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WISO Seite 37

der Gleichbehandlung vor, was bedeutet, dass aus-

ländische Investoren aus dem anderen Vertragsstaat

inländischen Investoren bzw. Unternehmen gleichge-

stellt werden und daher keine Diskriminierung erfah-

ren dürfen.

Zum Schutz vor staatlichen Eingriffen garantiert ein

solches Abkommen einem ausländischen Investor

einen Entschädigungsanspruch bei Enteignungen

und enteignungsähnlichen Maßnahmen, für Eigen-

tumstitelentwertungen sowie für entgangene zukünf-

tige Gewinne. Im Gegensatz zu nationalen Unter-

nehmen steht den ausländischen Investoren hierfür

bei einer solchen Verletzung ihrer Eigentumsrechte

durch den Investitionsstaat eine Klagsmöglichkeit vor

privaten Schiedsgerichten zu. Man spricht hier von

einem Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismus

(englisch: ISDS - Investor-state dispute settlement),

welches auch für das Investitionsschutzkapitel im

TTIP geplant ist.

6

Angesichts der Tatsache, dass sowohl die EU-Mit-

gliedstaaten als auch die USA demokratische Staa-

ten mit einer hoch entwickelten Rechtskultur und

Rechtsstaatlichkeit sind, ist das Etablieren eines

privaten Rechtsschutzsystems mit Schiedsgerich-

ten aus rechtsstaatlicher und demokratiepolitischer

Sicht bedenklich. Zudem sind diese Schiedsgerichte

nur den ausländischen Investoren zugänglich, wäh-

rend inländischen Unternehmen bei gleichartigen

Eigentumseingriffen ausschließlich das nationale

Rechtsschutzsystem sowie die nationalen Rechts-

grundlagen unter Berücksichtigung des jeweiligen

Verfassungsrechts zur Verfügung stehen. Diese hei-

mischen Investoren können sich nämlich gegenüber

dem eigenen Staat nicht auf das Abkommen stützen.

Aus dem angestrebten Ziel der Gleichbehandlung

ausländischer Unternehmen wird somit eine Un-

gleichbehandlung inländischer Investoren.

Private Schiedsgerichtsvereinbarungen gehören zum

Standard in bilateralen Investitionsschutzabkommen,

machen aber in der Regel nur dann Sinn, wenn ein

Handelspartner ein weniger entwickelter Rechtsstaat

ist, bei dem das Vertrauen ausländischer Investoren

in die dortige Justiz nicht gegeben ist. Dass aber

auch in solchen Fällen ein Investitionsschutzab-

kommen nur bedingt Sicherheit bietet, zeigt der Fall

Sedelmayer gegen Russland auf. Ein bayrischer Un-

ternehmer, der in den 1990er-Jahren von Russland

enteignet wurde, und dem von einem schwedischen

Schiedsgericht auf Basis eines Investitionsschutzab-

kommens zwischen Deutschland und Russland die

vergleichsweise geringe Summe von 2,35 Millionen

Dollar zugesprochen wurde, kämpft seit 20 Jahren

mehr oder minder vergeblich darum, diese Schulden

6

vgl. European Commission: Public consultation on modalities for investment protection and ISDS in TTIP, 3.4.2014.

Durch das umstrittene Investitionsschutzabkommen des TTIP könnte eine nicht demokratisch legitimierte Gerichtsbarkeit für

international tätige Konzerne geschaffen werden. Zu Recht ist man darüber besorgt.

cc Len Matthews

Ein Beispiel für die Auswirkungen eines Investitionsschutz-

abkommens: Der Fall „Vattenfall“ in Deutschland. Der

schwedische Atomkraftwerkbetreiber verklagte die Bundes-

republik nach dem Atomausstieg auf 4,7 Mrd. Euro.

cc seven resist