steht den ausländischen Investoren hierfür
bei einer solchen Verletzung ihrer Eigentumsrechte
durch den Investitionsstaat eine Klagsmöglichkeit vor
privaten Schiedsgerichten zu. Man spricht hier von
einem Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus
(englisch: ISDS - Investor-state dispute settlement),
welches auch für das Investitionsschutzkapitel im
TTIP geplant ist.
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Angesichts der Tatsache, dass sowohl die EU-Mit-
gliedstaaten als auch die USA demokratische Staa-
ten mit einer hoch entwickelten Rechtskultur und
Rechtsstaatlichkeit sind, ist das Etablieren eines
privaten Rechtsschutzsystems mit Schiedsgerich-
ten aus rechtsstaatlicher und demokratiepolitischer
Sicht bedenklich. Zudem sind diese Schiedsgerichte
nur den ausländischen Investoren zugänglich, wäh-
rend inländischen Unternehmen bei gleichartigen
Eigentumseingriffen ausschließlich das nationale
Rechtsschutzsystem sowie die nationalen Rechts-
grundlagen unter Berücksichtigung des jeweiligen
Verfassungsrechts zur Verfügung stehen. Diese hei-
mischen Investoren können sich nämlich gegenüber
dem eigenen Staat nicht auf das Abkommen stützen.
Aus dem angestrebten Ziel der Gleichbehandlung
ausländischer Unternehmen wird somit eine Un-
gleichbehandlung inländischer Investoren.
Private Schiedsgerichtsvereinbarungen gehören zum
Standard in bilateralen Investitionsschutzabkommen,
machen aber in der Regel nur dann Sinn, wenn ein
Handelspartner ein weniger entwickelter Rechtsstaat
ist, bei dem das Vertrauen ausländischer Investoren
in die dortige Justiz nicht gegeben ist. Dass aber
auch in solchen Fällen ein Investitionsschutzab-
kommen nur bedingt Sicherheit bietet, zeigt der Fall
Sedelmayer gegen Russland auf. Ein bayrischer Un-
ternehmer, der in den 1990er-Jahren von Russland
enteignet wurde, und dem von einem schwedischen
Schiedsgericht auf Basis eines Investitionsschutzab-
kommens zwischen Deutschland und Russland die
vergleichsweise geringe Summe von 2,35 Millionen
Dollar zugesprochen wurde, kämpft seit 20 Jahren
mehr oder minder vergeblich darum, diese Schulden
6
vgl. European Commission: Public consultation on modalities for investment protection and ISDS in TTIP, 3.4.2014.
Durch das umstrittene Investitionsschutzabkommen des TTIP könnte eine nicht demokratisch legitimierte Gerichtsbarkeit für
international tätige Konzerne geschaffen werden. Zu Recht ist man darüber besorgt.
cc Len Matthews
Ein Beispiel für die Auswirkungen eines Investitionsschutz-
abkommens: Der Fall „Vattenfall“ in Deutschland. Der
schwedische Atomkraftwerkbetreiber verklagte die Bundes-
republik nach dem Atomausstieg auf 4,7 Mrd. Euro.
cc seven resist